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Moviebase Spuren auf dem Mond

Spuren auf dem Mond
Spuren auf dem Mond

Bewertung: 85%

Userbewertung: 85%
bei 46 Stimmen

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Originaltitel: Le orme
Kinostart: Unbekannt
DVD/Blu-Ray Verkauf: 14.01.2016
DVD/Blu-Ray Verleih: 14.01.2016
Freigabe: FSK 16
Lauflänge: 96 Minuten
Studio: Cinemarte, Koch Media
Produktionsjahr: 1975
Regie: Luigi Bazzoni, Mario Fanelli
Drehbuch: Luigi Bazzoni, Mario Fanelli
Darsteller: Florinda Bolkan, Klaus Kinski, Nicoletta Elmi, Caterina Boratto, Peter McEnery

“Solche Filme werden heutzutage gar nicht mehr gemacht”, hört man es unter Filmfans oft melancholisch murmeln, wenn von diesem oder jenem Klassiker der Filmgeschichte die Rede ist. Oft ist das nur verklärte Nostalgie, manchmal steckt auch etwas mehr Wahrheit dahinter. So etwa im Fall des italienischen Films “Spuren auf dem Mond” (Originaltitel: “Le Orme”) von 1975, der heute tatsächlich wie ein rätselhaftes Artefakt einer anderen Zeit wirkt. Damit ist nicht gemeint, dass der Film altbacken oder verstaubt wirkt; der Look des italienischen Genre-Kinos der 70er ist zur Zeit schließlich wieder reichlich angesagt. Nein, “Spuren auf dem Mond” wirkt im Jahr 2016 vermutlich einfach noch mysteriöser und unheimlicher als er es in seinem Erscheinungsjahr ohnehin schon tat; Luigi Bazzonis Film ist ein Kind seiner Zeit und gerade deshalb so faszinierend. Perfektes Timing also für eine opulente 5-Disc-Box (!) von Koch Media, die dieses vergessene Juwel neu erstrahlen lässt.

“Spuren auf dem Mond” versetzt uns in eine Zeit, in der das europäische Kino in all seinen Spielarten florierte. Ganz besonders aber loteten Filmemacher und Filmemacherinnen in dieser Periode die grandiose Fähigkeit des Mediums Film aus, Traum und Wirklichkeit ganz mühelos und ohne sichtbaren Bruch verschwimmen zu lassen. Bazzonis Film steht zweifellos in dieser Tradition und begibt sich damit in das Terrain großer Autorenfilmer wie Luis Buñuel, Michelangelo Antonioni und Ingmar Bergmann; nicht weniger inspiriert aber ist er von der bekannten Riege psychedelischer Genre-Filmer seiner Zeit, allen voran Lucio Fulci und Dario Argento. “Spuren auf dem Mond” ist daher ein spannendes Bindeglied zwischen vermeintlich “hoher” Filmkunst und “niedrigem” Genre-Vergnügen. So entsteht ein hochgradig verunsicherndes Filmuniversum, in dem sich ständig alles im Fluss zu befinden scheint und die Zuschauer sich auf keinerlei Konventionen verlassen können.

Beruhend auf einem Roman von Mario Fanelli lotet Bazzoni in seinem Drehbuch eine im Kino oft gut funktionierende, faszinierende Grundsituation aus: die Suche nach dem verlorenen Gedächtnis. In diesem Fall folgen wir der in Rom lebenden Dolmetscherin Alice Cespi, die zu ihrem großen Schock mit einer klaffenden Lücke in ihrer Erinnerung konfrontiert wird. Zwei volle Tage sind aus ihrem Bewusstsein verschwunden, nur einige vage Indizien in ihrer schicken Wohnung könnten Aufschluss geben: eine zerrissene Postkarte, ein fremdes Kleid, ein einzelner Ohrring. Als Alice die Postkarte wieder zusammengesetzt hat, erkennt sie ein luxuriöses Hotel in einer arabisch anmutenden Stadt, das ihr seltsam bekannt vorkommt. Auf der Rückseite findet sich der irgendwie unheilvoll klingende Name der (fiktiven) Stadt: Garma. Hals über Kopf macht sich Alice dorthin auf, um das Geheimnis ihres Gedächtnisses zu lösen.

Alice wird verkörpert von der wunderbaren Florinda Bolkan, deren Filmographie den grenzgängerischen Charakter des Films noch einmal unterstreicht: Sie arbeitete sowohl mit Fulci als auch mit dem Autorenfilmer Vittorio de Sica zusammen. Ihre zurückhaltende, aber extrem vielseitige Performance in “Spuren auf dem Mond” hebt Bazzonis Film deutlich über viele Genre-Filme der Zeit hinaus. Der wahre Star des Films aber ist Kameramann Vittorio Storaro: Der spätere dreifache Oscar-Gewinner (u.a. für “Apocalypse Now”) erzeugt unwirkliche Bilder von solch starker visueller Kraft, das man sich beinahe jedes beliebige Standbild als Foto an die Wand hängen könnte. Durch seine perfekte Bildkomposition (und die ebenfalls großartige Ausstattung) wird die geheimnisvolle Stadt Garma ohne viele Effekte zu einer Art Zwischenwelt: Wirklichkeit und Traum zerfließen.

Hier wird Alice nun langsam mit den surrealen Spuren ihrer verlorenen Erinnerung konfrontiert. Auf einer weiteren inhaltlichen Ebene plagen sie jede Nacht bizarre Traumbilder eines Films, den sie vor Jahren gesehen hat und der sie zu Tode ängstigte: Ein Astronaut wird von einer zwielichtigen Agentur auf dem Mond zum Sterben zurückgelassen – Gastauftritt als schmieriger Kommandant dabei: Klaus Kinski! Am Ende kulminieren all diese visuellen Einflüsse zu einem rauschhaften Finale, das geschickterweise auch einige Fragen offen lässt.

Die neue Deluxe-Edition des Films bietet alles, was sich alte und neue Fans dieses überirdischen Filmerlebnisses wünschen könnten: Nicht nur liebevoll produzierte Interviews und Making-Ofs warten auf Blu-Ray und DVD, nein, auch der bisher kaum zu ergatternde Debütfilm von Luigi Bazzoni, “The Lady Of The Lake”, liegt in bester Qualität bei. Ein wahrer filmischer Schatz wurde hier gehoben und dem Vergessen in den Wirren der italienischen Genre-Geschichte abgerungen.

>> von Tim Lindemann

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