Das war 2017 – Die besten Horrorfilme & Genretitel des Jahres

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Genre bewegt sich zwischen entgegengesetzten Polen: Wiederholung und Evolution. Beide werden benötigt, um eine künstlerische Gattung überhaupt sichtbar werden zu lassen; ohne Wiederholung keine Wiedererkennung, ohne Evolution keine zeitgenössische Relevanz. In schlechten Zeiten überwiegt die Wiederholung und das Genre macht sich selbst überflüssig; es wird nicht mehr benötigt, um ein bestimmtes Problem, eine Grundfrage zu erörtern. In guten Zeiten aber überwiegt die Evolution und der vermeintlich enge Rahmen öffnet sich. 2017 hat gezeigt: Ganz besonders das Horrorgenre durchläuft eine produktive Phase. Selten drangen so viele Perlen aus dem oftmals vom Mainstream belächelten Horrorgehege nach außen, ins Bewusstsein der Allgemeinheit. Das trifft nicht nur auf den Film, sondern auch auf die kaum noch mit dem Begriff „Fernsehen“ zu definierende Serien-Form zu, die wir an dieser Stelle aus Platzgründen ignorieren wollen.

Wie schon einmal festgestellt, hat es das Horrorgenre derzeit leichter als die Science-Fiction; kann ersteres gewissermaßen aus dem Vollen der grassierenden gesellschaftlichen Ängste schöpfen, fällt es zweiterer schwer, heutzutage kühne Zukunftsvisonen zu entwerfen. Viele Sci-Fi-Alpträume und -Hoffnungen sind längst Realität, andere können wir mittlerweile kaum mehr ohne Ironie betrachten – keiner glaubt mehr an fliegende Autos und gutmütige Roboter. Vielleicht verströmt der beste Zukunftsfilm des Jahres darum auch paradoxerweise einen gewissen Hauch von Nostalgie.

Hier nun wie üblich unsere Lieblingsfilme des Jahres. Wir freuen uns auf Eure Kommentare, Kritik und Vorschläge!


The WitchEin Auszug aus unserer Filmkritik:

„Wer sich mit Blick auf die Ereignisse eine originelle Auflösung erhofft, sollte seine Erwartungen etwas herunterschrauben. Wenngleich die Offenbarung den Rassismus-Diskurs um einen interessanten Gedanken erweitert, haftet dem Showdown etwas Plump-Konventionelles an. Erfreulicherweise sucht Peele aber auch im routinierten Exzess nach Überraschungen, die dem Geschehen einen kleinen Dreh geben. Insgesamt zeigt „Get Out“, dessen Anlage im Übrigen an einen Klassiker des satirischen Horrorfilms erinnert, mit seiner Mischung aus beißendem Humor, schleichend-effektivem Grusel und gesellschaftlicher Bestandsaufnahme, wie gutes Horrorkino gestaltet sein muss: nah am Puls der Zeit und weniger konzentriert auf simple Schocks, sondern auf das konkrete Erleben der Hauptfigur.“

Vollkommen zu Recht konnten sich auf Jordan Peeles Durchbruchsfilm Get Out in diesem Jahr fast alle einigen. Die Geschichte eines jungen Afroamerikaners, der mit seiner weißen Freundin die zukünftigen Schwiegereltern besucht, traf einen gesellschaftlichen Nerv und vereinte zugleich alle Zutaten, die einen herausragenden Horrorfilm ausmachen. Wie der Protagonist Chris langsam die grausige Wahrheit hinter der biederen Fassade der wohlhabenden Vorstadtspießer aufdeckt, inszeniert Peele mit großem Geschick und Blick für Details: das leise Klappern eines Teelöffels etwa nimmt plötzlich eine monströse Dimension an. Einflüsse von Genre-Meistern wie Polanski und Carpenter sind dabei offensichtlich.

Get Out ist außerdem mehr als eine Auseinandersetzung mit alltäglichem Rassismus im Gewand eines Horrorfilms; die Botschaft lässt sich hier gewissermaßen nicht vom Genre-Umschlag trennen, wie manch ein Feuilleton-Autor das gern tun würde. Im Gegenteil: Peele beweist, dass Horror sich als Ausdrucksform für drängende soziale Fragen hervorragend eignet und nicht etwa „zweckentfremdet“ werden muss, um ein hochgradig relevantes Statement zu dem unter der glatten Oberfläche brodelndem Hass abzugeben. Dass Get Out zugleich eine enorm unterhaltsame Achterbahnfahrt ist, spricht für Peeles inszenatorisches Talent.

