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Marco Weber,Marco Weber, Vorstand bei Senator für Verleih und Produktion - inklusive des kürzlich gegründeten Genrelabels Autobahn -, zudem Produzent und Filmfan, hat sich unseren Fragen gestellt, die uns tief in die Philosophie eines innovativen Labels führen, kommende Highlights beleuchten und uns schließlich in eine rosige Zukunft blicken lassen. Was wurde aus Rohtenburg? Wie sieht es mit dem vielversprechenden Film Brick aus? Fragen über Fragen - Marco hat die Antworten! Seine Feuertaufe erlebt das neue Label Autobahn übrigens am kommenden Donnerstag, denn da läuft der Psycho-Thriller Hard Candy im kleinen Rahmen in den deutschen Kinos an. Wer die Chance hat den Film zu sehen, sollte dies unbedingt tun! Nicht umsonst hat er in unserer Review eine Wertung von 92% eingeheimst.

Nun aber erstmal viel Spaß beim Interview mit Marco Weber:

Interview von Dominic Stetschnig

 

 

BlairWitch.de:

Rohtenburg - der Kannibalenfilm mit Thomas Kretschmann in der Hauptrolle - war ja ursprünglich als Startschuss für Ihr Label "Autobahn" geplant. Durch den Gerichtsbeschluss wurde der Film ja leider verboten. Was für Auswirkungen hatte denn dieses Verbot auf das neugegründete Label?

Marco Weber:

Das hatte auf das neue Unternehmen gar keine Auswirkungen. Ich habe das Label ja nicht für einen Film gegründet, sondern für eine ganze Reihe von Filmen. Zu dem Zeitpunkt als Rohtenburg in die Kinos kommen sollte, wusste ich ja auch schon über die nächsten Filme bescheid - da war ja Hard Candy schon gekauft. Von daher ist es schade, da ich es schön gefunden hätte ein Label, das "Autobahn" heißt, mit einem an sich "deutschen" Film, thematisch und wegen des Casts, zu starten. Der Film ist ja auch sehr exemplarisch für das, was das Label darstellt. Er war sehr kontrovers, er hat für Emotionen gesorgt und für wildes Geschrei - und jetzt mal abgesehen vom Kinorelease: was das Marketing, die unterschiedlichen Meinungen und das Kontroverse betrifft, ist dies sehr wohl ein "Autobahn"-Film gewesen, der aber leider nicht das Tageslicht sehen konnte. Was sich aber gegebenenfalls noch ändern wird. Weil wir uns diesem Urteil nicht beugen, kann es sein, dass der Film im Oktober wieder gelauncht wird. Das Verbot an sich gilt ja auch nur für Deutschland. In Cannes ist er dieses Jahr gelaufen und hat sich in über 20 Länder verkauft. Wir haben einen großen Release in Spanien, Amerika, Japan und sind bei verschiedenen Festivals eingeladen worden - beispielsweise beim Frightfest in London ist Rohtenburg der Eröffnungsfilm.

 

BlairWitch.de:

Dürfen wir dann in Deutschland mit einem Kinorelease rechnen oder kommt der Film direkt auf den DVD-Markt?

Marco Weber:

Das ist eine Kostenfrage. Wir werden, denke ich einmal, vereinzelte Kino-Screenings machen, aber richtig massiv werden wir nur auf DVD rausgehen.

 

BlairWitch.de:

Nach langer Abstinenz ist es ja jetzt so, dass die Senator Entertainment AG wieder den amerikanischen Markt entern wird. Welche Ziele verfolgen sie denn mit der neu gegründeten Tochterfirma?

