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Moviebase Erbarmen

Erbarmen
Erbarmen

Bewertung: 65%

Userbewertung: 70%
bei 12 Stimmen

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Originaltitel: Kvinden i buret
Kinostart: 23.01.2014
DVD/Blu-Ray Verkauf: Unbekannt
DVD/Blu-Ray Verleih: Unbekannt
Freigabe: FSK 16
Lauflänge: 97 Minuten
Studio: Zentropa Entertainments20, Film i Väst
Produktionsjahr: 2013
Regie: Mikkel Nørgaard
Drehbuch: Nikolaj Arcel
Darsteller: Nikolaj Lie Kaas, Sonja Richter, Søren Pilmark, Marijana Jankovic, Fares Fares, Mikkel Boe Følsgaard, Eric Ericson, Patricia Schumann, Troels Lyby, Claes Ljungmark, Morten Kirkskov,

Einen beliebten Roman für das Kino zu adaptieren, mag die Königsdisziplin des Filmemachens sein. Nirgendwo sonst kämpft ein Regisseur derart mit und gegen die Erwartungen einer der Vorlage meist treu ergebenen Leserschaft. Die Filme der „Millennium“-Trilogie konnten trotz gewisser Abstriche und notwendiger Kürzungen nicht nur glühende Stieg-Larsson-Fans begeistern. Auch ohne Kenntnisse der Vorlage stieg man binnen kürzester Zeit in diese dunkle, grausame Welt der Lisbeth Salander hinab. Nikolaj Arcel war damals als Drehbuchautor für die Umsetzung des ersten Larsson-Thrillers „Verblendung“ verantwortlich. Weil ihm diese Operation glückte, durfte er nun für einen weiteren skandinavischen Crime-Bestseller eine filmische Passform entwickeln.

Dabei sind die bislang fünf Romane des Dänen Jussi Adler-Olsen ein ebenso dichtes wie düsteres Labyrinth, das die Faszination menschlicher Abgründe erforscht. Während nun mit „Erbarmen“ der erste Teil der Reihe um den dickköpfigen, seelisch angeknacksten Ermittler Carl Mørck und dessen geheimnisvollen Partner Assad in unsere Kinos kommt, befindet sich der zweite Teil „Schändung“ bereits in der Post-Produktion. Adler-Olson-Fans dürfen also schon heute einen weiteren Kinobesuch fest einplanen.

Der Einstieg von „Erbarmen“ sieht zunächst nach Polizeiroutine an. Etwas Smalltalk zwischen den Ermittlern, das Warten auf den richtigen Einsatzzeitpunkt. So etwas hat man schon in vielen Krimis gesehen. Doch nur wenige Augenblicke später wird plötzlich alles anders sein. Mørck (Nikolaj Lie Kaas) und sein Kollege geraten in einen Schusswechsel, den beide nur mit viel Glück überleben.

Nach diesem desolaten Einsatz und einer ärztlich verordneten Zwangspause kehrt ein anderer Mørck in den Polizeidienst zurück. Er wirkt um Jahre gealtert, innerlich gebrochen, seine Hände zittern, der Blick ist leer. Sein Vorgesetzter will ihn folglich keine Mordermittlungen mehr leiten lassen. Stattdessen soll er sich zusammen mit seinem neuen Kollegen Assad (Fares Fares) in der neu gegründeten Sonderabteilung Q um ungelöste Fälle kümmern und diese möglichst schnell nach Aktenstudium zum Abschluss bringen. Was als Schreibtischarbeit gedacht war, führt Mørck auf die Fährte seines bislang schwierigsten Falls. Als vor Jahren eine bekannte Politikerin (Sonja Richter) auf eine Passagierfähre spurlos verschwindet, geht die Polizei von Selbstmord aus. Dabei sprechen die Indizien eine andere Sprache. So wollen mehrere Zeugen einen unbekannten, mit einem Regenmantel bekleideten Mann in der Nähe der Vermissten gesehen haben. Mørcks Ermittlergeist ist geweckt.

Fortan teilt sich der Film in zwei Erzählstränge auf, die teils parallel, teils als Zeitreise an den Tag des Verschwindens auf der Fähre angelegt sind. Solange Drehbuchautor Arcel und Regisseur Mikkel Nørgaard uns über die Identität des Täters im Unklaren lassen, baut „Erbarmen“ eine bedrohliche, typisch skandinavisch-düstere Suspense auf. Das schlechte Wetter ist spätestens seit Finchers „Sieben“ ein beliebtes Stilmittel, um die atmosphärischen Stellschrauben noch etwas weiter anzuziehen. In diesem Fall spielen Roman wie Film zusätzlich mit einem der „Saw“-Reihe nicht unähnlichen Folterszenario, das jedoch keinen erlösenden Countdown kennt. Auch einen charismatischen Jigsaw mit edlen Motiven hält Adler-Olsen nicht bereit. Im Gegensatz zu Larsson verzichtet er weitgehend auf soziale Analysen oder Reflexionen. Die (Auf-)Lösung des Vermisstenfalls ist am Ende eher ernüchternd.

Einen Roman wie „Erbarmen“ auf eineinhalb Stunden zu verdichten, ist kein leichtes Unterfangen. Über weite Strecken funktioniert der Film dafür erstaunlich gut, gerade weil sich Arcel auf das gegensätzliche Ermittlerduo konzentriert und gleichzeitig vieles andere ausblendet. Natürlich ist Adler-Olsons Buddy-Idee wenig originell – gelegentlich meint man sogar in der Filmversion einen dänischen „Ziemlich beste Freunde“ zu erkennen, der sehr ähnlich mit schwarzem Humor und Multikulti-Charme spielt –, doch wenn sie von zwei großartigen Darstellern wie Nikolaj Lie Kaas (bekannt aus „Adams Äpfel“ und „Illuminati“) und dem bislang eher Komödien-erprobten Fares Fares ausgefüllt wird, lässt man sich gerne auf die dänische Variante ein.

Problematischer ist hingegen Arcels geringes Interesse an der Geschichte des Täters, den Hintergründen seiner Tat und dem sozialen Klima. Im Schnelldurchlauf erzählt der Film vom Schicksal eines ganzen Lebens. Das fühlt sich nicht nur ziemlich überhastet an, es zerstört auch die Faszination für den Fall, der dadurch plötzlich recht banal erscheint. Auf einmal findet sich „Erbarmen“ genau dort wieder, wo er eigentlich nicht hinwollte: Im Sammelbecken durchaus solider aber etwas uninspirierter skandinavischer Krimikost.

>> verfasst von Marcus Wessel

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