Was steckt wirklich hinter Exorzismus? Es gab bereits genug mehr oder minder guter Umsetzungen des Themas, die aber eher den Horrorfilm-Weg wählten. „Der Exorzismus von Emily Rose“ bietet eine ganz andere Perspektive und verbindet ein Gerichtsdrama mit geschickt platzierten Horroreinlagen. Dabei kommen viele Hintergrundfakten zum tragen, denen man sich vorher nicht bewusst war. Dass Emily eigentlich auf der Geschichte der deutschen Anneliese Michel beruht, bleibt leider verschwiegen. Warum auch immer.
Wie bereits erwähnt, spielt der Film zum größten Teil im Gerichtssaal. Einen Erzähler, der uns durch den roten Faden leitet, gibt es hierbei nicht. Vielmehr geben die Akteure die beim Exorzismus dabei waren, ihre Eindrücke wieder, die dann in kurzen filmischen Szenen in die Story eingebunden worden.
Die an sich recht spannenden Gerichtssequenzen werden immer wieder mit Rückblenden über die wahre Geschichte von Emily Rose aufgelockert. Diese sind, wenn man „Emily Rose“ mit „Der Exorzist“ vergleichen will, um einiges Intensiver, da glaubhafter. Den Film nur auf die Horrorsequenzen zu reduzieren, wäre ein schwerer Trugschluss. Denn auch ohne Schockeffekte bietet er eine gute Basis für ein Drama. Emily’s Geschichte soll die Kinobesucher zum Nachdenken anregen, was auch gelingt. Hätte man als Vater oder Pfarrer ähnlich verfahren? Oder hätte man Emily einem Medikament ausgeliefert, dass ihr nicht helfen kann? Viele Kinobesucher werden sicherlich etwas enttäuscht sein, da der Trailer zum Film ein anderes Kinoerlebnis verspricht.
Jennifer Carpenter geht in ihrer Rolle als „Emily Rose“ förmlich auf. Man nimmt ihr ihren Leidensweg einfach ab, ohne dass es dabei ins Lächerliche gezogen wirkt. Laura Linney, die die Rolle der Anwältin Erin Brunner übernahm, spielt ebenfalls hervorragend. Anfangs wirkt ihre Figur etwas unterkühlt, was sich im Verlauf jedoch sehr zum Positiven wendet. Überhaupt befindet sich im Film ein perfekt gewähltes Ensemble aus guten Schauspielern. Meines Erachtens gibt es keinen Darsteller im Film, der die Bezeichnung „sehr gut“ nicht verdient hätte. Die Charaktere agieren hierbei vor bewusst unterkühlten Kulissen, wie einem verwahrlosten Farmerhaus oder einem nebelschwangeren Feld.
Dass es sich um keinen „richtigen“ Horrorfilm handelt, sieht man bereits an den Freigaben. So bekam der Trailer, welcher alle gruseligen Sequenzen in 2 Minuten zeigte und dabei mit gut getimtem Sound überzeugen konnte, eine FSK 16 Freigabe. Der Film hingegen durfte sich mit einer FSK 12 Freigabe schmücken. Warum? Ganz einfach, weil Schockeffekte Mangelware sind. Hauptsächlich bei den „Exorzismus“-Szenen wird verstärkt auf Spannung gesetzt, die mich persönlich mehr in den Bann zogen, als Linda Blair in „Der Exorzist“.
Insgesamt kann ich nur ein Lob für die wirklich gute Umsetzung des Themas aussprechen. Oft versucht und nie funktioniert: „Der Exorzismus von Emily Rose“ findet die perfekte Balance zwischen Drama und Mysteryfilm, der den Zuschauer in den Bann zieht und auch nach dem Kinobesuch zum Nachdenken anregt. Erstklassige Darsteller und tolle Settings runden den Leidensweg von Emily gekonnt ab.