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Moviebase Ghostland

Ghostland
Ghostland

Bewertung: 70%

Userbewertung: 94%
bei 316 Stimmen

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Originaltitel: Incident in a Ghostland
Kinostart: 05.04.2018
DVD/Blu-Ray Verkauf: 10.08.2018
DVD/Blu-Ray Verleih: 10.08.2018
Freigabe: FSK 16
Lauflänge: Unbekannt
Studio: 5656 Films, Inferno Pictures Inc., Logical Pictures
Produktionsjahr: 2017
Regie: Pascal Laugier
Drehbuch: Pascal Laugier
Darsteller: Crystal Reed, Taylor Hickson, Rob Archer, Anastasia Phillips, Mylène Farmer, Adam Hurtig, Alicia Johnston

Negative Schlagzeilen schrieb der neue Film des „Martyrs“-Schöpfers Pascal Laugier erst vor wenigen Wochen, als bekannt wurde, dass Schauspielerin Taylor Hickson eine Klage gegen die Produktionsfirma von „Ghostland“ eingereicht hatte. Während des Drehs war die junge Darstellerin durch die Scheibe einer Tür gekracht und zog sich dabei eine üble Gesichtsverletzung zu, die mit rund 70 Stichen genäht werden musste. Im Anschluss erhob die von einer riesigen Narbe entstellte Hickson schwere Vorwürfe gegen die Macher und kritisierte die fehlenden Sicherheitsvorkehrungen am Set. Dass der Psychothriller nun mit einem Plakat beworben wird, auf dem das durch Risse und Sprünge beschädigte Antlitz der Nachwuchsaktrice Emilia Jones zu sehen ist, erscheint im Wissen um den Hickson-Unfall wie ein geschmackloser Witz und taucht den packenden Terrorstreifen unnötigerweise in ein zweifelhaftes Licht.

Nach dem Tod ihrer Tante beziehen Pauline (Mylène Farmer, „Arthur und die Minimoys 3 – Die große Entscheidung“) und ihre Töchter Beth (Emilia Jones, „Brimstone“) und Vera (Taylor Hickson, „Deadpool“) das einsam gelegene Haus der Verstorbenen und durchleben gleich am ersten Abend die Hölle auf Erden. Als das Trio von zwei brutalen Eindringlingen angegriffen wird, kämpft Pauline wie eine Löwin und schafft es mit letzter Kraft, die grausamen Attacken abzuwehren. Das traumatische Ereignis hinterlässt deutliche Spuren, prägt die Beteiligten aber auf unterschiedliche Weise. Während Beth als Erwachsene (jetzt: Crystal Reed, „Teen Wolf“) zu einer gefeierten Horrorautorin aufsteigt und die schrecklichen Erlebnisse in ihrer schriftstellerischen Tätigkeit verarbeitet, leidet Vera (nun: Anastasia Phillips, „Reign“) unter Wahnvorstellungen, die sich zunehmend verschlimmern. Nach einem panischen Anruf ihrer Schwester macht sich Beth auf den Weg in das Haus des Grauens, das ihre Mutter und Vera nach wie vor bewohnen.

Mit seinem Grenzen sprengenden, beinharten Schocker „Martyrs“ erlangte der Franzose Pascal Laugier 2008 schlagartig internationale Bekanntheit und legte die Messlatte für kommende Werke gefährlich hoch. Der 2012 veröffentliche Mysterythriller „The Tall Man – Angst hat viele Gesichter“ mit Jessica Biel in der Hauptrolle fiel spürbar zahmer aus und sorgte im Vergleich mit dem radikalen Vorgänger eher für ein Schulterzucken. Dass er das Publikum aber noch immer zu überraschen weiß, zeigt Laugiers jüngster Streich, der eine sechsjährige Kinopause beendet. „Ghostland“ ist ein kleiner, garstiger Psychoreißer, über dessen Inhalt man vorab so wenig wie möglich wissen sollte, da der Film nicht zuletzt von seinen erschütternden Handlungsvolten lebt. Mindestens an einer Stelle erwischt die französisch-kanadische Koproduktion den Betrachter auf dem falschen Fuß und zwingt ihn dazu, seine Koordinaten neu auszurichten.

Auch wenn der Trauma-Aspekt in der Geschichte deutlich angelegt ist und eine Meta-Ebene zum Vorschein kommt, interessiert sich der Regisseur nur wenig für charakterliche Nuancen und zeichnet seine Protagonistinnen mit verhältnismäßig dicken Pinselstrichen. Gleiches gilt für die furchteinflößenden Angreifer, die aus der Klischeekiste für Psychofreaks zu stammen scheinen und abgesehen von ihrem bizarren Aussehen keine besonderen Eigenschaften erhalten. Trotz dieser Drehbuchbeschränkungen entwickelt „Ghostland“ einen enormen Sog und ein Bedrohungsklima, das dem Publikum nur selten die Möglichkeit zum Durchatmen lässt.

Schon der Prolog ist ein wirkungsvoll inszeniertes Ballett des Grauens, bei dem schrille Klänge, laute Schreie, hektische Bewegungen und wackelige Bilder den Überlebenskampf der Attackierten schmerzlich greifbar machen. Laugier gelingt es, den Nervenkitzel des Anfangs aufrechtzuerhalten, und erzeugt mitunter eine Intensität, die entfernt an die Wucht des durchgehend hysterisch-beklemmenden Terrorklassikers „The Texas Chainsaw Massacre“ erinnert. Dass man sich zu keinem Zeitpunkt sicher fühlen kann, liegt nicht nur an den plötzlichen, kompromisslosen Gewalteruptionen. Zur unheimlichen Wirkung trägt auch das schön gruselig hergerichtete Setting bei, das allein mit seinen Puppenvariationen handfestes Unwohlsein heraufbeschwört. „Ghostland“ erreicht gewiss nicht den Verstörungsgrad von „Martyrs“, lässt sich aber dennoch als erfolgreiches Kinocomeback des effektiven, handwerklich versierten Angstmachers Pascal Laugier verbuchen.

>> von Christopher Diekhaus

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