Moviebase Cheap Thrills
Das Leben als Z-Promi kann manchmal wirklich nerven. Man muss immer zusehen, dass sich die Presse für einen interessiert. Denn tut sie das nicht, bleiben auch die Aufträge aus. Nicht zuletzt aus diesem Grund gibt es TV-Formate wie „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus“ oder zuletzt „Promi Big Brother“. Hier werden mehr oder weniger bekannte Prominente in den australischen Dschungel oder Berliner Container reingesteckt, wenn’s mit der Karriere gerade mal nicht so läuft oder diese schon lange beendet ist. In (meist) ekeligen Prüfungen müssen sich die Möchtegern-Sternchen dann beweisen und können am Ende einen großen Batzen Geld mit nach Hause nehmen. Der Zuschauer spielt den Voyeur, der immer hautnah mit dabei ist.
Das, was uns im besten Fall jede Menge Spaß bereitet, ist für die Kandidaten meist stressiger Ernst. Aus finanziellen Nöten stellen die sich der Öffentlichkeit zur Schau, Peinlichkeiten inbegriffen. Was vor 20 Jahren niemand für möglich gehalten hätte, ist heute fast schon alltäglich. Regie-Neuling E.L. Katz nimmt sich dieser Tatsache in seinem Spielfilmdebüt an. Und auch hier gilt: Was anfangs nach harmlosen Spielchen für ein paar Kröten aussieht, entwickelt sich im Laufe der Zeit zu einem perversen Wettkampf ums Überleben. Und wir, die das Szenario betrachten, fühlen uns ertappt.
Im Mittelpunkt des Geschehens stehen die Freunde Craig (Pat Healy) und Vince (Ethan Embry), die sich zufällig in einer Bar treffen. Craig hat gerade seinen Job verloren und ihm droht darüber hinaus noch der Rauswurf aus der Wohnung, samt Frau und Kindern. Er möchte seinen Frust eigentlich nur in Alkohol ertränken. Doch daraus wird nichts. Denn in der Kneipe werden Violet (Sara Paxton) und Colin (David Koechner aus „Piranha 2“) auf die beiden Männer aufmerksam. Sie bieten ihnen eine Wette an, bei der der Gewinner Geld gewinnt. Craig und Vince denken sich nichts dabei und gehen auf den Deal ein. Doch was nach einem kleinen Spielchen mit schnell verdienter Kohle aussieht, ist in Wahrheit ein perfider Plan des Pärchens.
Wie heißt es so schön: Bei Geld hört die Freundschaft auf. Kein anderer Satz passt besser auf „Cheap Thrills“. Aus zunächst noch lustigen und unterhaltsamen Duellen werden bald gefährliche Mutproben mit drastischen Ergebnissen. Und immer wenn man denkt, dass es jetzt genug sei und einer der beiden doch endlich aufgeben müsste, wird die nächste Runde eingeläutet. Sein großes Geschäft auf dem Wohnzimmerteppich der Nachbarn verrichten oder sich für ein paar tausend Dollar den Finger abhacken lassen – alles ist möglich. Das schmerzt in erster Linie körperlich, je länger das Ganze dauert drückt Katz‘ bitterböses Thrillerdrama aber auch mächtig aufs Gemüt.
Und trotzdem schauen wir weiter zu. Wir wollen wissen, wer von beiden die unmenschlichen Challenges für sich entscheidet. Die meisten Sympathien bekommt Craig, der durch seine Kündigung plötzlich ohne was dasteht. Er muss eine Familie ernähren und lässt sich für Kind und Kegel von Türstehern vermöbeln und zum Sex mit der Gattin des „Spielleiters“ zwingen. Dass er die Hemmschwellen überschreitet und auf die moralisch verwerflichen Angebote eingeht, mag man ihm noch am ehesten verzeihen. Dagegen hegt Vince einfach Lust daran, seinen ehemaligen Schulfreund leiden zu sehen und ihm das Leben schwer zu machen. Ein Arschloch, wie es im Buche steht. Jede seiner Niederlagen freut uns.
Was Violet und Colin angeht: Sie stehen stellvertretend für den Zuschauer. Allein aus Langeweile geben sie den Jungs immer neue, abstrusere Aufgaben und erfreuen sich an deren Scheitern. Das Paar hat Geld wie Heu, eine grandiose Wohnung und muss sich um seine Zukunft keine Sorgen machen. Ein denkwürdiges Bild, das die Drehbuchautoren David Chirchirillo und Trent Haaga zeichnen: Die, denen es gutgeht, benutzen die Schwachen, um sich zu vergnügen. Spaß auf Kosten anderer? Gerne, aber den lassen wir uns dann auch was kosten.
„Cheap Thrills“ ist ein von pechschwarzem Humor durchzogenes Ensemblestück, in dem viel Wahres steckt. Katz‘ Erstlingswerk ist eine ungeschönte Parabel auf die heutige Gesellschaft. Craig und Vince stehen für eine Schicht, die um jeden Cent kämpfen muss und dafür einfach alles tut, sei es noch so würdelos. Dagegen schauen Violet und Colin von oben auf die armen Schlucker herab und verspotten sie. Bis zum bitteren Schluss zieht sich die Scham-Schraube immer weiter zu. Entkommen kann man ihr nicht.
Fazit: „Cheap Thrills“ liefert in drastischen Bildern einen kritischen Blick auf die heutige Gesellschaft, in der Geld alles zu sein scheint. Kompromisslos, fies und schonungslos – dieses Regiedebüt brennt sich in den Kopf.
>> verfasst von Janosch Leuffen