Der Trailer:


The WitchEin Auszug aus unserer Filmkritik:

„Hastig aneinandergeklatschte Wendungen und Actionszenen sucht man in Blade Runner 2049 vergeblich. Stattdessen braut der kanadische Regisseur eine hypnotisch-melancholische Atmosphäre zusammen, die von einem Sounddesign verstärkt wird, das zwischen wuchtig-dröhnenden und schwermütig-traurigen Klängen changiert. Wiederholt verlässt das Drehbuch den Hauptstrang, um die eigenwillige Beziehung zwischen K und seiner virtuellen Partnerin Joi (Ana de Armas, „Knock Knock“) genauer zu ergründen, bei der es sich um eine als Hologramm in Erscheinung tretende Unterhaltungssoftware handelt.“

Regisseur Denis Villeneuve ist mittlerweile Dauergast in diesem Rückblick. Nachdem er 2016 mit dem grandiosen Arrival bereits sein umfassendes Verständnis der Science-Fiction unter Beweis stellte, übertrifft er sich mit diesem Sequel eines Kultfilms noch einmal selbst. Blade Runner 2049 ist nicht nur ein optisch berauschender Trip – jedes beliebige Standbild könnte man sich an die Wand hängen und stundenlang anstarren – im Gegensatz zu den Machern der zahllosen Fortsetzungen, Reboots und Prequels unserer Tage versteht, ach was, lebt und atmet Villeneuve diese einst von Phillip K. Dick und Ridley Scott geschaffene Filmwelt. Vielleicht gibt es keine andere Fortsetzung in der langen Geschichte der Sci-Fi, die ihr Universum so behutsam, so detailverliebt und zugleich so extravagant weiterspinnt. Blockbusterkino für denkende, fühlende Menschen – und darum vermutlich auch ein finanzieller Flop.

Villeneuve spekuliert: „Ich versuche es immer noch zu verdauen“, gesteht der Filmemacher in einem aktuellen Interview. „Ich vermute mal, dass die Leute mit dem Universum einfach nicht vertraut genug waren. Und möglicherweise hat die lange Spielzeit von immerhin 2 Stunden und 44 Minuten ihr Übriges dazu beigetragen. Es ist nach wie vor ein Rätsel für mich. Aber am Ende mache ich Filme nur, ich verkaufe sie nicht.“ Eines ist ihm aber gewiss gelungen: Blade Runner 2049 wird auch noch in den nächsten Jahren nachhallen.

Der Trailer:


The WitchEin Auszug aus dem Inhalt:

Vicki Maloney (Ashleigh Cummings) wird auf offener Straße von einem Paar entführt und gefangen genommen. Schon bald begreift sie, dass ihre einzige Chance auf das eigene Überleben darin besteht, einen Keil zwischen das psychopathische Mörderduo zu treiben und sie gegeneinander auszuspielen.“

Der obligatorische filmische Tiefschlag des Jahres kam 2017 aus Australien. In diesem fiesen, aber dennoch kunstvollen Debüt folgt Nachwuchs-Regisseur Ben Young einer jungen Frau, die in den schrillen Achtziger Jahren von einem Serienkiller-Pärchen entführt wird. Dabei verzichtet er gänzlich auf übermäßige Dramatisierung, Gewaltdarstellung und Klischees und setzt auf eine lakonische, beiläufige Inszenierung der Banalität des Bösen. Ein stimmiges Setdesign, grandioses Casting und nicht zuletzt der kontrastierende, fröhliche Retro-Soundtrack – „Nights in White Satin“ wird man nie wieder mit gleichen Ohren hören können – erzeugen eine abstoßende, zerrüttete Stimmung, die auch nach dem Abspann nicht so schnell wieder verschwinden will…

Der Trailer:


The WitchEin Auszug aus unserer Filmkritik:

Das mit knallig-trashigen Horrorelementen nicht gerade geizende Finale kann man geschmacklos oder auch verachtenswert finden. Bewundern ließe sich jedoch ebenso der Grad der Verstörung, den der Film hier erreicht. Welche Sichtweise er favorisieren soll, weiß der Autor dieser Zeilen auch nach reiflicher Überlegung nicht. Sicher ist bloß, dass es in nächster Zeit nur wenige mit Hollywood-Stars besetzte Filme geben wird, die das Publikum auf ähnlich kompromisslose Weise vor den Kopf stoßen. In diesem Sinne: Viel Spaß beim Grübeln, Aufregen und Diskutieren.

