Moviebase Blood Runs Cold
Es gehört schon eine Portion Mut dazu, wenn man einen direkt auf DVD veröffentlichten Genrebeitrag mit den ganz Großen des Horrors vergleicht. Wohlwollend lässt sich darin vielleicht eine gewisse Ironie ausmachen, die im Kontext zum Innenleben steht. Ist das nicht der Fall, wirken die beschriebenen Parallelen eher peinlich. Auch der schwedische Splatter „Blood Runs Cold“ ziert sich mit solchen Vergleichen. Großspurig tönt man auf dem DVD-Rücken von einem „stummen, übermenschlichen Killer in der Tradition der ‚Freitag der 13.‘ und ‚Halloween‘-Filmreihen“. Dass ist nicht nur gegenüber dem ahnungslosen Käufer dreist und frech, sondern vor allem auf ganzer Linie unwahr.
Nach einem recht stressigen Jahr möchte sich die erfolgreiche Sängerin Winona (Hanna Oldenburg) eine Auszeit gönnen und mietet sich deshalb ein Haus, welches etwas versteckt in den Wäldern ihres früheren Heimatortes liegt. Schnell findet die Künstlerin wieder Anschluss an ihre alte Clique und lädt die Gruppe zu sich ein.
Nach einer ausgelassenen Feier müssen die Freunde feststellen, dass sie nicht allein in der eingeschneiten Behausung sind: seltsame Geräusche sind zu hören, die Autos wurden irreparabel geschädigt und ein Mitglied nach dem anderen verschwindet – allerdings nicht spurlos: Blutspritzer dekorieren schon bald die Gänge des Hauses. Doch anstatt sich zu verstecken oder zu fliehen, nimmt Winona den Kampf gegen den Killer auf. Nicht wissend, dass dieser wenig Menschliches an sich trägt…
Was das Werk von Regisseur Sonny Laguna mit den oben genannten Klassikern des Horrorkinos gemeinsam haben will, dürfte sich auch bei mehrmaligem Hinsehen für Kenner nicht erschließen. Weder besticht die Geschichte durch eine düstere Atmosphäre noch durch eine stetig ansteigende Spannung. Und das „Herzstück“ der zitierten Arbeiten, nämlich der Übeltäter selbst, wird so schnell nicht in die Filmgeschichte eingehen. Vielmehr ist das Prozedere zu Genüge bekannte und zudem noch völlig ausgemerzt. Bis auf den unfreiwillig komisch geratenen Killer, der mit seinem Aussehen an eine Kreuzung zwischen der „Hellboy“-Figur Abe Sapien und dem Pickhacke schwingenden Mörder aus „My Bloody Valentine“ erinnert, hebt sich das Dargebotene recht wenig vom üblichen Einheitsbrei ab.
Wie oft waren eine einsame, verwahrloste Hütte im Wald und eine Gruppe von Menschen, die eben genau dort eine Party feiern müssen, Bestandteil von Horrorthrillern? Dazu kommen Schnee (erschwert die Flucht!), knarzende Holzdielen an jeder Ecke (total gruselig!), klappernde Fenster und all diese Faktoren, die zu einem lahmen und uninspirierten Film dazu gehören. Auch der Komponist hat seine Hausaufgaben gemacht und so ertönen bei jeder noch so kleinen Finte panische Geiger. Effektivität sieht anders aus.
Zu Gute halten muss man dem kalten Schwedenexport die ansehnlich fotografierten Bilder. Für einen nur für den DVD-Markt produzieren Film ist die Kameraarbeit gelungen. Freunde von spritzenden Blut können sich zudem auf harte Goreeinlagen freuen – die trotz der FSK-Freigabe ab 16 Jahren heftig ausgefallen sind. Die Darsteller machen ihren Job solide. Mit solch einem Drehbuch ist es schwierig, seinem Charakter Tiefe oder Individualität zu verleihen. In vielen Szenen wird der Zuschauer ungläubig auf das Geschehen blicken und sich die Frage stellen, ob Menschen dermaßen naiv handeln können. Mit einer kaputten Glasflasche gegen einen mit einer Axt bewaffneten unverletzbaren Killer anzutreten ist nicht couragiert, sondern einfach nur dämlich.
Übrigens: Wer hier wann stirbt, ist vollkommen egal. Einen wirklichen Sympathisanten gibt es in der Gruppe eh nicht. Selbstverständlich aber wird es nicht die Hauptfigur sein, die als Erste das Zeitliche segnet. Der maskierte Peiniger dagegen verschwindet genauso schnell und unangekündigt wie er auch erschienen ist. Und genau da liegt der Knackpunkt. Das abrupte Ende des Films wird zwar unkonventionell inszeniert, jedoch ist man danach keinen Deut schlauer. Alle möglichen Erklärungen bleiben uns verwehrt: Woher kommt der übernatürliche Killer? Welches Mordmotiv leitet ihn? Wieso sieht er so aus, wie er aussieht? Und warum zur Hölle hat das morsche Haus keine einzige Toilette? Fragen, die unbeantwortet bleiben. Fragen, die nach den 74 Minuten Laufzeit niemanden mehr interessieren.
>> verfasst von Janosch Leuffen