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Storm Hunters

Steven, die wichtigste Frage zuerst: Wie ist das Wetter in New York?

Steven Quale: Es ist fantastisch. Hier fand gerade die Weltpremiere von „Storm Hunters“ statt und es war eine wunderbare Vorführung. Das Publikum mochte den Film sehr. Und noch dazu war es schön sonnig. (lacht)

Von einem Sturm war also keine Spur?

Nein, keine Stürme. Es hat zwar etwas geregnet, aber von einem Tornado wurden wir zum Glück nicht überrascht. (lacht)

Sehr schön, dann lass uns nun über den Film sprechen. Inwiefern haben dir Portale wie YouTube bei der Recherche geholfen? Bei „Twister“ gab es solche Plattformen schließlich noch nicht.

YouTube, Amateuraufnahmen oder Videos im Allgemeinen waren sehr hilfreich. So gut wie jeder ist heute im Besitz eines modernen Handys mit Kamera. Es ist also auch fast immer jemand vor Ort, der Katastrophen aufnehmen und mit der Welt teilen kann. YouTube bietet uns daher ein riesiges Arsenal an beeindruckenden Videos von Tornados und anderen Naturereignissen. Wir haben uns durchgeklickt und sie als Referenz für unsere Tornados verwendet. Wir wollten erreichen, dass die Katastrophen in unserem Film möglichst realistisch aussehen. Oft verhält es sich nämlich so, dass man etwas Animiertes nicht besser aussehen lassen kann als in der Realität. Was die Natur zur Schau stellt, ist oft nicht mit Worten zu beschreiben. Wir haben uns aber bemüht, dem mit unserer Arbeit sehr nahe zu kommen.

Der Todessturm hinterlässt erste Spuren

Hast du Verständnis für Menschen, die sich bewusst in Gefahr begeben, so wie es zwei Männer im Film tun?

Was ich am Film besonders mag, ist, dass er verschiedene Gruppen von Menschen mit unterschiedlichen Zielen, Wahrnehmungen, Resultaten und Aussichten begleitet. Jeder geht anders mit der Situation um und ist auf seine eigene Art betroffen von den Tornados. Auch bei uns gibt es die Gruppe von Menschen, die absichtlich auf den Sturm zusteuert, um den einen entscheidenden Schnappschuss zu ergattern. Auf der anderen Seite gibt es aber auch eine Clique, die aus wissenschaftlichen Zwecken dasselbe tut. Andere versuchen der Gefahr zu entfliehen. Und wieder andere verbarrikadieren sich in einem Gebäude und rühren sich nicht von der Stelle. So viele Perspektiven zu zeigen, war äußerst spannend. Die Geschichte um einen Vater, der in einer solchen Krisensituation nach draußen geht um seinen vermissten Sohn zu suchen, schien uns daher nur konsequent. Er weiß schließlich gar nicht, ob er ihn überhaupt lebend vorfindet, wenn überhaupt. Eltern können sich mit so einer Geschichte gut identifizieren.

Im Film ist die Rede vom schlimmsten Sturm aller Zeiten.

Es ist surreal. Nachdem wir „Storm Hunters“ fertiggestellt hatten, gab es in der Realität tatsächlich ähnlich starke Tornados wie bei uns im Film. Wir wussten natürlich, dass es bereits sehr große Tornados gegeben hat, deshalb wollten auch wir Rekorde brechen und unseren Sturm zum größten in der menschlichen Geschichte erklären. Für den finalen Akt war deshalb ein Sturm mit einem Durchmesser von einer Meile vorgesehen. Nach den Dreharbeiten wurde dann aber plötzlich über einen Tornado berichtet, der sage und schreibe zweieinhalb Meilen breit war. Wir mussten daraufhin etwas mogeln und die Dialoge im Film neu einsprechen. Die anderen Tornados, zum Beispiel der Feuertornado, sind von wahren Ereignissen inspiriert. Ich finde es schon bemerkenswert, dass so etwas wirklich existiert.

Die Bezeichnung „Found Footage“ missfällt dir, obwohl „Storm Hunters“ selbst von deinen Schauspielern als solcher beschrieben wird. Wieso?

Found Footage sind für mich wackelige Aufnahmen, die man sich kaum ansehen kann. So was funktioniert bei preisgünstigen Horrorfilmen sehr gut. Unsere Technik bezeichne ich lieber als „Erzählung aus erster Hand“. Ich war sehr angetan von der Idee, ein dokumentarisches Gefühl mit Handkameras zu erzeugen. Im Film werden die aber von Profis bedient, die wissen, was sie tun, weil sie vom Fach sind. Dadurch werden zitterige Bilder umgangen und an sehr vielen Stellen vergisst man, dass wir Aufnahmen der Figuren sehen. Je nach Lage merkt man es mehr oder weniger. Ich bin jedoch der Meinung, dass es den Zuschauer viel zu sehr vom Geschehen ablenkt, wenn man zu offensichtlich inszeniert. Mir war es wichtig, das Publikum durch die Erzählung aus erster Hand direkt ins Geschehen zu befördern und den Leuten ein Mittendrin-Gefühl zu bescheren.