Heilige Mutter Gottes! Diesen apokalyptischen Paukenschlag, diesen Hexensabbat im Spiegelkabinett, diesen morbiden Fiebertraum hätte man von Darren Aronofsky nach seinem merkwürdigen Bibelfilm Noah nicht unbedingt erwartet. Mother! ist kein Film, zu dem man sich distanziert verhalten kann – er zielt direkt in die Eingeweide und provoziert so zwangsläufig eine starke Reaktion, die nicht unbedingt positiv ausfallen muss. Wenn auch kein Horrorfilm per se, ist Aronofskys Film doch von einer Aggressivität und Intensität, die geradezu körperlich wirkt. Ob es dabei inhaltlich nun um das Lieblingsthema des Regisseurs – die Aufopferung für die Kunst – Umweltschutz, Religion oder etwas ganz anderes geht, bleibt wie vieles in diesem Ausnahmefilm offen für Diskussionen.

Der Trailer:


The WitchEin Auszug aus dem Inhalt:

Die 16-jährige Justine will in die Fußstapfen ihrer Familie treten: Sie alle sind Vegetarier und Tierärzte. Doch als sie ihr Studium beginnt, wird sie in eine perverse, gnadenlose und gefährlich verführerische Welt gezerrt. Um dazuzugehören, lässt das Mädchen demütigende Aufnahmerituale über sich ergehen und weicht schnell von den Prinzipien ihrer Familie ab. Sie isst zum ersten Mal rohes Fleisch – mit unerwarteten Konsequenzen. Ihre wahre Natur kommt zum Vorschein und sie entwickelt einen unkontrollierbaren Hunger nach Blut… Nichts für schwache Nerven! „Raw“ ist ein packender Horrorfilm, der auch hartgesottene Fans an ihre Grenzen bringt.“

Eine junge Vegetarierin entdeckt kannibalische Lüste… Was in weniger talentierten Händen entweder zu unerträglichem Trash oder zu peinlichem Klamauk hätte werden können, erweitert die französische Regisseurin Julia Ducournau mit RAW zu einer hippen Mischung aus Coming-Of-Age-Story, stylischer Komödie und magenumdrehendem Bodyhorror. Ein sympathischer, junger Cast und innovative visuelle Ideen erzeugen ein stimmiges Filmuniversum, in das urplötzlich der blanke Horror einbricht. Gerade in diesem Filmjahr, das von den Enthüllungen sexuellen Missbrauchs im Filmgeschäft dominiert wurde, traf dieser Film mit seinem kämpferischen Bild weiblicher Körperlichkeit und Sexualität absolut ins Schwarze.

Der Trailer:


The WitchEin Auszug aus unserer Filmkritik:

Regisseur Ridley Scott hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er die Ideen seiner Nachfolger nicht mag. Aber da Covenant sowie alle noch kommenden Filme allesamt vor dem Original aus dem Jahr 1979 spielen, kann sich doch ein vollkommener evolutionärer Prozess ergeben. Das ist interessant, aber – typisch Prequel – auch nicht wirklich essenziell. Die Umstände kannte man nicht; aber wie die Aliens entstanden sind, ist eigentlich auch nicht relevant und ausschlaggebend. Das macht Alien: Covenant zu einem eigentlich bedeutungslosen Film, der aber zumindest solide und einigermaßen spannend seine Geschichte erzählt.“

