"It was beauty that killed the beast"
Während die deutsche Übersetzung dieses legendären Zitates im 1933er Original mit "Der hat das Mädel zu sehr geliebt" relativ grob ausfiel, schlich sich am gestrigen Abend endlich eine sinngemäße und nahezu wörtliche Übersetzung in mein Ohr: "Schönheit hat das Biest getötet". Dies waren die abschließenden Worte des Filmes, die nach 3 Stunden an imposanten Bildern Jack Blacks (alias Carl Denham) Mund verließen.
Doch fangen wir von Vorne an. Wenn eine Kinoreview an einem 15. Dezember 2005 verfasst wird, kann man zu nahezu 99% davon ausgehen, dass sie von King Kong handelt - und herzlichen Glückwunsch, auch in diesem Fall liegt ihr richtig! Peter Jacksons Remake des Klassikers "King Kong und die weiße Frau" fand am 14. Dezember endlich seinen Weg in die Lichtspielhäuser der Welt. Da letztes Jahr ja leider kein (uns eigentlich schon ans Herz gewachsener) neuer Teil von "Herr Der Ringe" zur Weihnachtszeit geboten wurde, hatte Jackson gleich 2 Jahre Kinospektakel abzudecken. Nun ja, dass die Erwartungen erfüllt werden, war ja abzusehen. Diese ohnehin schon hohen Erwartungen aber noch zu übertreffen, das haben die Wenigsten geahnt.
Wir schreiben Mittwoch, den 14. Dezember 2005.
20:00 Wenn ich bedenke, das es sich um eine 20:00 Vorstellung vom teuersten Film aller Zeiten an seinem Starttag handelt, dann war das Kino wirklich "leer". Nur knapp ein Viertel der Sitzplätze im Saal waren gefüllt. Aber gut, in diesem Fall ging es ja auch darum was sich auf, und nicht vor der Leinwand abspielt.
20:45 Endlich! Die Werbung ist vorbei! Das waren ja fast schon Werbespotfluten wie bei MTV. Nun gut, wenigstens wurde das Publikum von Klingeltönen und Logos verschont. Trailermäßig hingegen wurde einiges geboten, denn sowohl Jarhead, als auch Mission Impossible 3, München und The DaVinci Code ließen auf ein Spannendes Kinojahr 2006 hoffen. Im 30er Jahre Stil bahnte sich dann der Vorspann auf die Leinwand. KING KONG stand in meterhohen, schwarzen Buchstaben auf der 200 m² Leinwand, dazu antike Universal-Musik. Wären die Kinobesucher mit Melone und Gehstock ausgestattet gewesen, hätte man sich wirklich fast wie 70 Jahre in der Zeit zurück versetzt gefühlt. "Wenn der Jackson es schafft, diese Authenzität in einen zeitgemäßen Film zu übertragen, wird das Ding Kult", war der Gedanke, der sich zu diesem Zeitpunkt in meinem Kopf formte. Here we go...
23:40 Das Licht ging an, Zeit für den Abspann. Und ich erfuhr wieder einmal die Bestätigung: sobald DIRECTED BY PETER JACKSON auf der Leinwand erscheint, weiß man einfach, in den letztern hundert-so-und-so-viel Minuten ein Meisterwerk gesehen zu haben. Man sitzt im Kinosessel, und das einzige, was man mit dem soeben Erlebten noch assoziieren kann, ist ein W O W! Dabei wurden teils richtige Zweifel gehegt, denn eine FSK 12 ließ den einen oder anderen Kenner des Filmes und des Regisseurs auf eine doch sehr Kindesgerechte Kost zurückschließen (der amerikanische PG-13 Horror lässt grüßen...). Doch weit gefehlt! King Kong und die weiße Frau war ein Horrorfilm, und dessen war sich Jackson bewusst. In dieser Hinsicht könnte man den Film sogar mit einer mathematischen Gleichung erklären:
(Herr-Der-Ringe-Epik in Bildern und Action + Braindead-Kawumm) x Special Effects vom Feinsten = KING KONG 2005
Denn bei jeder detailverliebten Einstellung wird klar, das dieser Film ein Peter Jackson Film ist. Dieser blieb natürlich eng an der Story der Originalvorlage: Regisseur Carl Denham (Jack Black) möchte mit seiner Crew einen weiteren Safari-Film drehen. Das Besondere: diesmal ist der Drehort eine geheime Insel, die vom Menschen bisher unerforscht blieb. Mit Drehbuchautor Jack Driscoll (Adrian Brody), Hauptdarstellerin Ann Darrow (Naomi Watts), ein paar Assistenten und der Schiffscrew im Schlepptau, begibt er sich auf den Weg nach Skull Island. Dort angekommen, wird die gute Ann gleich von den hiesigen Ureinwohnern entführt, um sie einem weiteren Inselbewohner zu Opfern. Hier kommt Namensgeber Kong ins Spiel. Im Gegensatz zu Anns Vorgängerinnen, verspeist er sie jedoch nicht zum Frühstück, sondern verliebt sich zur Abwechslung mal in die schöne Blondine. Nach zahlreichen dramatischen Kämpfen, Verfolgungsjagden und Wendungen, wird der 8 Meter große Affe von Denham in eine Falle gelockt, und nach Manhattan verfrachtet. Als er dort bei seiner Zurschaustellung ausbricht, löst er ein Chaos aus. Die Geschichte endet mit der legendären Szene auf der Spitze des Empire State Buildings, die das Letzte war, das Kong Zeit seines Lebens erklimmte: Von den Flugzeugen abgeschossen stürzt er in die Tiefe und stirbt.
