Moviebase Halloween 2 - H2
Als im Jahr 2007 bekannt wurde, dass niemand Geringeres als Rob Zombie vielleicht DEN Horror-Klassiker schlechthin wiederbeleben würde, waren die Erwartungen entsprechend hoch. Zombie, der mit seinen selbstironischen White-Trash-Splatterfilmen "House Of 1000 Corpses" und "The Devil's Rejects" einen frischen Wind in die amerikanischen Horrorszene gebracht hatte, schien der richtige Mann dafür zu sein, "Halloween" für das 21. Jahrhundert fit zu machen. Das Ergebnis setzte sich dann zwar meilenweit ab von solchen Remake-Gurken wie "The Omen" oder "Prom Night", konnte aber auch nicht an die eigenständigen, spannenden Remakes von "The Hills Have Eyes" oder "Dawn Of The Dead" anschließen. Zu formelhaft und uninspiriert wirkte Zombies Neuaufnahme des Stoffs, auch wenn dessen Handschrift besonders in der ersten Hälfte unverkennbar war. Nach langem Zögern entschied sich der Regisseur, auch den zweiten Film des Reboots zu inszenieren, scheinbar mit einigen Auflagen an die Studiobosse Weinstein...
Denn wo beim ersten Teil bis auf die hinzugefügte White-Trash-Kindheit des berüchtigten Michael Myers ein recht standardisierter Slasherfilm entstand, versucht Zombie nun im zweiten Teil durch ein ausgefallenes visuelles Konzept, gesteigerte Brutalität und psychedelische Einschübe zu seinem individuellen Stil zurückzufinden. Das ist zunächst einmal schön anzuschauen: Kameramann Brandon Trost fängt die bizarren, düsteren Settings gekonnt ein, "Halloween II" ist Hochglanz-Kino im besten Sinne. Auch der noch weiter aufgedrehte Härtegrad tut dem Film gut; bereits die erste halbe Stunde ist ein ordentlicher Schlag in die Magengrube.
Doch schon bald fallen auch erste Schwächen ins Auge. Zunächst fällt auf, dass Zombie es offenbar in Kauf nimmt, für einen mitreißenden Filmfluss auch grobe Ungenauigkeiten und Plotlöcher zu akzeptieren: Bereits aus dem ersten Teil bekannte Figuren wie Dr. Sam Loomis (Malcom McDowell) werden in ihrer Charakterzeichnung komplett verändert, ganze Handlungsstränge erweisen sich plötzlich als bloße Träume und Visionen. Apropos Visionen: Den größten Bock hat Zombie eindeutig mit der Einführung der verworrenen Visionen von Kultkiller Myers geschossen. In diesen muss Ehefrau Sheri-Moon Zombie in ihrer Rolle als Michaels Mutter im weißen Feenkleidchen auf einem weißen Pferd herumreiten und bedeutsame Sätze hauchen. Der Einfall an sich mag schon suboptimal sein, die Umsetzung ist aber eine einzige Katastrophe. Zombie versucht einen Einblick in die vom Wahnsinn infizierte Gedankenwelt des Michael Myers zu schaffen, erzeugt dabei aber nur unfreiwillige Komik.
Nicht minder peinlich ist das Auftreten der Hauptdarstellerin Scout Taylor-Compton, die bereits im ersten Teil Laurie Strode, Michael Myers Schwester und Objekt seiner Mordlust, verkörperte und damit in die großen Fußstapfen von Scream Queen Jamie Lee Curtis trat. Was im ersten Teil noch kaum auffiel, wird in "Halloween II" zur quälenden Gewissheit: Taylor-Compton ist eine Fehlbesetzung schlimmster Art. Offensichtlich wird dies vor allem deswegen, weil "Halloween II" der psychische Gesundheit der Figur Laurie, die noch immer vom blutigen Feldzug ihres Bruders traumatisiert ist, eine große Bedeutung beimisst. Taylor-Compton weiß dies jedoch nicht anders zu vermitteln als permanent und ununterbrochen "Fuck" und "Fuck you, motherfucker" zu brüllen – möglicherweise ist hier aber auch Rob Zombie in seiner Funktion als Drehbuchautor mitschuldig. Das beliebte F-Wort wird nämlich ohnehin bis zur Verblödung überfrequentiert; völlig egal ob die Situation nun bedrohlich, traurig oder fröhlich ist. Vielleicht sollte Herr Zombie zukünftig doch einige Volkshochschulkurse zum Thema "Wie schreibe ich glaubwürdige Dialoge" belegen.
Gelungen ist die visuelle Weiterentwicklung des eigentlichen Hauptdarstellers – Michael Myers. Dieser sieht nun aus wie eine Mischung aus Riese, Waldschrat und durchgeknallter Hippie und zum ersten Mal gewährt uns Rob Zombie auch einen Blick hinter die Maske des Killers - passend zu der generellen Bemühung des Films, hinter die Fassade und in die Gedankenwelt des Wahnsinnigen zu schauen. Es stellt sich gar gegen Ende heraus, das Michael diesmal tatsächlich so etwas wie eine Mission hat – dass es sich dabei um wenig Erfreuliches handelt, ist nicht anders zu erwarten.
"Halloween II" ist gut gemeint, aber leider nicht gut. Regisseur und Drehbuchautor Zombie mag sich bemüht haben, den zugegebenermaßen recht verbrauchten Halloween-Stoff aus psychologischer Sicht zu beleuchten; dazu mangelt es ihm aber leider schlichtweg am schriftstellerischen Talent und heraus kommt nur ein Haufen prätentiösen Geschwafels und nervtötenden Gefluches. Der Film ist dabei zwar äußerst gekonnt inszeniert, kann damit aber nicht über seine zwischen ultimativ platt und gewollt tiefgründig pendelnden Dialoge und die stellenweise geradezu lächerlichen Plotideen hinwegtäuschen. Dass er sich dabei selbst bierernst nimmt, macht die Sache nur noch schlimmer. Lieber Herr Zombie, was ist mit Ihnen nach "The Devil's Rejects" passiert? Reißen Sie sich zusammen und finden Sie zu alter Form zurück!
>> verfasst von Tim Lindemann