Der Name Takashi Shimizu sollte jedem eingefleischten Horrorfan ein Begriff sein - zumindest das US-Remake seines Filmes Ju-On - The Grudge hat man schon einmal gesehen. Kurz nach den Dreharbeiten zu besagtem Remake, bei dem er auch Regie führte, drehte er mit einem Budget von rund 50.000 Euro in wenigen Tagen den Horrorschocker Marebito ab.
Masuoka sieht die Welt vorwiegend durch seine Handycam, was Marebito stark prägt, denn einen großen Teil des Films lässt Takashi Shimizu den Zuschauer die Welt durch die Linse seiner Hauptfigur sehen. Es wird keine Vorgeschichte erzählt, der Streifen beginnt mitten in Masuokas wirren Gedanken; seiner Besessenheit, den wahrhaften, absoluten Schrecken zu finden. Wer die üblichen Schockmomente eines solchen Films erwartet, wird nicht auf seine Kosten kommen, denn Marebito setzt fast ausschließlich auf psychische Verstörung, ohne dabei zu überraschungsarm zu sein. Gewisse Längen weißt der Film dennoch auf, worunter die Spannung besonders in der ersten Stunde zu leiden hat. Gore-Effekte lassen sich an einer Hand abzählen und sind nicht sonderlich brutal; über weite Strecken verzichtet Shimizu komplett auf Gewaltszenen. Dialoge sind ebenso spärlich gesät, man wird überwiegend von Masuokas Gedanken und Erzählungen per Off-Stimme durch den Film geleitet. Ein richtiger Soundtrack ist ebenso wenig vorhanden, stattdessen ist der Film mit reichlich Soundeffekten ausgeschmückt, die die verstörende Atmosphäre unterstreichen sollen. Trotz massigem Handkameraeinsatz zeigen die Bilder eine angenehme Schärfe und die Farbgebung passt sich den jeweiligen Atmosphären gut an.
Zur Handlung ist festzuhalten, dass Figuren und Elemente eingeführt, aber später nicht mehr erwähnt werden, so dass der Zuschauer nie etwas über deren Bedeutung erfährt. Was den ganzen Film über tatsächlich passiert, erfährt man erst kurz vor Ende - oder handelt es sich dabei bloß um Masuokas Phantasie? Diese und etliche weitere Fragen werden dem Zuschauer nicht beantwortet.
Bei einem Film dieser Art fällt es schwer, die schauspielerischen Leistungen der Darsteller angemessen zu beurteilen; menschliche Kontakte, oder gar Zwiegespräche, finden nur sehr selten statt.
Kultregisseur Shinya Tsukamoto spielt authentisch den besessenen, in den Wahnsinn hinübergleitenden Einsamen. Tomomi Miyashita kann in ihrer erst zweiten Filmrolle als unzivilisierte, wie ein wildes Tier gehaltene, aber dennoch attraktive junge Frau ebenfalls überzeugen. Der restliche Cast ist sekundär, lediglich Kazuhiro Nakahara hat noch ein paar erwähnenswerte kurze Auftritte, die dennoch keine wirkliche Beurteilung seiner Darbietung zulassen.
Unglaubwürdig wirkt keiner der Akteure.
Marebito sieht es auf die Psyche des Publikums ab und bleibt bis zum Schluss verwirrend, hat jedoch gewiss seine Längen. Letzten Endes ist der Film nur für Liebhaber asiatischen Horrors empfehlenswert, die auch gerne mal auf Blut verzichten und kein Problem mit Fragen haben, auf die es keine Antwort gibt.
>> geschrieben von Gunter Schneider