Moviebase Death Proof - Todsicher
„Kill Bill Vol. 1“, „Kill Bill Vol. 2”, “Reservoir Dogs”, “Pulp Fiction”, “Jackie Brown”, “Four Rooms” – all diese Filme gehen auf das Konto eines Regisseurs. Den Namen dürfte nahezu jeder kennen, für alle Nichtwissenden schreibe ich ihn aber gerne noch einmal auf: Quentin Tarantino. Seine Werke gelten als Kult, seine Regiearbeit als einzigartig. Nun tat er sich mit seinem Kumpel Robert Rodriguez zusammen, um das Projekt „Grindhouse“ zu realisieren. Zwei Filme in einem, als Hommage an die Schmuddel-Streifen aus den 70ern Jahren. „Death Proof“ stellt also den ersten der beiden Teile dar, die hierzulande getrennt voneinander und ohne die Fake-Trailer von unter anderem Eli Roth in die Lichtspielhäuser kommen. „Death Proof – Todsicher“ markiert einen klasse Auftakt.
Austin, Texas: Die heiße Jungle Julia (Sydney Tamiia Poitier) will mit ihren nicht minder attraktiven Freundinnen Arlene (Vanessa Ferlito) und Shanna (Jordan Ladd) das Wochenende verbringen – ohne verbindlichen Männeranhang. Einen zusätzlichen Kick verspricht Julias kühne Aktion: Die Radiomoderatorin hatte in ihrer Sendung angekündigt, dass der erste Mann, der ihre Freundin Arlene, alias Butterfly, ausfindig macht und ihr ein bestimmtes Gedicht exakt rezitiert, einen Lapdance von der Schönheit erhalten werde. Allerdings ist Butterfly in die Nummer nicht eingeweiht und zunächst wenig begeistert. Julia sieht es eher als Chance für die Gruppe, Männer aufzureißen. Doch manchmal ist der Teufel ein Eichhörnchen. Der erste Bewerber um den lukrativen Lapdance ist der äußerst eigenwillige Stuntman Mike (Kurt Russell). Er hängt in derselben Bar am Tresen bei Wasser und Virgin Margaritas ab. Eine furchteinflößende Gesichtsnarbe hat den Haudegen entstellt, was Arlene trotz reichlich Alkohol im Blut deutliches Unbehagen bereitet, als Stuntman Mike das Versprechen eingelöst haben will. Dass der höfliche Gentleman der alten Schule auch ganz anders kann, muss wenig später dessen Tresenbekanntschaft Pam (Rose McGowan) erfahren. Sie ahnt nicht, dass der Gang in Stuntman Mikes Dodge Charger ihr letzter sein wird. Stuntman Mike ist ein durchgedrehter Serienkiller, der sich alsbald auf die Verfolgung des Damentrios macht... 14 Monate später heftet sich der Psychopath in Lebanon, Tennessee, an die Fersen eines weiteren Frauengespanns. Doch Kim (Tracie Toms), Zoe (Zoe Bell), Abernathy (Rosario Dawson) und Lee (Mary Elizabeth Winstead) sind selbst Früchtchen, die Stuntman Mike besser nicht unterschätzt hätte...
Schon der Vorspann macht klar, dass es sich bei „Death Proof“ um ein etwas anderes Kinovergnügen handelt. Schriftzüge, die in Zeiten von digitaler Tricktechnik wohl als asbachuralt abgestempelt werden können, flackern da über die Leinwand. Saß man so wie ich in einer Sneak, wunderte man sich schon, was denn da nun auf den Zuschauer losgelassen wird. Erste Unruhe macht sich breit, dann taucht auch noch ein kleiner blauer Tiger als Zeichentricktierchen auf. Darunter die Ankündigung: „Wir präsentieren den Hauptfilm“. Keine Frage: Tarantino weiß, wie man es macht. Auch der nachfolgende Satz „Dieser Film ist altersbeschränkt“ sorgte für viele Lacher. Und dann ging’s los.
Rockige Musik, wie man sie aus Tarantino Streifen gewohnt ist und mit Kurt Russell eine perfekt besetzte Hauptrolle. Beginnend mit einer langen Autofahrt, die Dialoge beinhaltet, die so sinnlos und unnütz, aber für den Film doch so herrlich und wichtig sind, landen wir in einer Bar. Niemand geringeres als Folter-Regisseur Eli Roth begnügt sich dort mit den eben kennen gelernten Mädels, und Tarantino himself schenkt am Tresen die Hochprozentigen aus. Tarantino legte wieder einmal Wert auf Unterhaltungen, die in ihrer Langatmigkeit und eigentlichen Belanglosigkeit sehr amüsant sind. Russell als Stuntman Mike hätte nicht besser besetzt werden können und auch den jungen Gören kauft man ihre Lebenseinstellung sofort ab. Natürlich wird auch auf prickelnde Erotik nicht verzichtet. Da dürfte der Lapdance nicht nur Stuntman Mike gehörig einheizen, doch urplötzlich folgt ein völlig verwirrender Schnitt, der selbstverständlich beabsichtigt ist.
Auch dieses Stilmittel verunsicherte das Kinopublikum immens. Sind die immer fort auftauchenden Streifen beabsichtigt oder nicht? Warum sind viele Schnitte unfassbar laut und „unrund“? Wieso hakt der Film an manchen Stellen wie eine alte Schallplatte und zeigt Szenen mehrfach? Während die ersten Zuschauer sich beim Kinobetreiber beschwerten, wussten Tarantino-Kenner schon lange: Alles nur Show. Und genau das macht eigentlich auch „Death Proof“ so wunderbar.
Im zweiten Abschnitt folgen wir einer weiteren Mädchengruppe ins Verderben. Unser Stuntman lauert schon an einer Tankstelle und schwupps! da ist die Farbe weg. Auf einmal alles nur noch schwarz-weiß. Tarantino-Kenner jubeln, der Rest geht. Und diese schwarz-weiß-Einstellung setzt genau an der richtigen Stelle ein und wird im richtigen Moment aufgelöst. Wer es nicht bereits schon vorher beim Ertönen der Handymelodie einer der Frauen erahnte, hat jetzt Gewissheit: „Kill Bill“ ist auch in „Death Proof“ mit dabei.
Eine lange, ungeschnittene Café-Sequenz weckt Erinnerungen an Tarantinos Meisterwerk „Reservoir Dogs“ und der Showdown stellt sich als wahres Fest heraus. Das Ende allerdings kommt dann wieder so abrupt, dass man sich fragt: War’s das jetzt? Der Tritt in Russells Gesicht bestätigt: Ende. Nach 110 wahnsinnigen, irrwitzigen und intelligent-amüsanten Minuten endet Tarantinos todsicherer nächster Kultfilm.
Neben all der Action und den Tarantino-Styles kommen in einer viermal gezeigten Szene auch noch die Splatterfans auf ihre Kosten. Dieser ungewöhnliche Mix aus altem Grindhouse-Kino und aktuellen Bildern sowie eine hauchdünne, aber hervorragend umgesetzte Story, sorgen für einen ultimativen Kinobesuch, den man nicht missen sollte. „Death Proof“ stellt Tarantinos Stärke, außergewöhnlich gute Filme zu drehen, erneut unter Beweis. Ansehen.
>> verfasst von Janosch Leuffen