Moviebase Hush
Dass guter Horror zunehmend aus Großbritannien kommt, ist schon lange kein Geheimnis mehr. „The Descent“ lehrte uns in einer Höhle das Fürchten, Mark Tonderai setzt bei HUSH eher auf altbewährte Mittel und schickt uns mit einem Pärchen durch die Nacht, vorbei an Rastplätzen und Tankstellen. Die Orte, an denen es des Nachts durchaus unheimlich werden kann, sollen in HUSH für Angst und Schrecken beim Zuschauer sorgen. Ein ausgelaugtes Thema? Gut möglich, denn auch Tonderai kreiert hier nichts Neues, sorgt dank guter Kamera und einer von der ersten Sekunde an aufrechten Spannung aber für ein, wenn nicht sogar das Horror-Highlight beim Fantasy Filmfest 2008.
Das üble Szenario beginnt dabei tatsächlich gar nicht so ungewöhnlich. Zakes fährt mit seiner Freundin Beth durch die verregnete Nacht. Sein Job: Plakatierer. Von Raststätte zu Raststätte muss Zakes hetzen, um Plakate für ein neues Automobil aufzuhängen. Seiner Freundin schmeckt das gar nicht und so entsteht im Auto bald ein Streit über die Beziehung. Was harmlos beginnt endet in einem richtigen Zoff, bei dem selbst Kleinigkeiten aus der Vergangenheit für Ausraster sorgen. Inmitten dem ganzen Trouble springt beim voraus fahrenden LKW auf einmal die Heckklappe hoch und entblößt für kurze Zeit einen Käfig mit samt einer nackten um Hilfe schreienden Frau. Alles Einbildung aufgrund von Übermüdung oder doch Realität? Zakes ist sich jedenfalls sicher: Hier stimmt was nicht! Wie im Wahn nimmt er die Fährte auf und verfolgt den Truck, um dem Gesehenen auf die Spur zu kommen. An einem Rasthof macht das Pärchen den LKW ausfindig. Doch das ist Beth zu viel. Völlig frustriert sucht sie Trost bei ihrem Ex-Freund, ruft ihn an – und ist kurz danach wie vom Erdboden verschluckt. Nun hat Zakes zwei Optionen: Erledigt er seinen Job und fährt wie gewohnt heim oder begibt er sich auf die Suche nach den vermeidlichen Tätern und somit seiner Noch-Freundin…?
Was HUSH ausmacht ist sicherlich keine bis ins kleinste Details gezeichnete Handlung. In erster Linie ist es die undurchdringliche Atmosphäre, die aufgrund einer hervorragenden Kameraführung entstehen kann. Wo andere Genrevertreter mit stumpfer Effekthascherei, lauter Musik, die den nächsten Schrecken schon vorweg nimmt, und fürchterlich kreischenden Teeniemädels versagen, punktet Tonderais Werk satt. Zwar bewegt sich die Kamera nahezu in jeder Szene, doch finden wir uns in einem authentischen, weil nicht aufgesetzten und ruhigen, dadurch immens fesselnden Horror-Thriller wieder. Die Stimmung der Nacht, der prasselnde Regen, die sicheren und doch unsicheren Bistros - all das wird in perfekten Bildern zelebriert. Die Unschärfen werden an passenden Punkten gesetzt, die Bedrohung ist allgegenwärtig. Wie ein gut fotografierter Horrortrip aussehen kann, zeigt HUSH.
Einen überaus wichtigen Faktor nimmt zudem der Score ein. Er pumpt das Adrenalin, welches durch das Schauspiel und die Optik bereits überaus hoch liegt, nochmals ganzes Stück gen Himmel. Rockige, verzerrte Gitarre und stampfende Drums machen die Nacht zum Albtraum. Ins Gesamtbild fügen sich dann auch die Leistungen von Will Ash und Christine Bottomley ein, die den Streit im Auto überzeugend an den Zuschauer bringen. Bottomleys Charakter wurde dem Zuseher zuliebe nicht als nerviges und vollbusiges Teeniegirl, das wie üblich nahezu immerwährend schreien oder weinen muss, kreiert. Die beiden Hauptfiguren in HUSH wirken erwachsener und dadurch menschlicher. Wer möchte da nicht wissen, welches Schicksal Plakatierer Zakes gerade widerfahren ist?
Bei seiner Suche kommt Zakes nach geraumer Zeit, Hartnäckigkeit und Glück vorausgesetzt, auf die richtige Spur. Elemente, die in anderen Filmen einen typischen „Wie kann man nur so doof sein?“ - Effekt auslösen würden, umgeht Tonderai gekonnt, indem er die sicher geglaubte Dummheit als irrtümlich aufzeigt. Denn Zakes ist ganz und gar nicht auf den Mund gefallen, weiß sich durchaus selbst zu helfen - zur Freude des Publikums. Natürlich gibt es auch in HUSH den ein oder anderen Moment, der die Frage aufwirft: An dieser Stelle hätte ich sicher anders gehandelt. Im Gesamten erweist sich der Film als überraschend stilsicher, behält Spannung und Atmosphäre bis zum finalen Showdown aufrecht und zieht den Zuschauer so in seinen Bann. Genau das wünscht man sich von einem modernen und Nerven aufreibenden Horror-Thriller. England zeigt uns, wie es richtig geht.
An dieser Stelle sei angeraten, beim Ablauf der Credits nicht sofort aus dem Sessel aufzuspringen und das Weite zu suchen. Nachhaltig brennt sich HUSH zwar nicht in den Kopf ein, nach Bekanntgabe von Cast und Crew folgt jedoch eine wichtige Sequenz, die Teile des Films verständlicher miteinander verknüpfen.
HUSH ist kurzweiliges und spannendes Horrorkino, bei dem das Erscheinungsbild stimmt. Wer einen atmosphärisch dichten und optisch ansprechenden Film für den nächsten Nervenabend sucht, darf bei HUSH getrost zugreifen.
>> verfasst von Janosch Leuffen