Moviebase Dread
Clive Barker gehört neben Stephen King zu den erfolgreichsten zeitgenössischen Autoren von Horror-Romanen. Anhängern des Genrekinos ist er wohl am ehesten durch die Verfilmung seines Buches „Hellraiser“ bekannt. Nach der eher durchwachsenen Adaption von Barkers „Midnight Meat Train“, die aus seiner Kurzgeschichtensammlung „Books of Blood“ stammt, wurde nun auch „Dread“ verfilmt. Der Autor fungierte bei diesem Film auch erstmals als Produzent. In „Dread“ suchen drei Studenten für eine Studie über Furcht Probanden, die über ihre tiefsten Ängste reden möchten. Die Beichten der Teilnehmer werden von Stephen (Jackson Rathborne), Quaid (Shaun Evans) und Cheryl (Hanne Steen) auf Band aufgenommen, da Quaid noch eine Abschlussarbeit für seinen Filmkurs benötigt.
Während Stephen und Cheryl mit den Aufnahmen der interviewten Personen dann auch zufrieden sind, scheint Quaid von den bisherigen Ergebnissen enttäuscht zu sein. Denn er sucht nicht nach Personen, die gewöhnliche Ängste vor Spinnen oder Dunkelheit aufweisen. Vielmehr giert er nach seelisch erschütterten Menschen, deren Ängste tief verwurzelt sind. Anthony DiBlasi hat mit seinem Erstlingswerk einen beeindruckenden Horrorfilm geschaffen. Dies beginnt bereits mit den gut gewählten Kulissen, die durchweg düster und karg ausfallen und mitunter zu der beklemmenden Atmosphäre von „Dread“ beitragen. Noch schwerer wiegt hier allerdings die starke Zeichnung der Charaktere.
Der Zuschauer erfährt nämlich viel über die persönlichen Dämonen der Protagonisten. So wurde Quaid in seiner Kindheit unfreiwillig Zeuge des blutigen Mordes an seinen Eltern. Jene grausame Tat verfolgt ihn sogar bis in die Gegenwart und holt ihn in Form von Alpträumen und Halluzinationen immer wieder ein. In „Dread“ lernen wir anschließend die Ursprünge der Ängste der Charaktere kennen. Dies ist wahrscheinlich die größte Stärke der Regiearbeit DiBlasis: auf diese Weise wird eine stark ausgeprägte Identifikation mit den Figuren erst möglich und die anschließenden Schreckensmomente, von denen „Dread“ einige zu bieten hat, gehen erst so richtig unter die Haut.
Dadurch, dass die Protagonisten ihre individuellen Ängste von dem psychopathischen Quaid zum Teil durchaus drastisch präsentiert bekommen, funktioniert DiBlasis Film auch gleich auf mehreren Ebenen. „Dread“ schockiert nicht nur mit einigen deftigen Gore-Effekten. Vielmehr ist es sogar der psychologische Horror, der das Filmerlebnis so beängstigend macht, begünstigt durch einen guten Spannungsbogen. So beginnt das Abenteuer noch relativ harmlos und nimmt sich viel Zeit für die Charakterzeichnung. Im Finale gipfelt die Handlung anschließend in einem blutigen Showdown, der an so manchen Torture-Horror erinnert und, soviel soll verraten sein, mit einen heftigen Schlag in die Magengrube endet.
Kritik ist fast ausschließlich an der Figur des Quaid zu üben. Zwar überzeugt Shaun Evans' Darstellung des traumatisierten und psychopathisch veranlagten Bösewichtes, jedoch lässt sein Motiv einige Fragen offen. So ist ihm beispielsweise jedes Mittel recht, seine Forschungsarbeit voranzutreiben, was seine unfreiwilligen Probanden vor ziemlich üble Härtetests stellt. Seine Auffassung ist, dass man an Ängsten zugrunde geht, wenn man nicht auf dramatischste Weise mit ihnen konfrontiert wird. Wieso er sich allerdings selbst eine andere Form der „Therapie“ verschreibt, bleibt leider mehr als fraglich. Eigentlich schade, da „Dread“ ansonsten auf ganzer Linie zu überzeugen weiß.
>> verfasst von Georg Simic