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Moviebase Eraserhead

Eraserhead
Eraserhead

Bewertung: 93%

Userbewertung: 95%
bei 86 Stimmen

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Originaltitel: Eraserhead
Kinostart: 17.03.1977
DVD/Blu-Ray Verkauf: Unbekannt
DVD/Blu-Ray Verleih: Unbekannt
Freigabe: FSK 18
Lauflänge: 90 Minuten
Studio: American Film Institute (AFI)
Produktionsjahr: 1976
Regie: David Lynch
Drehbuch: David Lynch
Darsteller: Jack Nance, Charlotte Stewart, Judith Roberts, Darwin Joston, Hal Landon Jr., Jennifer Chambers Lynch, Peggy Lynch, Allen Joseph, Jeanne Bates, Laurel Near, Jack Fisk, Jean Lange

Angst, Verzweiflung und Fassungslosigkeit werden breit – Hektik und Panik brechen über Einen herein, eine Erlösung wird herbeigesehnt. Aufrecht sitzend und schweißgebadet, starrt man, der Versteinerung nahe, in die alles umschließende Dunkelheit. Sich nun zusammen kauernd, hüllt man sich wieder in den helfenden Schutz der Decke und hofft auf einen ruhigeren Verlauf des Schlafes. Ein Albtraum - Schrecken der Traumwelt - jeder kennt diese Gefühle, die man während eines solchen durchlebt und kann somit jedem Anderen nachfühlen, der selbiges erlebt hat. Dinge, die völlig irreal und unlogisch erscheinen mögen, können in der Realität eines Albtraumes nicht von der Realität der Wirklichkeit unterschieden werden, weshalb man sie auch als selbstverständlich ansieht oder sie schlichtweg akzeptiert. Mit diesen Ebenen der Realität, den Impressionen eines (Alb)Traumes und dessen Absurditäten, nahm sich der damals erst 31-jährige David Lynch vor, einen Film zu verwirklichen, der seiner Aussage nach wie ein Traum aufgebaut sei und dementsprechend auch wirken solle.

Der Inhalt ist jetzt lediglich auf seine wesentlichen Teile reduziert, ohne an dieser Stelle die surrealen und fantastischen Elemente mit einfließen zu lassen.

In einer bedrückenden Stadt lebt Henry Spencer (Jack Nance), einer schöneren Welt entgegen sehnend, sein unauffälliges Leben als Drucker. Bis ihn eines Tages seine gute Freundin Mary X (Charlotte Stewart) zu einem gemeinsamen Abendessen mit ihren Eltern einlädt. Dort angekommen, konfrontiert sie ihn mit einem gemeinsamen Kind, welches grässlich entstellt ist, in seinem Anblick eher an einen Tierfötus erinnert und den ganzen Tag schreit und weint. Als Mary vom permanenten Geschrei dem Nervenzusammenbruch nahe ist, verlässt sie Henry und lässt ihn alleine mit dem Kind zurück. Als das Baby dann auch noch erkrankt, findet sich Henry restlos überfordert in seinem kleinen dunklen Appartement wieder. Den einzigen Trost empfängt er mittels einer Affäre mit der verführerischen Nachbarin, die ihn dann aber auch für einen Anderen sitzen lässt. Henry entscheidet sich zu folgenschweren Taten…

„Eraserhead“ lautet der mysteriöse, nicht viel sagende Titel des Films, welcher Lynchs abendfüllendes Regiedebüt darstellt. Das Kinoplakat ebenso verstörend wie der Titel, ein in Schwarz/Weiß abgebildeter Kopf, der zur Figur des Henry Spencer gehört. Mit leerem Blick meint man, starrt der verwirrte Kerl stets an einem vorbei; geistesabwesend und verängstigt – beim Betrachter wird ein mulmiges Gefühl breit, welches vor jedem Ansehen eintritt und schon mal wunderbar auf den depressiven Grundton des Werkes einstimmt.

Komplett in stark kontrastreichem Schwarz/Weiß gedreht, besticht der Film von Anfang an durch seine einzigartige Optik und deren fesselnde Wirkung. Selten sieht man so ein interessantes Schwarz/Weiß-Bild wie hier, noch dazu ist die Setgestaltung und Ausarbeitung perfekt ausgetüftelt worden, um mit dieser Farbgebung die nötige Detailschärfe und eine hervorragende Bildtiefe zu erreichen. David Lynch merkt man einfach sein riesiges künstlerisches Talent als Maler an. Er hat ganz eigene und so wunderbare Ideen von der Optik seiner Filme und die fast pingelige Herangehensweise, welche laut Beteiligten am Set nicht selten in Wutausbrüchen endete, unterschreibt nur seine exakte Vorstellung. Ebenso wird durch diese Farbe die Tristesse und Eintönigkeit der dreckigen Stadt vermittelt. Nahezu kompositorisch wirkt das Gezeigte und verblüfft immer stärker, wenn man bedenkt, dass dieses geniale Machwerk schon 1977 entstanden ist. In Farbe hätte der Film schlichtweg nicht funktioniert, da diese verzaubernde Ausstrahlung dieses Traumartigen Gebildes eben erst besonders durch die besprochene Farbgebung seine Mystik erlangt.