"Wie kann ein Film, von dem die Story schon von vorne bis hinten bekannt ist, denn noch so interessant sein?", mag sich der eine oder andere jetzt fragen. Nun, die Antwort lautet, wie bereits des öfteren in dieser Review: Peter Jackson! Dieser Mensch hat es fertiggebracht, mit knapp einer Viertelmiliarde Dollar den sichtbar teuersten Film aller Zeiten zu drehen, und dabei jedes Bedürfnis zu decken. Die Spannung steht dabei natürlich im Vordergrund: Die Ankunft des Schiffes auf dem Riff der Insel übertrifft James Camerons Begegnung der Titanic mit einem Eisberg um Längen! Und egal ob unsere Protagonisten furchteinflößenden Ureinwohnern oder der Krabbel- und Dinosaurierfauna von Skull Island begegnen - nahezu nie wird euch eine Atempause gegönnt. Nur in sentimentalen Momenten, die sich zwischen Ann und Jack, resp. Ann und Kong abspielen, wird euch Gelegenheit zum verschnaufen geboten. Der Film schafft es gegen Ende sogar nochmals richtig bewegend zu wirken. Ich habe selten eine so kitschige und gleichzeitig berührende Szene gesehen, wie "King Kong auf dem Eis". Doch dazu keine näheren Einzelheiten, denn selbst-angucken ist angesagt!
Wo viel Licht ist, da fällt natürlich auch Schatten. Und bei allen Lobpreisungen, ist King Kong bei Weitem nicht perfekt. Betrachtet man nämlich Kamera und stilistische Mittel, bemerkt man die eine oder andere Anspielung auf die Zeit des frühen Filmes. Davon wirken jedoch Einige, wie zum Beispiel die verwaschene Kamera, nur noch überflüssig, kitschig und dazu noch unangenehm fürs Auge. Auch wird der aufmerksame Zuschauer einige nicht fortgeführte Plotstränge und Logiklöcher entdecken. Diese mögen zwar auf die Naivität der 30er Jahre zurückzuführen sein, aber 2005 ist sowas einfach nicht mehr "up to date".
Wer kein Interesse an Story und Charakteren zeigt, der wird wenigstens mit der Action bedient sein. Hier setzt der Film nahezu neue Maßstäbe, denn an CGI-Effekten, Detailverliebtheit und Brutalität fehlt es hier kein bisschen. Sowohl Mensch gegen Mensch als auch Mensch gegen Tier und auch Tier gegen Tier -Kämpfe werden bombastisch in Szene gesetzt. Sollte jedoch ein Funke Interesse an den Charakteren bestehen, so besticht jeder Einzelne von ihnen durch Authenzität. Sei es Jack Black, diesmal in einer eher ernsteren Rolle, Naomi Watts, Fay Wray's Scream Queen-Nachfolgerin oder Adrian Brody als Autoren-Nase. Sie stehen ihren Originalen in keinstem Falle nach, übertreffen diese sogar (wenigstens die 1976er Verfilmung von King Kong). Auch der restliche Cast, wirkt glaubwürdig und gut besetzt: Colin Hanks (Tom Hanks' Sohn), Thomas Kretschmann (Laut GQ der bestangezogenste Mann 2005), Jamie Bell (meines Erachtens nach einer der besten Jungschauspieler unserer Zeit) und Andy Serkis (Gollum), der hier sogar in einer Doppelrolle (Lumpy der Schiffskoch und King Kongs Mimik) zu sehen ist, geben ihr Bestes.
King Kong ist genau der Richtige Film, wenn man einfach mal bombastisch unterhalten werden will. Gleichzeitig bietet er durch seine unzähligen Anspielungen und Reminiszenzen an die Monsterfilme der Filmgeschichte ein Sieben-Gänge-Menü für den filmhungrigen Kenner und Liebhaber.
Zu guter Letzt noch eine Empfehlung an alle Zocker: Wer das Spiel zu King Kong noch nicht gespielt hat, sollte dies unbedingt nachholen. Ein besseres Begleitspiel zu einem Film gab es bisher nicht, die Messlatte wurde durch dieses Game eindeutig nach oben gesetzt!
>> geschrieben von Dominic Stetschnig