Moviebase Event Horizon
Weltraum-Filme gibt es viele. Auch im Horror-Genre fand dieses Gebiet in den letzten Jahren immer mehr Anklang. Doch nicht jeder Versuch, ein überzeugendes Szenario außerhalb unseres Heimatplaneten zu kreieren, gelingt. Paul W. S. Anderson aber erschuf ein Werk, dass seiner Konkurrenz wie „Red Planet“ oder „Mission to Mars“ wohl als Vorbild dienen sollte – und deshalb um Einiges gelungener ist. Im Vergleich zu den beiden genannten Raumfahrtstreifen bietet „Event Horizon“ eine hervorragende Mischung aus Zukunfts-Odyssee, Action und Horror – wobei dieser auf einem etwas außergewöhnlichen Wege daher schleicht.
2047: Die Crew des Raumfrachters Lewis & Clark, bestehend aus Captain Miller (Laurence Fishburne), Leutnant Starck (Joely Richardson), der Ärztin Peters (Kathleen Quinlan), Cooper (Richard T. Jones), Justin (Jack Noseworthy), DJ (Jason Isaacs) und Smith (Sean Pertwee), macht sich auf die Suche nach dem Prototypen Event Horizon, einem gigantischen Kreuzer, der die Lichtgeschwindigkeit durchbrechen und somit Einsteins Theorien widerlegen sollte. Doch auf dem Jungfernflug geschah etwas Unvorgesehenes, vom Schiff und der Besatzung fehlt seit ihrer Abreise vor nunmehr sieben Jahren jegliche Spur und rasch ranken sich wilde Mythen um diese merkwürdige Begebenheit. Begleitet wird die Rettungsmission von Dr. Weir (Sam Neill), dem Vater des zugrundelegenden Gravitationsantriebs. Dieser hat während der langen Reise einen grässlichen Albtraum, in dem er seiner toten Frau Claire (Holley Chant), die sich einst selbst das Leben nahm, begegnet, doch er denkt sich nichts weiter dabei und behält sein Erlebnis für sich. Ohnehin ist er der eingeschworenen Mannschaft ein Dorn im Auge, die ihn für einen eher abgehobenen Wissenschaftler hält, der einen Fremdkörper darstellt. Tatsächlich kann die Event Horizon im Neptun-Orbit ausfindig gemacht werden, sie treibt langsam dahin, einem im Weltall treibenden Spukschloss gleichend. Bald darauf entdecken die Teilnehmer der Mission die schreckliche Wahrheit – nicht ein einziger Überlebender befindet sich an Bord.
Wer hier eine sachte Weltraumreise erwartet, wird direkt zu Beginn vom Gegenteil überzeugt. Denn Regisseur Anderson startet seine Expedition zur Event Horizon mit lauten Orchestertönen, die auch später im Film eine große Rolle spielen. Direkt geht es mit der Rettungscrew los auf eine gefährliche Mission. Wo zunächst noch Freundschaft und Respekt zwischen den Crewmitgliedern herrscht, stellt sich bald immer mehr Misstrauen und Ignoranz ein. Die Anspannung wird von den Darstellern, allen voran von Sam Neill als böse Hilfe der Crew und Laurence Fishburne als abgebrühter Captain des Schiffs, überzeugend vermittelt. Wobei es doch sehr verwundert, dass sich Kathleen Quinlan, die im Film die Ärztin Peters verkörpert, nach der gescheiterten Mondlandung 1995 ihres Kollegen Tom Hanks in „Apollo 13“ rund zwei Jahre später selbst auf eine solch gefährliche Reise begibt. Auch Laurence Fishburne scheint den Wachowski-Brüdern als Kommandant des Raumschiffes aufgefallen zu sein, denn zwei Jahre nach dem Dreh zu „Event Horizon“ trat er den Job als Morpheus – Captain des Rettungsschiffes für Zion – in dem Kultfilm „Matrix“ an.
Was „Event Horizon“ ausmacht, ist eine perfekte Mischung aus unheimlicher Atmosphäre, Action, Horror und die immer anhaltende Angst im Weltraum, nicht mehr zurück auf die Erde zu kommen. Genau diese kommt auch in jeder Szene beängstigend herüber. Action bietet der Film durchaus auch. Explodierende Teile der Raumfähren sorgen für Turbulenzen und Spannung. Doch wo bleibt der Horror? Wer den Film zum ersten Mal sieht, wird den Horror an sich erst später bemerken. Er kommt zwar langsam, aber dafür umso heftiger. Kaum betritt die Rettungscrew die Event Horizon, macht sich bedrückte Stimung breit und ein mulmiges Gefühl taucht auf. Was geschah mit der Crew der Event Horizon? Wieso blieb sie sieben Jahre unentdeckt? Fragen über Fragen, auf die Fishburne und seine Crew Antworten finden sollten. Doch es kommt alles anders.
Denn Sam Neill agiert hervorragend. Kauft man ihm zunächst seine Hilfsbereitschaft ab – immerhin baute er die Event Horizon – wird dem Zuschauer dann im Laufe des Geschehens immer mehr bewusst, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. An einigen Stellen wird es sogar sehr unangenehm spannend, dass man am liebsten schreien möchte. Und hier zeigt sich die nächste Raffinesse: Vorhersehbare Schockmomente gibt es zwar, dennoch gelingt es Anderson ab und an, die Spannung so aufzubauen, dass man meint, sie wäre mit dem Gezeigten endlich aufgelöst. Doch genau da schlägt unvermittelt der nächste Schreck zu. Blutig wird es dann vor allem zum Ende der Expedition, wenn sich das Grauen ausgebreitet hat und die Crew – sowie den Zuschauer – nicht mehr loslässt. Jedoch sind die Bluteffekte weise eingesetzt und wirken weder überladen noch fehlplatziert. Eben eine hervorragende Mixtur.
Das besondere Etwas, was Event Horizon zu einem der besseren Zukunfts- und Al(l)btraumszenarien macht, ist eine Art von Horror, die sich nicht erklären lässt. Unsichtbarer, unterbewusster Horror würde es wohl noch am ehesten treffen. Denn am Ende bleiben viele offene Fragen: Was tötete die Crew der Event Horizon? Wieso tötete es? Was ist Wirklichkeit, was Illusion? Antworten liefert uns Paul W. S. Anderson (Gott sei Dank) nicht. Denn ansonsten würde sein Film „Event Horizon“ wohl nur „Horizon“ heißen. So aber ist er ein MUSS für Horror-Liebhaber, die sich auch mal auf einen anderen Horrorfilm einlassen wollen.
>> verfasst von Janosch Leuffen