Moviebase Donnie Darko
Das wurde aber auch mal Zeit! Es wurde Zeit für einen Film, der selbst viele Fragen stellen lässt, aber auch wirklich keine großen Antworten gibt. Sicher, solche Filme gab es schon öfter. „Jacobs Ladder“ zum Beispiel, doch leider liegen diese Zeiten schon länger zurück und im Kino wird man nur noch mit halbgarer Popcornware abgefertigt. Das erste Mal habe ich „Donnie Darko“ nun knapp vor einem halben Jahr gesehen, kürzlich dann auch noch den Director´s Cut. Ich kam zu dem Schluss, dass man den Film weder erklären noch deuten kann. Und ich habe dieses kleine Märchen wahrlich nicht nur ein paar Mal gesehen. Für interpretationsfreudige Menschen dürfte Richard Kellys Regiedebüt ein wahrer Weihnachtsschmaus sein. Doch egal, was sie beim sezieren alles aus dem Film holen, es ist unglaublich schwer, alles vernünftig und logisch zusammenzuführen und dann mit Gleichgesinnten auf einen Nenner zu kommen.
Der Film gibt einem das Gefühl, in einer Mischung aus 80er Jahre Teenie-Film und Science Fiction zu sein. Wurmlöcher und Zeitreisen treffen hier auf eine klassische Liebesgeschichte, wo die Neue im Postkartenstädtchen sich in den Rebellen bzw. Außenseiter verliebt. Dass der Film 1988 spielt, aber 2001 entstanden ist, merkt man ihm kein bisschen an, was sicher auch dem fantastischen Soundtrack zu verdanken ist. Echo & the Bunnymen, Joy Division, Tears for Fears und andere geben den einzelnen Szenen immer die passende Atmosphäre. Zum genialen Score gesellt sich das Gefühl eines anhaltenden Fiebertraums hinzu. Grellgelbe Farbaufnahmen und Szenenbilder, die immer wieder in die Zeitlupe münden, verstärken dieses Gefühl. Richard Kelly schafft es in seinem Erstlingswerk, eine bizarre aber zugleich jugendliche Realität zu erzeugen, die durch die absurdesten Geschehnisse noch verstärkt wird. Da stürzen etwa Flugzeugtriebwerke durch Zimmerdecken, Omas mit Fönfrisuren stapfen auf der Straße umher und man wird im Kino mit einem 2-Meter-Plüschhasen mit metallischem Totengesicht, beim Betrechten von „Tanz der Teufel“, konfrontiert. In „Donnie Darko“ werden so viele Fährten gelegt, dass man nicht mal genau weiß, welche man denn nun zur Deutung des Endes verwenden soll.
Donnie ist ein Außenseiter, ein bisweilen träger, bisweilen engagierter Junge, dessen psychische Probleme auf der Hand zu liegen scheinen, aber die Erzählweise einem immer wieder einen Strich durch die Rechnung macht. Was die Geschichte also erzählt, ist dabei nicht immer schlüssig, aber es ist bizarr und intensiv, und das, liebe Lynch-Anhänger, scheint zu genügen. Man muss die Story an sich zu schätzen wissen, die Handlungsweisen der Charaktere innerhalb der Story richtig deuten, die schiere Wahnwitzigkeit der Ereignisse und ihre alles überrollenden Folgen einzuschätzen wissen. Im Wesentlichen geht es um den Weltuntergang, hervorgerufen durch ein Wurmloch, welches eine Zeitschleife produziert hat. Die Verhinderung dieses Ereignisses schwebt als Donnies Ziel über dem ganzen Film, wird zu Donnies Berufung und gleichzeitig zu seinem Untergang. In den Schlussszenen muss er sich für etwas entscheiden, dessen Folgen ihm nicht ganz klar sind, doch den Zuschauer trifft plötzlich die schreckliche Gewissheit, welche Auswirkungen die Geschehnisse haben werden.
Richard Kelly lässt Donnie Darko am Ende natürlich seine Freundin, seine Mutter wie auch seine Schwester retten, doch kann durch seine Entscheidung am Ende des Films ein Kinderpornohändler weiter seinen Geschäften nachgehen. Zuvor hatte Donnie nämlich dessen Haus abgefackelt, worauf die Feuerwehr auf das Pornostudio dieses angesehenen Mannes stieß. Ja, auch unter reichen Häusern fließen Abwasserkanäle. So begegnet uns das Bündel aus Schülern, Nachbarn, Lehrern und Lehrerinnen, Eltern und Fremdpersonen wie ein brodelndes Feuer. Im Grunde aber erzählt der Film von der unglaublichen Brutalität und Abgeklärtheit des Schicksals eines jeden Einzelnen, welches natürlich auch mit dem eines Anderen verbunden sein kann.
Donnie Darko ist ein kleiner Kultfilm geworden. Er ist ein Film für Teenager wie auch für Erwachsene. Er behandelt nicht nur Themen wie die Angst der Teenager, schwere Krankheiten wie Schizophrenie, sondern auch die Suche nach einem Gott, einem Glauben, die Gewissheit, ob man alleine ist oder nicht, und vor allem, wie eben schon erwähnt, das große Mysterium Schicksal. Ein großes Lob auch an die darstellerischen Leistungen und vor allem an die des tollen Jungdarstellers Jake Gyllenhaal, der hier wirklich diese Rolle lebt und man ihm abnehmen würde, wenn er selber so wie sein Filmcharakter „Donnie Darko“ wäre. Natürlich sind die Betrachtung eines Films immer rein subjektiv zu sehen, doch ein Trip wie dieser hier sollte jeden zufrieden stellen.
>> verfasst von Christian Genenger