Marco Weber:

Nun ja, was heißt Ziele? Ich mache das weiter, was ich in den letzten 12 Jahren auch gemacht habe. Ich habe ja in Amerika meine eigene Produktionsfirma gehabt, mit der wir Filme wie beispielsweise The Thirteenth Floor, Igby oder auch Rohtenburg, der ja in Amerika "Grimm Love" heißt, produziert haben. Diese bestehende Firmenstruktur habe ich mit der Übernahme von Senator im Oktober jetzt auch dort eingebracht. Wir haben die Company in Senator Entertainment Inc umbenannt, dennoch arbeiten dort noch die selben Leute wie zuvor bei Atlantic Streamline. Wir werden weiterhin produzieren und co-produzieren - und was das Label betrifft werden wir die "Autobahn"-Filme, die alle ein Budget zwischen 2 und 3 Millionen Dollar haben, ganz bewusst selbst produzieren und komplett finanzieren; zwei bis drei Stück im Jahr. Meist in Amerika gedreht mit amerikanischen Schauspielern, als US Produktionen, die in Deutschland über das "Autobahn"-Label ins Kino kommen. Allerdings nicht ausschließlich, es gibt natürlich auch Filme mit wesentlich größeren Budgets, die wir dann in Co-Produktion mit US Studios machen.

 

BlairWitch.de:

Wie kam es denn generell zu der Entscheidung in Zukunft eher genreorientierte Filme nach Deutschland zu holen?

Marco Weber:

Nicht "eher", sondern "zusätzlich"! Wenn man sich anguckt welche Filme wir in Cannes gekauft haben, beispielsweise den neuen Film mit Jack Black, eine Komödie, bei der Michel Gondry Regie führte (Anm. d. Redaktion: der Titel des Filmes lautet "Be Kind Rewind") oder ein Film von Richard Shepard, dem Regisseur von The Matador, bei dem Richard Gere und Terence Howard die Hauptrolle spielen (Anm. d. Redaktion: der Titel des Filmes lautet "Spring Break In Bosnia"). Fast Food Nation von Richard Linklater haben wir ebenfalls gekauft - es darf also nicht der falsche Eindruck entstehen, dass die Autobahn-Filme die Senator-Filme ersetzen. Senator wird weiterhin die größeren High-Profile Independentfilme machen, die auch im 20-30 Mio Dollar Bereich liegen. Autobahn ist nur ein zusätzliches Label, das wir erfunden haben um diesen Markt zu bedienen und natürlich für die Fans, von denen es sicherlich jede Menge gibt, und die Filme wie Hard Candy, Brick oder Short Bus normalerweise gar nicht sehen können, weil sich in Deutschland niemand der Sache annimmt. Vielleicht auch, weil sich niemand traut und auch niemand weiß, wie man das so einer speziellen Fangruppierung nahebringt. Ich glaube, dass es da draußen diese Fans gibt und wir wollen bis nächstes Jahr Autobahn derart etablieren, dass bei einem Release die Leute schon wissen: "dieser Film ist anders, der ist out of the box und das macht Spass sich den anzugucken", ein bisschen wie eine Sneak Preview unter dem Label Autobahn eben.

 

BlairWitch.de:

Sie haben ja gerade eben Hard Candy angesprochen. Der Film geht ja sehr offen mit dem Thema Pädophilie um und ist ja auch von der FSK mit einem "ab 18"-Siegel versehen worden. Wie denken sie denn wird sich das deutsche Publikum mit einem derartigen Nischenthema auseinandersetzen?

Marco Weber:

