Moviebase Abattoir
Größere Bekanntheit erlangte Darren Lynn Bousman als Regisseur der „Saw“-Fortsetzungen 2, 3 und 4, deren harte Gangart auch sein jüngstes Werk zu umarmen scheint. Das deutet zumindest der Titel an, der ins Deutsche übersetzt so viel wie „Schlachthaus“ heißt. Umso größer ist die Überraschung, dass sich hinter „Abattoir“ eine Gruselmär verbirgt, die nicht so sehr auf blutige Exzesse, sondern eine unheilvolle Atmosphäre setzt. Echte Spannung sucht man allerdings vergebens, auch wenn die Grundidee – eine Abwandlung des altbekannten Haunted-House-Motivs – einiges an Potenzial besitzt. Blasse Figuren und eine selten packend inszenierte Detektivjagd machen aus dem visuell unkonventionellen Streifen, der im Rahmen des Fantasy Filmfests 2016 seine Deutschlandpremiere feierte, eine eher zähe Angelegenheit.
Am liebsten würde die Journalistin Julia (Jessica Lowndes, „Autopsy“) über spektakuläre Verbrechen berichten. Vorliebnehmen muss die junge Frau jedoch mit Recherchen auf dem Immobilienmarkt. Ihren Ambitionen kommt sie eines Tages auf tragische Weise näher, als ihre Schwester und deren Familie von einem Psychopathen brutal ermordet werden. Bei der Rückkehr an den Tatort stellt Julia entgeistert fest, dass das Zimmer ihres Neffen aus dem Haus herausgerissen wurde und nicht mehr aufzufinden ist. Unterstützt von ihrem Ex-Freund Detective Grady (Joe Anderson, „Horns“), stellt die Reporterin kurzerhand Nachforschungen an und stößt dabei auf weitere Mord-Schauplätze, die in den letzten Jahrzehnten unter mysteriösen Umständen verschwunden sind. Als einziger gemeinsamer Nenner kristallisiert sich der Name Jebediah Crone (Dayton Callie, „Halloween II“) heraus, der Julia in das verschlafene Städtchen New English führt.
Dass „Abattoir“ auf einer vom Regisseur selbst konzipierten Graphic-Novel-Serie basiert, ist dem Horrorthriller deutlich anzumerken. Schon der Einstieg spielt mit einer Retro-Ästhetik, die sich spürbar an den Stil des klassischen Film noir anlehnt. Passend dazu wirken Julia und Grady ein wenig wie aus der Zeit gefallene Figuren, die sich nach dem Mord an der Familie der Journalistin auf eine eigenartige Spurensuche begeben. Für handfesten Nervenkitzel sorgen die Ermittlungen der Protagonisten leider nicht, da Bousman zahlreiche Klischees bedient und es nicht fertigbringt, eine konstant bedrohliche Stimmung zu erzeugen.
Wichtige Hinweise auf New Englisch erhält Julia vom Mörder ihrer Schwester in einer Gefängnisszene, die wie ein müder Abklatsch der Knastpassagen aus „Das Schweigen der Lämmer“ wirkt. Der Ort, an den es die junge Frau verschlägt, ist – ganz genrekonform – ein halb verlassenes Kaff mitten im Nirgendwo, in dem ein höchst zwielichtiger Sheriff (John McConnell, „13 Sins“) nach dem Rechten sieht. Einmal in der Pampa angekommen, begegnet Julia einer exzentrischen alten Frau (Lin Shaye, „Insidious 3“), die beunruhigende Informationen bereithält. Statt echter Spannung erwartet den Zuschauer viel Geraune, wobei die Darsteller immer wieder haarsträubende Sätze von sich geben müssen. Lowndes und Anderson sind als Ex-Paar wenig überzeugend. Und auch die Schreckmomente, die Bousman sporadisch in die Handlung einbaut, lassen größere Ambitionen vermissen.
Nur wenig Abhilfe schafft der dritte Akt, der optisch noch einmal in die Vollen geht und das Wirken des teuflischen Jebediah Crone genauer in den Blick nimmt. Was als mitreißende und unheimliche Offenbarung gedacht ist, entwickelt sich durch ausufernde, salbungsvolle Reden und mittelprächtig getrickste Geister zu einer müden, repetitiven Horrorschau, die allenfalls ein Schulterzucken hervorruft. Große Vorfreude auf die unter dem Titel „The Dwelling“ angekündigte Fortsetzung will sich danach gewiss nicht breitmachen.
>> von Christopher Diekhaus