Moviebase Slaughter
Immer wenn man denkt, das Cover einer Horror-DVD könnte einfach nicht mehr geschmackloser ausfallen, wird der geneigte Käufer auch schon eines Besseren belehrt. Neuester Tiefpunkt: Das deutsche Motiv des amerikanischen B-Filmchens ″Slaughter″, auf dem zwei Schweine einer nackten Frau die Brüste abfressen. Selbstverständlich hat diese widerliche Szene rein gar nichts mit dem vorliegenden Film zu tun, den es gibt keine annähernd ähnliche Stelle in ″Slaughter″. Ob das nun gut oder schlecht ist, muss wohl jeder für sich entscheiden.
″Slaughter″ entstammt der us-amerikanischen Horrorschmiede After Dark, die für ihre solide inszenierten Outputs bekannt sein dürfte. Wie so viele aktuelle Ableger greift auch Stewart Hopewells Film das beliebte Backwoods-Szenario auf, variiert die gängige Formel aber glücklicherweise einigermaßen. So sieht sich der Zuschauer ausnahmsweise einmal nicht mit einer Gruppe von dümmlichen und saufenden Teenies konfrontiert, die in der Provinz ihr blutiges Ende finden. Stattdessen wird sogar so etwas wie eine glaubwürdige Hauptfigur etabliert: Faith, die nach der Trennung von ihrem gewalttätigen Freund ein neues Leben in einer anderen Stadt beginnen möchte. Dort trifft sie schon bald auf die sympathische, wenn auch mysteriöse Lola, die mit ihrem Vater und ihren Brüdern auf einer einsamen Farm lebt. Kurz darauf geschehen merkwürdige Dinge: Menschen verschwinden und Faith hegt den Verdacht, dass im Schlachthaus der Farm nicht nur Schweine zerteilt werden...
Zugegeben: Auch ″Slaughter″ erfindet das Rad nicht neu, aber besonders durch den für Genreverhältnisse ungewöhnlichen Einstieg setzt sich der Film angenehm von unzähligen anderen Konkurrenten ab. Spätestens nach der erstaunlich ruhigen ersten Hälfte verfällt aber auch Hopewells Werk schließlich in gewohnte Bahnen, und das als große Überraschung präsentierte Finale zeichnet sich schon früh relativ deutlich ab. Unkonventionell muten allerdings die sparsam verwendeten Gewaltdarstellungen an, ganz anders, als es das unsägliche Cover vermuten ließe. So finden sich in ″Slaughter″ keine unerträglich ausgewalzten, selbstzweckhaften Folterszenen – nur eine äußerst unangenehme Zahnbehandlung, die sich für den Verlauf der Story aber als ausgesprochen wichtig erweist.
Formell betrachtet fügt sich ″Slaughter″ passend in die bisherigen Veröffentlichungen von After Dark ein: Ein solide inszenierter Film, an dem es rein technisch nichts auszusetzen gibt. Positiv fallen vor allem Kameraführung und Schnitt auf, die den Kontrast zwischen Faiths städtischer und Lolas ländlicher Welt gekonnt visuell unterstreichen. Den gleichen Effekt erzielt der sorgfältig zusammengestellte Soundtrack, der zwischen Hillbilly-Country und treibendem Elektro-Rock changiert. Schade, dass man ähnliche Sorgfalt nicht auch beim Casting hat walten lassen. Hauptfigur Faith wurde mit Amy Shiels gut besetzt, in vielen andere Rollen stümpern sich aber scheinbar Laiendarsteller durch das Script. Am deutlichsten wird das spätestens wenn schließlich Faiths prügelnder Ex-Freund Jimmy (Vance Daniels) in das Geschehen tritt: Gefährlich oder bedrohlich wirkt dessen Overacting zu keiner Sekunde, höchstens lächerlich.
Man merkt ″Slaughter″ an, dass sich Regisseur Hopewell nicht in die Schublade ″Backwood Horror″ stecken lassen wollte und versucht hat, überraschende Wege einzuschlagen. Das gelingt ihm allerdings nur teilweise. So ist es durchaus lobenswert, dass der Film dem Zuschauer die Auflösung nicht komplett vorkaut, sondern einige Fäden offen lässt. Leider ist die eher simple Story für solche Versuche nicht besonders gut geeignet, weswegen die Motivationen der Figuren oftmals undurchsichtig und konstruiert erscheinen. ″Slaughter″ ist viel mehr grundsolides Drama als Horrorfilm, und hat mit den reißerischen Bildern des Covers zum Glück rein gar nichts gemein – ist allerdings auch streckenweise reichlich langweilig.
>> verfasst von Tim Lindemann