Sorry, wer gedacht hat er käme bei einem Klick auf Freeze Frame zum Text oder gar Download eines tanzfreudigen Songs der J. Geils Band, der hat sich geschnitten. Denn obwohl sich Film und Lied im Titel gleichen, haben die beiden letztenendes doch reichlich wenig gemeinsam. Doch BlairWitch.de ist ja eine Filmseite, also werfen wir mal das Hauptaugenwerk auf John Simpsons Thriller, der unter anderem auch im Jahre 2005 auf dem Fantasy Film Fest lief.
Sean Veil (Lee Evans) macht sich zum Star seiner ganz persönlichen Fernsehshow. Nicht im Sinne eines beziehungslastigen Big Brother Abklatsches, sondern aus Gründen der Verteidigung: seitdem ihm vor Jahren nämlich fälschlicherweise ein Mord angehängt wurde, nimmt er nun jede Sekunde seines Daseins mit Kameras auf, um jederzeit das perfekte Alibi zu haben. Als ihm erneut ein Mord zur Last gelegt wird, will er mit Hilfe seiner Bänder seine Unschuld beweisen - doch gerade diese gefragten Aufnahmen sind spurlos verschwunden...
Freeze Frame ist in vielerlei Hinsicht ein zweischneidiges Schwert. Einen Mangel an Ideen kann man dem Regisseur wirklich nicht vorwerfen, denn obwohl sich der Film ein wenig in Richtung Memento bewegt, mangelt es ihm nicht an Eigeninitiative. Der Storyansatz der freiwilligen, absoluten Selbstopferung für das perfekte Alibi wird auf eine interessante Art und Weise angegangen: zwischendurch unterbrechen Seans Merksätze den Verlauf der Handlung und er macht sich mnemotechnische Notizen. Den Zuschauer versetzt diese Erzählweise direkt in den Kopf des Protagonisten und lässt ihn somit ebenfalls zum paranoiden "Freak" werden. Hier blicken wir meist durch die von Sean verwendeten Kameras. Wechselt Regisseur John Simpson in die auktoriale Perspektive, sehen wir die Realität (oder was wir denken, dass Realität ist) und die Verzweiflung und unmenschliche Armut seines Charakters. Lee Evans vollbringt in der Darstellung des paranoiden Freaks eine durchaus vorzeugbare Leistung. Mit Leib und Seele verkörpert er das Mensch gewordene, in sich selbst gefangene Elend. Leider bleibt es aber auch bei nur einer einzigen bemerkenswerten schauspielerischen Leistung: alle anderen Haupt- und Nebendarsteller machen ihr Ding zwar ebenfalls durchaus solide, die Charaktere sind jedoch so nebensächlich geschrieben, dass man weder Sympathie noch Interesse für sie aufbringen kann. Gottseidank ist Sean der Handlungsträger und somit in so gut wie jedem Frame zu sehen, zu viel Interaktion zwischen den anderen Darstellern wäre für Freeze Frame der Tod durch Langeweile.
Wäre der Film nicht farbig, sondern schwarz-weiß, könnte man ihn von der Optik her glatt für eine 1:1 Kopie von Darren Aronofskys Pi halten. Einzig und allein die vielen (beabsichtigten) Pixelfehler geben Freeze Frame einen DV Touch, der den Unterton des Filmes jedoch gut unterstreicht. Sonst wird aus verständlichen Gründen auf Special FX und CGI größtenteils verzichtet. Hat dieser Film aber auch überhaupt nicht nötig, da er komplett auf Handlung und Dialogen basiert.
Freeze Frame ist ein netter Thriller, der etwas frischen Wind ins Genre bringt. An sich ist der Film zwar nur guter Durchschnitt, wird jedoch durch seine interessante Thematik und die anspruchsvolle Umsetzung sicherlich seine Fans finden. Wer die (ich-weiß-nicht-wievielhundert) Plottwists durchsteht, sollte am Ende nicht enttäuscht sein und mit dem guten Gewissen ins Bett gehen, einen ganz gut gemachten Paranoia-Thriller ohne groß beklemmende Atmosphäre gesehen zu haben. Und nicht vergessen: immer die Kamera laufen lassen...
>> geschrieben von Dominic Stetschnig