Moviebase Wrong Turn 2: Dead End
"More Blood, more Guts" titelt Regisseur Joe Lynch im Making Of zu WRONG TURN 2, dem Nachfolger zum gleichnamigen Überraschungserfolg aus dem Jahr 2003. Auf den Punkt gebracht, denn blutiger ist die Fortsetzung freilich geworden, selbst die Gedärme der brutal ermordeten Opfer schlingen sich auf hundert Meter-Rollen aufgespannt um den Hals des Beobachters. Doch ist die Aussage auch gleichbedeutend für einen besseren Film? Sehen wir uns doch erst einmal an, was Lynch an Erfahrung vorweisen kann, nämlich so gut wie nichts. Abgesehen von einer Komparsenrolle im Tromaschen Terror Firma markiert diese Videoproduktion das Debütwerk des Amerikaners. Auch Anfängern sollte eine Chance gewährt sein, doch Lynch bestätigt jedes Klischee. Mit Turi Meyer und Al Septien hatte er die Drehbuchschreiber des eigenwilligen Leprechaun 2 an seiner Seite.
Überraschend innovativ ist WRONG TURN noch heute nicht, doch was in diesem Fall zählt sind Spaß und Spannung, die ohne Frage zu den großen Stärken des Rob Schmidt Films zählen. Durch einen bösen Unfall strandete eine Gruppe von Menschen damals irgendwo im Nirgendwo von Amerika, wo deformierte Aussiedler bereits auf die nächste Mahlzeit warteten. Rob Schmidt bediente sich mehr als offen bei erfolgreichen Vertretern des Genres und vermengte die Mischung zu einem stimmigen Ganzen. Als Aushängeschild konnte Eliza Dushku gewonnen werden, die zur damaligen Zeit gerade mit ihrer Buffy-Karriere abschloss und deshalb als perfekte Besetzung für den weiblichen Hauptpart diente. Lynch bedient sich in Wrong Turn 2 einer ganz ähnlichen Konstellation.
Statt Dushku tritt Erica Leehrsen auf den Plan. Der Name kommt Euch bekannt vor? Als Wicca-Vertreterin kämpfte sie sich bereits im Jahr 2000 mit Kim Director und Jeffrey Donovan durch das Sequel Blair Witch 2, was sie jedoch auch nicht davor bewahrte, in der Serienversenkung zu verschwinden und mit diesem Film ein letztes Aufbäumen zu wagen. Schade nur, dass die verbliebenen Darsteller durch die Bank weg Unsympathen sind. Von der Vergangenheit und drohenden Geldsorgen gebeutelt nimmt ihr Filmcharakter Nina widerwillig an der neuen Reality Show im Dickicht des Waldes teil. Diese Unstimmigkeit, bezogen auf das vorhandene Storygerüst, ist der Grund, weshalb WRONG TURN 2 von vornherein zum Scheitern verurteilt ist.
Lange ist es her, als der Zufall eine Gruppe junger Leute in die abgelegenen Wälder Virginias führte, in denen sie der blanke Horror in Form degenerierter Einheimischer dezimierte. Die Ereignisse von damals scheinen vergessen. So jedenfalls bei den sechs Kandidaten einer Reality-Show. Unter dem Titel "The ultimative survivalist" sollen sie in einem simulierten post-apokalyptischen Niemandsland ihre Ausdauer beweisen. Nichts ahnend, dass sie bereits von einigen durch Inzest missgebildeten, kannibalischen Kreaturen beobachtet werden...
Die Idee, eine gespielte TV-Show als Vorwand zu benutzen, kann als tragendes Element einfach nicht existieren. Wir wissen bereits im Vorfeld, wie mit den Protagonisten umgegangen wird, sobald sie erst im sporadischen Camp eingetroffen sind. Spannung? Fehlanzeige. Weil bereits hier ein Versagen auf ganzer Linie vorprogrammiert ist, stützt sich die Produktion auf weitere Versatzstücke, die jedoch auch nicht vollends überzeugen. Als helfendes Instrument standen den bösen Buben in The Texas Chainsaw Massacre oder The Hills Have Eyes kleine Helferlein zur Seite, die es hier nicht benötigt. Bereits auf der Fahrt zum Drehort eskaliert die Situation bei einem gestellten Autounfall. Opfer Nummer eins ist damit bereits von der Bildfläche gefegt bevor man es sich auf der heimischen Couch so richtig gemütlich gemacht hat. Die Produktion schert sich keinen Deut um aufkeimende Atmosphäre oder stimmige Details, die auch einen Horrorfilm erst sehenswert machen. Das in der Einleitung genannte Motto zieht sich so unverblümt durch den Verlauf. Um dem Grundprinzip Respekt zu zollen, wird ein Crewmitglied kurzerhand mit einem Battle Royale T-Shirt ausgestattet: Schlachte oder werde geschlachtet!
Das böse Gesocks, welches natürlich auch hier den großen Auftritt feiert, hat sich von dem namenlosen Image verabschiedet. Tiefe versucht Lynch mit einer vertrackten Hintergrundgeschichte zu verleihen. Im Dorf der durch Inzest deformierten Gemeinschaft herrscht ein blutrünstiger Groll gegen alle Menschen, denn sie waren es, die giftige Abwässer in den Fluss geleitet haben und die Mutanten zu dem gemacht haben, was sie heute sind. Ein leichtes Déjà Vu Erlebnis, nicht? Die Bedrohlichkeit ist ihnen schließlich auch abhanden gekommen, so dass wir uns mit kleinen kichernden Kobolden zufrieden geben müssen, die den Charme einer quitschbunten Troll-Puppe versprühen. Schlichtweg nervend. Dem Budget fielen dann letztendlich auch die düsteren Waldlocations zum Opfer, die WRONG TURN in ein Schauermärchen verwandelten.
Für die Blutfraktion bietet WRONG TURN 2 immerhin gewisse Schauwerte. Aufgesprengte, masturbierende und gebärende Kobolde, Opfer mit dem nötigen Durchblick und lebendige Motorhauben, das alles dürfte die Augen echter Gorebauern aufleuchten lassen. Es handelt sich bei diesem Sequel keinesfalls um einen abgrundtief schlechten Film, nur droht das notdürftig zusammen gehämmerte Häuschen aus Anleihen, Ideenlosigkeit und Unfähigkeit mit jeder Filmminute mehr auseinander zu brechen. Eine Story, die so umwerfend innovativ funkelt, dass RTL und Co. mit großer Warscheinlichkeit ein Pendant für das deutsche Fernsehen daraus basteln. Und selbst dieser Punkt müsste nicht erfüllt sein, würde WRONG TURN 2 auf anderen Gebieten punkten. Doch das tut er nicht! Ein Rückschritt und Zugeständnis, das Joe Lynch hier abliefert. Freunde des Vorgängers dürften aber dennoch ihren Spaß haben - zumindest in Maßen.
>> verfasst von Torsten Schrader