Moviebase I Spit on Your Grave (Remake)
Unter der Vielzahl an Remakes von Horror- und Terrorfilmen der 1970er und 1980er Jahre, die derzeit in den USA entstehen, finden sich mittlerweile auch Vertreter des sogenannten Rape-Revenge-Films, dessen grundlegende Handlungselemente genau das beinhalten, was der Name sagt: Die Hauptfigur (praktisch immer eine Frau) wird von einem Mann oder mehreren Männern vergewaltigt und rächt sich anschließend an dem oder den Tätern. Gelegentlich, wie in Wes Cravens Klassiker „Last House On The Left“ (1972 – ein Remake wurde 2009 von Dennis Iliadis inszeniert) kann die Rache auch von Freunden oder Verwandten vollzogen werden.
Die Filme bewegen sich in einem moralischen wie ästhetischen Grenzbereich - die Gewalt gegen die Protagonistin im ersten Teil des Films soll natürlich die oft brutale, meist mörderische Selbstjustiz im zweiten legitimieren. Das ist oft auch deshalb nicht unproblematisch, weil gerade die Vergewaltigungsdarstellungen oft das Exploitationkino berühren. Gerade deshalb ist auch die Rezeption der Rape-Revenge-Streifen stets von großen Kontroversen und vielen Verboten begleitet gewesen.
Mit „I Spit On Your Grave“ hat Steven R. Monroe sich nun einen Film vorgenommen, den Meir Zarchi 1978 (ursprünglich als „Day of the Woman“) gedreht hatte und der als einer der wichtigsten Rape-Revenge-Streifen gelten darf.
Das Skript von Stuart Morse übernimmt die Grundkonstellation des Originals: Die junge Autorin Jennifer Hills (Sarah Butler) hat sich eine Hütte an einem See gemietet, um in Ruhe an einem Buch schreiben zu können. Sie wird dort und anschließend mehrfach im Wald von einer Männergruppe um den Tankwart Johnny (Jeff Branson) vergewaltigt; anschließend stürzt sie in einen Fluss und wird von den Männern für tot gehalten. Einige Zeit später kehrt sie jedoch zurück und nimmt blutige Rache an den Tätern.
Natürlich steckt in dieser Konfrontation auch ein weiteres Grundthema des Horrorfilms, der Gegensatz zwischen Stadt und Land, der oft, so in den sogenannten Backwood-Slashern wie „The Texas Chainsaw Massacre“, dadurch verbildlicht wird, dass wohlhabende Städter, die sich normalerweise die Hände nicht schmutzig machen müssen, von genetisch degenerierten, gerne arbeitslosen Landbewohnern gefoltert und umgebracht werden. „I Spit On Your Grave“ konzentriert diese Auseinandersetzung neben dem Stadt/Land-Gegensatz vor allem auf die Geschlechterfrage, oder präziser: die Machtfrage zwischen den Geschlechtern („I don't take orders from a woman“, sagt einer der Täter einmal, als er längst selbst in den Lauf einer Waffe blickt), die Frage nach der unbedingten sexuellen Verfügbarkeit der Frau für den Mann.
Natürlich war dieses Thema 1978, als Zarchi das Original drehte, noch erheblich virulenter und auch von größerer, offensichtlicherer politischer Brisanz, weil viele Positionen der feministischen Bewegung noch nicht so weit in den Mainstream gesickert waren, wie dies heute glücklicherweise der Fall ist. Aber Morses Skript entledigt Monroes Neuverfilmung keineswegs ihrer geschlechterpolitischen Aspekte, im Gegenteil – der Film zeigt sich eindeutig aktualisiert.
Als problematisch mag es dabei gelten, dass auch diese Fassung nicht darauf verzichten mag, die Protagonistin im ersten Drittel des Abenteuers immer wieder in recht knapper Bekleidung zu zeigen und damit auch für den Zuschauer als sexuelles Objekt darzubieten. Allerdings vermeidet der Film, anders als Zarchis Fassung, die Frau in diesen Momenten mit den späteren Vergewaltigern zu konfrontieren, so dass sich die (von Vergewaltigern in der Realität ja immer wieder zu ihrer „Verteidigung“ vorgebrachte und auch in der Fassung von 1978 verwendete) Argumentation, Hills habe mit ihrer Kleidung die Täter in Versuchung geführt, hier gar nicht aufbringen lässt.
