Und die Remake-Welle hält weiter an… Diesmal trifft sie „When A Stranger Calls“ aus dem Jahr 1979. In Deutschland trägt das Remake den Titel „Unbekannter Anrufer“. Aber warum werden solche Klassiker und Wegweiser des Psycho-Thrillers erneuert und nicht verschont? Warum dürfen sie nicht einfach Kult bleiben und müssen wieder aufgewärmt werden? Fragen über Fragen, die auch Simon Wests neues Werk über sich ergehen lassen muss…
Jeder, der das Original kennt, ist bestens mit der Geschichte vertraut. Damals hat der Film auch ohne große Geschichte überzeugen können, die Neuverfilmung schafft das nicht.
Es hätte ein ruhiger Job werden können. Gerade hat es sich die High-School-Schülerin Jill (Camilla Belle) als Babysitterin in dem opulent designten Haus eines Arzt-Ehepaares (Kate Jennings Grant und Derek de Lint) gemütlich gemacht. Die Kinder schlafen schon und Jill ist als Babysitterin routiniert. Was sie nicht weiß ist, dass ihr die schrecklichste Nacht ihres Lebens bevorsteht...
Denn schon nach kurzer Zeit klingelt das Telefon. Wieder. Immer wieder. Und schließlich – nachdem Jill anfangs nur den Atem des unbekannten Anrufers gehört hat – stellt er eine ebenso simple wie erschreckende Frage: „Hast du nach den Kindern gesehen?“ Und Jill war klar, dass der Psychopath nicht nur Telefon-Terror verbreiten will, sondern seinen Blutdurst stillen will. Jills Angst steigert sich in nackte Panik. Nach seiner Serie von unheimlichen Anrufen ist der Fremde nämlich heimlich ins Haus eingedrungen. Jill muss nun all ihren Mut und ihre Kraft zusammennehmen, wenn sie diese Nacht überleben und mit heiler Haut aus dem Haus entkommen will…
Schöne Geschichte. Leider nicht ganz. Die Anfangssequenz passt schon irgendwie gar nicht zum Verlauf des Films. Völlig zusammenhanglos wird sie präsentiert und spielt im weiteren Verlauf des Filmes überhaupt keine Rolle mehr. Hier kann man als Zuschauer nur erahnen, was eventuell vom Drehbuchautor Jake Wade Wall („Hitcher“) erreicht werden wollte. Und schwupps – befindet man sich schon im Haus des Arzt-Ehepaares. Die kurz eingeführten Freunde Jills werden nicht weiter beleuchtet, über Jill selber erfährt man wenig: Das sie Babysitterin ist und mit ihrer besten Schulfreundin Tiffany (schwach: Katie Cassidy) eine Krise wegen eines Kusses mit ihrem Freund Bobby (Brian Geraghty) hat. Klingt unheimlich spannend, oder?
Und dann dieses Telefon. Permanent klingelt es, mal ist es die eine Freundin, mal ihr Freund Bobby, der sich einen Scherz erlaubt, dann endlich einmal der geheimnisvolle Fremde, der statt Drohungen aber nur ein müdes Stöhnen für Jill übrig hat. Und schon wieder klingelt das Telefon, wieder eine Schulfreundin, dann mal die Eltern der Kinder und die gehasste Ex-Schulfreundin. Achja, und wieder ein Stöhnen vom Fremden. Spannung? Fehlanzeige. Das Telefon klingelt sooft, dass es nach einiger Zeit nur noch nervt.
Der Film kommt einfach nicht aus den Startlöchern. Die Musik ist hier das einzige Element, welches sehr gut zur Atmosphäre passt und die Spannung ein wenig steigert. Dialoge und Szenen, in denen gesprochen wird, sucht man vergebens, wie denn auch, befindet sich Jill schließlich bis zu einem gewissen Zeitpunkt alleine im Haus. Dann taucht auf einmal die berüchtigte Schulkameradin auf, um die Sache zwischen ihnen zu klären. Mitten in der Nacht? Während des Babysittens? Denkbar schlecht gewählter Zeitpunkt, aber bitte. Die Strafe ist, Teenie-Slasher konform, der Tod. Und wie! Dabei werden die gängigen Horror-Klischees bedient: Autoschlüssel fällt runter, Auto springt nicht an, Baum blockiert den Weg, etc… Und auch im Haus tummelt sich, na wer wohl, ein schwarzer Kater... Aha.
Der Film zieht und zieht sich… Man möchte endlich mal ein „Oha“ oder „Ach du jeh“ ausstoßen, bekommt aber einfach nie die Gelegenheit dazu. Hier und da ähnelt der Film „Scream“, jedoch sind Lacher unvermeidbar. Wenn Jill Angst hat, warum bitteschön rennt sie dann alleine draußen herum, warum nimmt sie die Alarmanlage, die ausgelöst wird, nicht ernst? Man weiß es nicht.
75 Minuten gähnt man sich mit ein, zwei Schockmomentchen durch den Streifen, bis dann, ob man’s glaubt oder nicht, endlich mal der „Fremde“ mit mehr als nur einem unerotischen Stöhnen auftaucht. Man sieht ihn sogar – halbwegs. Tja, und so spät wie er gekommen ist, umso schneller ist er wieder weg. Das Katz- und Mausspiel zwischen Babysitterin und Klingelmännchen dauert gerade mal 15 Minuten, in die dann sämtliche Action-, Schock- und Mordszenen gequetscht wurden. Und der Täter selber scheint auch nicht ganz zu wissen, was er denn nun eigentlich will: Die Kinder oder das Kindermädchen, blutig oder unblutig. Man erfährt es nicht.
Man erfährt auch nicht, warum denn dieser Mann ausgerechnet Jill als Opfer auswählt. Stammt er aus dem Freundeskreis, hat dies alles eine Vorgeschichte? Gute Fragen. Keine Antworten. Und wie soll es anders sein, alles endet gut und harmlos, und der Fiesling ist mal wieder ein typisches Klischee. Mehr wird nicht verraten…
Fazit: Positiv sind die attraktive Schauspielerin, die Atmosphäre und die passende Musik. Negativ ist alles andere. Hier wäre es besser gewesen, man hätte den Klassiker Klassiker sein lassen und nicht so fad schmeckend aufgewärmt. Der Witz an der Sache ist, dass „Unbekannter Anrufer 2“ schon in Planung ist. Also DAS finde ich spannend!
>> geschrieben von Janosch Leuffen