Die letzte Rettung: Noch schnell Deckung suchen!

Apropo Mittendrin-Gefühl: Du wolltest mit „Storm Hunters“ ein ähnliches Gefühl erzeugen wie in "Gravity". Wurde die Messlatte damit nicht ziemlich hoch gelegt?

Ich mag es eigentlich gar nicht, mich mit anderen Filmemachern zu vergleichen. Man will ja schließlich erreichen, dass das Projekt auf eigenen Füßen steht. Manchmal sind solche Aussagen aber notwendig, um dem Zuschauer mitzuteilen, worauf man abzielt. Ein Film, der das Wetter realistisch und glaubwürdig porträtiert, kann sehr wirksam sein. Immerhin weiß jeder, wie sich ein Unwetter anfühlt. Daher hoffe ich, dass das Publikum so reagiert, wie ich mir das vorgestellt habe.

"Gravity" hat Euch allerdings das 3D voraus.

Ich liebe 3D und habe in der Vergangenheit oft mit dieser Technologie gearbeitet. Aber in unserem Film wird das Gesehene aus so vielen verschiedenen Blickwinkeln und von Kameras aus dokumentiert, die gar nicht 3D-tauglich sind. Und eben weil man die Bilder von zahlreichen Kameras miteinander verknüpft, wäre es sinnlos und unnatürlich gewesen, den Film in 3D zu drehen. Ein Film, der im herkömmlichen 2D gedreht wurde, kann mindestens genauso intensiv sein, wenn man die Erzählweise richtig strukturiert. 3D war aber in diesem Film von Anfang an keine Option.

Mit Petes letzter Szene ist euch dann aber auch ohne 3D eine gefühlte Achterbahnfahrt geglückt.

Für diese Sequenz gab es bei fast allen Screenings positives Feedback. Beim Entwerfen hatte ich bereits ein sehr gutes Gefühl. Als Filmemacher hofft man natürlich immer, dass man die Zuschauer mitreißen kann. Viele großartige Filme haben das bereits geschafft. Deshalb wollte ich versuchen, dem Publikum etwas zu geben, das es schätzt und auch nach dem Kinobesuch durchdiskutiert. Die Sequenz wird von ihren Figuren vorangetrieben und kombiniert das, wenn man so will, mit den tragischen Konsequenzen daraus. Das kann man auch ohne 3D zeigen.

Sarah Wayne Callies gerät bei ihrer Bilderjagd direkt in die Schneise des Sturms.

Viele Regisseure drehen ja nur noch in 3D, egal ob es Sinn macht oder nicht.

Die Entscheidung, ob ein Film in 3D oder 2D produziert wird, sollte beim Regisseur liegen. Unglücklicherweise schwatzen einem die Studios das 3D bei Projekten auf, bei denen gar kein Bedarf besteht. Inzwischen wissen aber viele Filmemacher gut mit der Technologie umzugehen und zaubern wirklich tolle 3D-Filme aus dem Ärmel. Bei vielen konvertierten Filmen würde ich mir wünschen, dass man mehr Zeit auf das 3D verwendet oder es gänzlich weglässt. Denn auch hier gilt: Entweder ganz oder gar nicht.

Wie stehst du eigentlich zur aktuellen Entwicklung von 3D? Immerhin hast du die Technologie gemeinsam mit James Cameron aus der Versenkung geholt und weiterentwickelt.

Wenn eine neue Technologie auf den Markt kommt, ist jeder begeistert, weil es neu ist. Jeder will es haben. Aber irgendwann ist man übersättigt, was dann einen gegenteiligen Effekt hat. Der Hype, der wieder verschwindet, bestimmt, ob das Neue bleibt oder nicht. In den USA ist 3D direkt eingeschlagen. Mit der Zeit hat das Interesse aber stark nachgelassen und inzwischen stabilisiert es sich irgendwo dazwischen. Die großen Filmemacher, wie etwa James Cameron, Peter Jackson oder andere Regisseure mit weitreichenden Erfahrungen, werden immer attraktive 3D-Filme abliefern. Irgendwann wird aber hoffentlich ein jeder Filmemacher für sich bestimmen können, mit welchem Format er arbeiten möchte. Ich bin überzeugt davon, dass das 3D bleibt, aber es wird nicht mehr jeder Film auf diese Weise gedreht. Es wird immer häufiger selektioniert. Die eine Technologie ist nicht besser oder schlechter als die andere, sie ist nur anders und erfordert unterschiedliches Equipment.

>> geführt von Carmine Carpenito




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