Moviebase Hellboy 2: Die goldene Armee
Um eine Frage gleich vorab zu klären, die Fans des „Hellboy“-Franchise womöglich umtreiben könnte: Ja, es sieht gewaltig danach aus, als ob es auch nach „Hellboy 2 - Die Goldene Armee“ noch weitere Filme mit dem knarzigen Teufelskind geben werde. Regisseur Guillermo del Toro hat sich da so eine oder, genauer gesagt, mindestens zwei Ansatzpunkte gelassen, an denen eine Fortsetzung anschließen könnte und die noch sehr, sehr ausbaufähig sind.
Wie sollte es aber auch anders sein. „Hellboy“ ist diesem Mann offenbar eine Herzensangelegenheit. Es gäbe gewiss prestigeträchtigere und ehrwürdigere Projekte für den Macher eines oscarprämierten Films als die Fortsetzung einer eher mittelmäßig erfolgreichen Comicverfilmung - mithin also ein Projekt, das zunächst einmal weder ästhetische Meriten einzubringen verspricht noch auf Lob durch die ernsthafte Filmkritik hoffen kann. Aber del Toro ist ein Filmemacher, für den die Grenzen zwischen High Culture und Low Culture schon immer nicht allzu viel Bedeutung hatten. Der Mann ist bekannt geworden durch seine kleinen Independent-Filme, allen voran „Cronos“ und „The Devil’s Backbone“, aber schon dazwischen hat er in Hollywood „Mimic“ gedreht, einen zugegebenermaßen ziemlich verunglückten Monsterfilm.
Mit „Blade II“ und schließlich „Hellboy“ hatte er Anfang der 2000er-Jahre dann seinen Durchbruch im Big-Budget-Kino - und nutzte die Gelegenheit und das verdiente Geld, um ganz in Ruhe „Pans Labyrinth“ zu drehen, der dann neben vielen anderen Preisen auch drei Oscars einheimste. Natürlich sind die „Hellboy“-Streifen ganz andere Filme als „Pans Labyrinth“ - lauter, wuchtiger, einfacher gestrickt -, aber wie sehr dieser Regisseur alle seine Filme in seinem ganz persönlichen Universum ansiedelt, ist sofort an den immer wiederkehrenden Themen und Motiven ersichtlich: den feuchten Kellern und Kanälen, durch die die Protagonisten krabbeln, laufen und flüchten, die Gänge der U-Bahn von New York (wie ja auch schon in „Mimic“) - alles dunkle Wege zu geheimnisvollen Orten.
Mit Licht und Schatten spielt del Toro gerne, und so wie in manchen seiner Einstellungen sich die Konturen des Geschehens nur vage abzeichnen, so unklar sind auch die Grenzen von Gut und Böse zuweilen. Das Gute zu wollen, das Böse dabei zu erschaffen: Solche grundlegenden Paradoxien beschäftigen den Filmemacher del Toro, und selbst wenn er für den Hollywood-Mainstream dreht wie bei „Hellboy“ ist davon doch noch einiges zu spüren. Gut und Böse sind hier die Zwillingsgeschwister Nuala (Anna Walton) und Nuada (Luke Goss), Prinzessin und Prinz eines Elfenvolkes; Nuada will sich nicht länger vor den Menschen verstecken und sie stattdessen mit der Goldenen Armee bekämpfen, einer riesigen Horde von Kampfmaschinen, die sein Vater Balor einst bauen ließ - um sie wieder stilllegen zu lassen, nachdem sie ihr erstes, fürchterliches Blutbad angerichtet hatten.
Natürlich hat Nuada einige dunkle Kreaturen um sich versammelt, so dass seine Aktivitäten alsbald Hellboy (Ron Perlman) und seine Kollegen vom „Bureau for Paranormal Research and Defence“ (BPRD) auf den Plan rufen, die sich dann mit fiesen Riesenpflanzen, gefräßigen Tooth Fairies und schließlich natürlich der Goldenen Armee herumschlagen müssen. Auf die unglaubliche Vielfalt von Kreaturen, die Del Toro für „Hellboy 2“ entwickeln ließ, muß man kaum noch hinweisen - keine Berichterstattung über den Film kommt ohne den Hinweis auf die phantastischen Szenen auf dem „Troll Market“ und über das seltsame Köpfchen aus, das aus einem Wesen herauswächst und selbstbewusst proklamiert: „I’m not a baby, I’m a tumor!“ Die Ähnlichkeit vieler dieser Kreaturen zu den Feen und Monstren aus „Pans Labyrinth“ ist hier gelegentlich besonders deutlich, wird von del Toro aber auch nicht geleugnet, im Gegenteil.
„Hellboy 2“ ist gleichwohl viel leichteres Konsumkino als del Toros vorheriger Film; es gibt leichte Momente wie das etwas schräge Duo von Abe und Hellboy zu Barry Manilows „Can’t Smile Without You“, und auch Hellboys neuer Vorgesetzter Johann Krauss - der Mann ist ein Ektoplasma mit deutsch-knarriger Zackigkeit - ist weniger ein echter Gegenpart als vielmehr Comic Relief. Trotzdem strahlt der Film weitaus größeren Ideenreichtum aus als die meisten Comicverfilmungen von sich behaupten können. Del Toro spielt nicht nur mit seiner Begeisterung für Mechanik wie Mythen, die er hier sehr eklektisch, aber sehr wirkungsvoll zusammenwirft, er spielt auch damit, wie untrennbar Gut und Böse miteinander verbunden sind, und baut als Geschichte am Rand noch eine Auseinandersetzung darüber ein, wie sehr unsere westlichen Gesellschaften auf Fremdartiges zunächst ablehnend reagieren.
Hellboy selbst scheint davon zunächst unberührt zu bleiben; obwohl er selbst dieser Ablehnung ausgesetzt ist, zögert er keinen Moment in seinem Kampf für die Menschheit und gegen Nuada. Aber das könnte, auch da deutet der Film etwas an, sich noch ändern.
>> verfasst von Rochus Wolff