Doch es ist nicht nur die Optik, die einen Bruch der damaligen Filmstandards darstellt, sondern es ist hauptsächlich die radikale Akustik, der Lynch bei diesem Film, wie allen seiner Werke, extreme Bedeutsamkeit zuspricht. Doch selbst im direkten Vergleich hebt sich „Eraserhead“ merklich von seinen anderen Filmen ab – hier gibt es keinen Soundtrack mit komponierten Stücken oder gar Liedern – hier besticht eine Geräuschkulisse. Eine Audiospur voller Effekte, Eindrücke und Geräusche, die pedantisch von Lynch und Alan R. Splet ausgetüftelt wurde, um die beabsichtigten Eindrücke und Wirkungen zu stilisieren bzw. verstärken. Das Mechanische, Industrialisierte und Präzise der Umgebung, des Arbeitsplatzes, der Lebenseinstellung wird durch entsprechende Geräusche ausgedrückt und bricht immer wieder in das von Henry Spencer ein. Obwohl kaum Dialoge vorhanden sind, ist es nie still –man kann permanent Töne wahrnehmen, die auf den ganzen Film verteilt sind und einen eigenen Charakter entwickeln. Durch diese Entwicklung werden Inhalte übermittelt, Gefühle ausgedrückt oder Umstände verdeutlicht.

Der pessimistische Grundton wird verstärkt und lässt Unbehagen wach werden. Anekdoten besagen, dass Lynch einen unhörbaren Ton, von extrem tiefer Frequenz über den Film gelegt hat, welcher somit das Unbehagen und die traumatische Wirkung auslöst. Ob Lynch es so gemacht hat ist nicht sicher, die Wirkung beim Zuschauer wird aber definitiv erreicht. Die Tonspur ist ein eigener „Film“ für sich, was aber keinesfalls heißen soll, sie würde sich nicht mit den Bildern ergänzen oder zusammen passen. Im Gegenteil, dieser Ozean aus akustischen Eindrücken schwappt über den Betrachter bzw. Zuhörer, zieht ihn wie ein Strudel auf den tiefsten Grund und lässt ihn erst wieder beim Abspann auftauchen um sich nach diesem Erlebnis erst einmal wieder zu finden.

Genial, wie „Eraserhead“ funktioniert, da man sich einerseits den Film einfach ansehen kann, man lässt sich verzaubern, verwundern ohne dass man einen tieferen Sinn sucht oder man probiert andererseits die Bilder zu entschlüsseln und ihre Aussage zu finden. Doch jeder Filmfan, der sich auch nur ein wenig dem fantastischen Film widmet, wird sich Letzterem hingeben. Jede Sekunde, zu jedem Frame könnte man das Bild einfrieren, daraus ein Poster machen und es ausstellen, da zu jederzeit der von Symbolismus und Metaphorik gespickte Film verschiedenste Dinge ausdrückt. Lynch selber hat einmal bekannt gegeben, dass fast allen Handlungen, Gegenständen, Wörtern etc. mehrfache Bedeutungen zukommen, dadurch wird einmal mehr der fantastische Aspekt des Traumes thematisiert und somit immer weiter ausgeführt.

Doch es ist nicht bloß eine meisterhafte Umsetzung von fiktiven Dingen, übt der Film doch auch massive Kritik an der Gesellschaft, an ihrem scheinheiligen Fassadenbenehmen, den gefühlskalten Vorstellungen von Leben/Zukunft, welches ebenso wie die Arbeit in mechanischer Präzision und Ordnung abzulaufen hat. Weiterhin wird das unterdrückte Individuum, das Ausbruch und Flucht aus dieser toten Welt sucht, eben verkörpert durch Henry, aufgezeigt. Lynch hat diese Aspekte in seinen Film mit eingebaut, um seinem, wie er selbst sagt, „urbanen Albtraum“ Verarbeitung zu schenken. Dies ist aber nicht der einzige Form von Traumata-Verarbeitung, da Henry, ebenso wie Lynch, massive Angst vor der Verantwortungsübernahme einer Familie hat/hatte. Überfordert, ratlos und alleine, sich mit dieser Situation auseinander zusetzen waren fast paranoide Angstzustände David Lynchs und werden durch seine Filmfigur in „Eraserhead“ deutlich.