Also was schon mal erfreulich ist: die Kritiken sind schon einmal durch die Bank richtig gut. Selbst wenn der Kritiker der Thematik gegenüber negativ eingestellt war, so kam doch niemand drum herum zu sagen "das ist ein ganz besonderer Film". Wir dürfen nicht vergessen: wir müssen mit dem Film nicht 800.000 Zuschauer machen weil es uns sonst schlecht geht. Das ist das Gute bei so einem Film: weil ihn in Deutschland niemand verleihen will sind die Einkaufspreise nicht so hoch. Hinzu kommt ein ausgeklügeltes Marketingkonzept: wir machen keine Fernsehspots oder große Posterkampagnen sondern gehen bewusst über das Internet. Und ich denke und hoffe, dass es funktioniert. Denn wenn ich nach zwei bis drei Filmen feststelle, dass das Konzept nicht angenommen wird, würde das gleichzeitig heißen, dass es in Deutschland dafür kein Publikum gibt. Das würde mich zwar sehr wundern, denn ich denke, Seiten wie BlairWitch.de und andere Webpages würde es im Internet nicht geben, wenn keiner die Filme sehen will. Jetzt muss man aber mal sehen, ob das funktioniert oder nicht. Hard Candy startet an diesem Wochenende mit 50 oder 60 Kopien, vorwiegend in Großstädten. Wenn man mit so einem Film 25.000 bis 30.000 Zuschauer am ersten Wochenende macht, dann ist das ein großer Erfolg. (Anm. d. Redaktion: Bei seinem US Release im April 2006 hatte Hard Candy ein Einspielergebnis von knapp 60.000 Dollar, obwohl der Film nur in zwei Kinos zu sehen war). Ich glaube, dass es jetzt auch an den Zuschauern ist zu zeigen, dass es Fans für diese Filme gibt. In Amerika funktioniert das sehr gut, auch im restlichen europäischen Ausland. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein 20jähriger, der in London oder Paris unterwegs ist, soviel anders gepolt ist als ein 20jähriger aus Berlin. Wir haben uns auch bewusst dafür entschieden während der WM rauszugehen. (Anm. d. Redaktion: gemeint ist der deutsche Starttermin am 29. Juni 2006). Der Donnerstag ist ein spielfreier Tag. Den Freitag haben wir schon mal abgehakt, da spielt Deutschland, abends betrinken sich alle, aber am Samstag und Sonntag werden die Leute wieder ins Kino gehen. Irgendwann reicht es dann auch mal mit Fußball. Da es der einzige etwas gewagtere Film ist, der jetzt rausgeht, haben wir durch die Presse die Präsenz, die wir brauchen.

 

BlairWitch.de:

Hard Candy, Brick, Right At Your Door - noch ein Film der über Autobahn kommen wird ist Short Bus, der ja kürzlich in Cannes für sehr viel Aufregung gesorgt hat. Auf was für spannende Projekte dürfen wir uns denn in der nahen und fernen Zukunft freuen?

Marco Weber:

Autobahn ist ein Label, das vor allem auch auf DVD bald seine Premiere haben wird. Die Idee von Autobahn ist, von ca. 15 Titeln im Jahr 6-7 ins Kino zu bringen und 7-8 direct-to-video zu geben. Alle diese Filme sollen als Autobahnfilme wahrgenommen werden. Es gibt einen Film, an dem ich gerade dran bin, Two Thirty 7, das ist ein australischer Film eines zwanzigjährigen Regisseurs. Ein irrsinniger Film, der auch in Cannes lief, über fünf amerikanische Teenager in der Highschool, aufgebaut wie ein Murder-Mystery; ähnlich wie Elephant, nur aggressiver. Was mir auch gut gefällt ist Pan's Labyrinth, nur den haben wir leider nicht. Ansonsten nehmen wir, was wir eben so entdecken. Mit Short Bus wird vielleicht etwas passieren, mit dem niemand rechnet; meiner Meinung nach könnte dieser Film eine FSK 16 bekommen. Der Film ist sowas von charmant und uplifting, mit einer sehr positiven Message und ohne Gewalt. Die Sexualität ist zwar extrem dargestellt, aber überhaupt nicht pornographisch. Das würde dann sicher die gesamte Presse auf die Barrikaden bringen; dann gehen erstmal die Diskussionen über die FSK los. Ende November wissen wir mehr… Was Brick angeht, das ist ein ganz besonderer Film Noir, der mit einer kleinen Kopienzahl kommen wird, sich jedoch monatelang in den richtigen Kinos halten kann.




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