Zunächst mal: Alles Gute nachträglich zum 80. Geburtstag, Sir Ridley Scott! Ihre Verdienste im Science-Fiction-Genre sind unbestritten und im Vergleich zu vielen Ihrer Altersgenossen veröffentlichen Sie noch immer in regelmäßigen Abständen überzeugende Blockbuster-Klopper. Dieser unselige sechste Teil des Alien-Franchises aber gehört entschieden nicht in diese Kategorie. Erhoffte man sich dem Titel nach eine Rückkehr zu alten Großtaten und eine Abkehr von den verquasten Wirrungen des Vorgängers Prometheus, wurde man bitter enttäuscht. Im Gegenteil ergeht sich Alien: Covenant noch ausgiebiger in esoterischen Schlenkern und überkomplizierten Plot-Konstrukten. Der unsympathische Android David rückt noch weiter in den Vordergrund, während talentierte SchauspielerInnen wie Katherine Waterston mit ihren Rollen herzlich wenig zu tun bekommen. Gegen ein solch schwaches Drehbuch helfen auch literweise Kunstblut nicht mehr. Lassen Sie die Aliens ruhen, Sir Scott.


The WitchEin Auszug aus dem Inhalt:

Die beiden Eheleute Alejandra (Ruth Ramos) und Ángel (Jesús Meza) stecken in einer tiefen Krise. Als die Situation zwischen den beiden endgültig zu eskalieren droht, geschieht das Unmögliche: Ein Wesen aus einer anderen Welt taucht auf, bringt erotische Lust und Vernichtung und das Leben der beiden vollkommen durcheinander.“

Für Freunde des ausgefallenen, unkategorisierbaren Films führt kein Weg vorbei an Regisseur Amat Escalantes Horror-Drama The Untamed, das in Deutschland bisher leider nur auf Festivals zu sehen war: eine mexikanische Hommage an einen Klassiker des schrägen Films, Possession von Andrzej Zulawski. Auch hier folgen wir einer jungen Frau, die in einer deprimierenden Ehe gefangen ist, auf ihrer bizarren Reise zu sich selbst. Diese vollzieht sich über die sexuelle Beziehung zu einem Wesen, das alles andere als menschlich ist… The Untamed pendelt wüst zwischen klassischem Sozialdrama, Horror und Satire und schafft es so immer wieder zu verunsichern und zu überraschen. Eine wahrhaft mutige, unbequeme Vision, die sich um Erwartungshaltungen und Genregrenzen herzlich wenig schert.


Stephen King war nie wirklich weg. In den letzten beiden Jahrzehnten verging kaum ein längerer Zeitraum ohne Verfilmungen seiner zahlreichen Werke. Doch so geballt und erfolgreich wie 2017 haben wir die schaurigen Schöpfungen des Horror-Altmeisters schon lange nicht mehr präsentiert und aufs Auge gedrückt bekommen. Egal ob im Kino (ES, The Dark Tower) oder dem heimischen Fernseher (The Mist, Gerald’s Game, 1922, Mr. Mercedes) – an Kings Horror-Kosmos führte in diesem Jahr kein Weg vorbei. Dabei schlug besonders ein Ttitel große Wellen: ES und Horror-Clown Pennywise. Schon der Trailer brach alle Rekorde, als er im Frühjahr vorgestellt wurde, und der Kinostart setzte diesen Erfolg nur fort. Mit weltweiten Einnahmen von 700 Millionen Dollar darf Warner Bros. die erste von zwei geplanten Verfilmungen gar als erfolgreichsten Horrorfilm aller Zeiten bezeichnen. Und ein Ende ist noch lange nicht in Sicht!

Durch den Hype um ES sind auch andere Produzenten auf den Geschmack gekommen und werden uns in den nächsten beiden Jahren mit einem stetigen Strom an neuen King-Adaptionen versorgen. Allen voran seien hier Castle Rock, eine Anthologie-Serie basierend auf den unzähligen Figuren und Schöpfungen Kings, und natürlich die kommende Kino-Neuauflage zu Friedhof der Kuscheltiere erwähnt, die sich mit dem 19. April 2019 bereits einen festen Platz im Kinokalender gekrallt hat. Darum kann das Horror-Phänomen des Jahres nur wie folgt lauten: Stephen King!


In diesem Sinne wünschen wir ein besinnliches Weihnachtsfest und ein erholsames Restjahr!

– Euer BlairWitch.de-Team

Geschrieben am 23.12.2017 von Torsten Schrader
Kategorie(n): News



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