Während der Vergewaltigungsszenen, die erschreckend anzusehen sind, aber nicht so unerträglich inszeniert sind wie im Remake von „Last House On The Left“, wird Hills' Körper ebenfalls den Blicken weitgehend entzogen, die Kamera ahmt eher ihre Perspektive nach; dann sieht man sie allerdings nackt vor ihren Angreifern fliegen.
Hills wird später ihre Angreifer einzeln gefangen nehmen und nach kurzer Folter töten; dabei setzt sie nicht, wie die Jennifer des Originals (Camille Keaton), ihren Körper ein, um den Täter die Illusion zu geben, sie trotz (bzw. gerade wegen) der Vergewaltigung sexuell zu begehren. Sie verweigert sich diesen Rückgriffs auf die gewissermaßen „passive“ weibliche Sexualität (die Keatons Hills freilich ebenfalls genutzt hatte, ihre Vergewaltiger zu ermorden) und dreht stattdessen den Machtspieß von Anfang an sichtbar um.
Für jeden der Täter hat sie sich eine Folter und Tötungsmethode erdacht, die jeweils genau an dem ausgerichtet ist, was der jeweilige Mann ihr angetan hatte. Zum Teil mit den gleichen Worten, Waffen und Gerätschaften rückt sie ihnen zu Leibe und reproduziert damit die männliche, „phallische“ Gewaltausübung mittels der eigentlichen Träger dieser Gewalt: Waffen, Wasser, Wörter, Blicke. Damit führt sie stets eine symbolische Kastration der Täter vor (in einem Fall auch noch: die wörtliche) und wirkt damit radikaler in ihrer Gegenwehr als ihre Vorgängerin von 1978, weil sie nicht nur das konkrete Verbrechen rächt, sondern die grundlegende Machtverteilung der patriarchalen Ordnung in Frage stellt.
Wie sehr Sarah Butlers neue Hills die klassische Frauenrolle verlässt, zeigt sich auch daran, dass sie die Racheakte mit emotionaler Distanz und wohlüberlegter Planung durchzuführen scheint - alles Eigenschaften, die traditionellerweise und auch im Kino eher in „männliche“ Sphären fallen. Der Blick auf den durch eine Frau leidenden Männerkörper - Mitleid kommt bei Monroe für das Schicksal der Männer jedoch nie auf - problematisiert zugleich aber natürlich den vorher für den Zuschauer verfügbaren Blick auf den Körper von Jennifer Hills.
Weil zudem einer der Täter die ganze Tat mit einer Videokamera aufnimmt, was auch im weiteren Verlauf des Films noch eine Rolle spielt, sind solche Blicke in diesem neuen „I Spit On Your Grave“ nie unschuldig. Auch das Zuschauen, auch die Kamera, stecken voller Machtmechanismen, und Wegschauen löst diese Probleme keineswegs auf. Auf diese Frage hat der Film aber auch keine rechte Antwort - er ist eben doch kein politischer Essay, sondern ein durchaus auch ambivalent lesbarer, halbexploitativer Rape-Revenge-Streifen, der in entscheidenden Momenten schon mal etwas nicht zeigt oder schamvoll die Schwarzblende senkt.
>> verfasst von Rochus Wolff
Bei der 2. Hälfte des Filmes, bzw dem letzten Drittel (denn alleine 2 Drittel bestehen ja aus Vergewaltigung und Demütigung des Opfers), also bei der Rache Jennifers, empfand ich gar nichts. Natürlich, diese Männer haben sie vergewaltigt, aber an sich wusste man über dieses Männer nichts. Viel Genugtuung hab ich dabei nicht empfunden.
Desweitern gibt es einfach zu viele Logiklöcher in dem Film. Ist Jennifer ein Schwimm Champ oder wie kann sie sich im Wasser scheinbar so schnell bewegen oder so lange tauchen, dass die Männer sie nicht mehr finden als sie von der Brücke stürzt? Woher hat Jennifer die Klamotten, wenn sie doch in der Hütte wohnt und die Männer ihre gesamte Kleidung verbrennen? Wie kann Jennifer die Körper der Männer überhaupt tragen?
Fragen über Fragen. Für mich einfach nur ein grausamer und brutaler Film, der aber keinerlei Mitgefühl erweckt und denn man mit seinem Ende dann auch zurücklässt und abschließt.