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Moviebase Vier Fliegen auf grauem Samt

Vier Fliegen auf grauem Samt
Vier Fliegen auf grauem Samt

Bewertung: 80%

Userbewertung: 90%
bei 19 Stimmen

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Originaltitel: 4 mosche di velluto grigio
Kinostart: 19.05.1972
DVD/Blu-Ray Verkauf: 29.09.2016
DVD/Blu-Ray Verleih: Unbekannt
Freigabe: FSK 16
Lauflänge: 103 Minuten
Studio: Koch Media
Produktionsjahr: 1971
Regie: Dario Argento
Drehbuch: Dario Argento
Darsteller: Michael Brandon, Mimsy Farmer, Jean-Pierre Marielle, Bud Spencer, Aldo Bufi Landi

Fans muss man es eh nicht mehr erklären und Neulinge verstehen es auch nach ein paar Minuten: In den Filmen des Kultregisseurs Dario Argento besiegt der Style nicht nur die Substanz, er stopft sie aus und hängt sie sich über den Kamin. Oder wie es der Schlingensief-Kollaborateur Paul Poet in seinem höchst lesenswerten Essay im Booklet zur Bluray-Neuauflage von „Vier Fliegen auf grauem Samt“ ausdrückt: „Ein surreal psychedelischer Totentanz, der Plot, Dialoge und Mimenkunst dabei zu einem lästigen Appendix degradiert.“ Bereits dieses Frühwerk des italienischen Regisseurs wartet mit einigen seiner schönsten Trademarks auf: ein hypnotischer Soundtrack (von Ennio Morricone!), wunderbare Farbkompositionen, grandios gewählte Settings – und eben ein zunehmend im Hintergrund verschwindender, hanebüchener Plot.

Dennoch nimmt „Vier Fliegen auf grauem Samt“ in mancher Hinsicht auch eine Sonderstellung im Werk des vieldiskutierten Genre-Auteurs ein: Zum einen war der Film aufgrund undurchsichtiger Rechtestreitereien jahrelang quasi verschollen; zum anderen galt er vielen Fans als unreifes Frühwerk des Meisters. Das lag zum einen daran, dass Argentos dritter Film mit vermeintlich unüblichen humoristischen Passagen aufwartet und zum anderen, dass er verhältnismäßig unblutig daherkommt. Schaut man sich den Film heutzutage an und versucht ihn ins Gesamtwerk Argentos einzuordnen, erweisen sich beide Vorwürfe nur als teilweise treffend: Zwar fließt hier tatsächlich deutlich weniger Filmblut, dennoch erzeugt der Regisseur mühelos die entrückte, geheimnisvolle Atmosphäre, für die er so bekannt wurde; auch mag stimmen, dass hier mehr geulkt wird, als in manchen Argento-Filmen, aber auch der Fan-Liebling „Profondo Rosso“ wartet bekanntlich mit einigen Albernheiten auf. Abgesehen davon sorgt diese ein wenig gelockerte Stimmung für einige der schrägsten Elemente des Films, etwa Bud Spencers geniale Rolle als lässiger Herumtreiber Gottfried.

Im Zentrum des Films aber steht der Schlagzeuger Roberto Tobias – vielleicht die unsympathischste Hauptfigur, die Argento jemals geschaffen hat. Tobias, der in einer erfolgreichen Rockband spielt, wird seit Wochen von einem zwielichtig aussehenden Mann verfolgt. Eines Abends will er den Stalker konfrontieren, folgt ihm bis in ein leerstehendes Theater (aufmerksame Kenner finden in dieser tollen Szene bereits Anklänge zu „Profondo Rosso“), wo es zu einem Handgemenge kommt. Der Unbekannte zieht ein Messer, das Tobias ihm entreißt und damit zusticht; der Mann stirbt. Doch die beiden Männer sind nicht allein: Von der Empore des Theaters aus beobachtet ein maskierter Unhold das Verbrechen, der Tobias von nun an das Leben zur Hölle macht...

Wie bereits angedeutet versucht Argento dabei nicht einmal, Empathie für seinen schmierigen Protagonisten aufzubauen. Tobias scheint kaum irritiert von seiner Gewalttat, erzählt selbst seiner Freundin recht ungerührt, dass er einen Menschen getötet habe. Stattdessen sieht er sich selbst als Opfer des maskierten Bösewichts, der seine Tat beobachtet hat. Als dann seine Haushälterin mit aufgeschlitzter Kehle gefunden wird, zeigt er noch immer keinen Hauch von Betroffenheit, sondern bleibt gänzlich auf sich selbst fokussiert. So lenkt der Regisseur die Aufmerksamkeit eher auf die grandiosen Nebenfiguren, die deutlich sympathischer gezeichnet sind. Da ist etwa der erwähnte Lebenskünstler Gottfried – Bud Spencers vielleicht ungewöhnlichste Rolle – der von allen Gott genannt wird und dementsprechend auch immer in den gefährlichsten Situationen auftaucht, um Tobias zu helfen; da ist der homosexuelle Privatdetektiv, der noch nie einen Fall gelöst hat und deswegen mit jedem Auftrag optimistischer wird, dass die Statistik auf seiner Seite ist.

All diese Charaktere siedelt Argento wieder einmal in einem düsteren, labyrinthischen Rom an, das an jeder Ecke Gefahren zu bergen scheint. Die Stadt wirkt wie ein diabolisches Spiegelkabinett, das sich geradezu vor den Augen von Protagonisten und Zuschauern zu verändern vermag. In einer Szene steigert der Film dieses surrealistische Stadtbild so weit, dass sich ein noch eben gut besuchter, sonnenheller Park innerhalb von einem Wimpernschlag in ein menschenleeres, dunkles Labyrinth verwandelt, in dem der Mörder wartet. Mit gewohnt feinem Gespür für Bildkomposition, dramatische Kamerafahrten und Farbgebung inszeniert Argento auch eine Verfolgungsjagd durch die römische U-Bahn.

An diesen Stellen wird auch deutlich, wie viel wert der hervorragende HD-Transfer der neuen Auflage des Films wirklich ist; denn die Filme Argentos kann man förmlich nicht scharf genug sehen, so prägnant sind hier alle visuellen Aspekte vom Setdesign bis zum Kostümbild. Den qualitativen Kontrast erkennt man übrigens an den wenigen verschollen geglaubten Szenen, die von schlecht gelagerten Kopien eingefügt werden mussten. „Vier Fliegen auf grauem Samt“ erstrahlt also in neuem Glanz und darauf kommt es bei diesem Film, der vor allem von seinem experimentierfreudigen Stil lebt und weniger von seiner inhaltlichen Substanz, eben auch an.

>> von Tim Lindemann

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