Dies Alles tritt aber angenehm in den Hintergrund und wird nicht zu einer aufdringlichen Moralpredigt, die zwanghaft Inhalte übermitteln will, es kann nur wunderschön hinein interpretiert werden und ergibt ein immer interessanteres und komplexeres Gesamtbild des Films.

Wie gesagt, diese Themen tauchen im Film auf, werden aber von den mystischen Elementen überschattet. Es bleibt ein Film der von Surrealismus nur so strotzt – teils unerklärlich, auf den ersten Blick unlogisch und doch bezaubernd., komplizierter Symbolismus und virtuose Umsetzung. Lynch spielt mit Bildern, Licht und Eindrücken, was „Eraserhead“ letztendlich zu einem ähnlich faszinierendem Werk wie „Begotten“ werden lässt; wobei „Eraserhead“ immer genialer, besser und künstlerischer bleiben wird. Es ist ein Film zum Träumen, Fürchten und Nachdenken, der sicherlich jedem unvergesslich bleiben wird.

Zuletzt muss auf alle Fälle noch Jack Nance erwähnt werden, der den Henry Spencer im Film verkörpert. Fast keine vorhandenen Dialoge machen es einem Schauspieler nicht einfach, ausdrucksstark und glaubwürdig zu sein – doch Nance schafft dies mit Bravour. Bedrückt und schüchtern schlendert er von zu Hause zur Arbeit, erwartungsvoll und beängstigt besucht er Mary X und ihre Familie, entnervt und dem Wahnsinn nahe entgegnet er dem Baby. Gestik und Mimik werden von ihm bei diesen Handlungen meisterhaft umgesetzt. Dieses Gesicht mit der wohl genialsten Frisur der Filmgeschichte brennt sich in das Hirn des Zuschauers ein und setzt sich dort merklich fest. Eine wahre One-Man-Show, was Nance hier präsentiert, aber er überzeugt auf ganzer Linie und verleiht dem Film seinen Charakter – ohne Nance auch kein Eraserhead.

Verzaubernd, beängstigend, rührend, einmalig, einzigartig, unvergleichbar – diese sechs Wörter beschreiben dass, was „Eraserhead“ ist, ein surreales Meisterwerk in glänzender Optik und stimulierender Akustik. Mitternachtskino in seiner Vollendung vom Altmeister David Lynch, der hiermit sein persönlichstes Werk schuf und es bis heute sein „Baby“ nennt. Um es mit den Worten Paul Taylors auszudrücken: „Eraserhead ist ein Film, den man erfahren statt erklären sollte“.

>> geschrieben von Benjamin Johann

100%
Eraserhead Fan
geschrieben am 15.05.2007 um 18:00 Uhr
Habe mir den Film mal in einem nicht ganz "nüchternen" Zustand angesehen. Phantastisch wie dann die langsamkeit des Hauptdarstellers und das Pech, das ihn verfolgt, zum schreien komisch werden kann.Vielleicht eine ungewöhnliche Meinung, aber ich finde Eraserhead gehört zu den lustigsten Filmen, die ich je gesehen habe.
100%
waagemensch
geschrieben am 18.02.2007 um 22:00 Uhr
Lynch.Was soll man da groß sagen...Er ist rau, er ist abstrakt, er ist bedrückend und verstörend und mit einem Special Effect der bis heute noch nicht ganz gelüftet ist.Lynch hat in seinem Debut direkt aufgetrumpft und ein Werk geschaffen, dass seines Gleichen sucht.Vor allem aber ein Film bei dem man aus dem Deuten nicht mehr rauskommt und in einem tiefen schwarzen Sumpf des interpretierens versinken kann.Noch in 100 Jahren wird es genau so sein das ist nunmal Fakt.Wer Fan von künstlerisch anspruchsvollen Filmen ist sollte ihn sich ansehen und auf sich wirken lassen und wer ganz aufmerksam ist wird erkennen, dass sehr viele der Elemente wieder und wieder in anderen Lynch Filmen auftauchen.Ganz großes Kino, dass in Deutschland viel zu unpopulär ist ... was anderer Seits vielleicht auch ganz gut so ist.So oder so ist der Film erste Klasse.
70%
Justin Case
geschrieben am 01.09.2006 um 12:00 Uhr
natürlich muss man ihn sehen..es ist Lynch....
70%
Reiner
geschrieben am 30.08.2006 um 20:00 Uhr
Habe den Film gesehen und die Uncut Version auf DvD. Finde in aber nich zum gruseln. Lohnt sich aber auf jeden fall ihn mal gesehen zu haben.
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