Moviebase Ready or Not
Nicht selten schraubt sich der Stresspegel vor einem Hochzeitsfest in ungeahnte Höhen. Was eigentlich der schönste Tag im Leben eines Paares sein sollte, kann zu einer handfesten Zerreißprobe werden. Und selbst während der Feierlichkeiten will manchmal die Anspannung nicht verfliegen. Das eine Heirat nicht nur schön und harmonisch verlaufen muss, zeigt auch die von Matt Bettinelli-Olpin und Tyler Gillett inszenierte Horrorkomödie „Ready or Not – Auf die Plätze, fertig, tot“, eine Mischung aus „You’re Next“ und „Get Out“, die ein aberwitziges Szenario des Grauens entwirft. Mittendrin eine überrumpelte Braut, die plötzlich um ihr Leben fürchten muss, weil ihre neuen Angehörigen höchst eigenwillige Bräuche pflegen.
Obwohl ihr nicht alle zukünftigen Verwandten mit offenen Armen begegnen, lässt sich Grace (Samara Weaving, „The Babysitter“) nicht davon abbringen, ihren Verlobten Alex Le Domas (Mark O’Brien, „Bad Times at the El Royale“) zu ehelichen. Gefeiert wird auf dem herrschaftlichen Anwesen seiner Familie, die es mit Brettspielen zu beachtlichem Wohlstand gebracht hat. Die Zeremonie, bei der Grace die bösen Blicke von Alex‘ Tante Helene (Nicky Guadagni, „Cube“) ertragen muss, bringt sie ohne Probleme hinter sich. Doch in der Nacht nimmt die Party eine merkwürdige Wendung. Wie es die Le-Domas-Tradition erfordert, muss die frisch Getraute, um zu einem vollwertigen Mitglied zu werden, eine Karte aus einem geheimnisvollen Kästchen ziehen und bestimmt damit, welches Spiel im Anschluss gespielt wird. Dieses Mal heißt es „Verstecken“. Und nur wenig später verkriecht sich die leicht belustigte Grace an einem stillen Örtchen in der weitläufigen Villa. Dass die Sippe ihres Mannes das Ganze jedoch nicht als Spaß auffasst, begreift die junge Frau, als sie die Le-Domas-Vertreter mit schweren, altmodischen Waffen durch das Haus schleichen sieht.
Wie es der Handlungsabriss bereits vermuten lässt, schert sich das Drehbuch aus der Feder von Guy Busick und Ryan Murphy nicht um die Ausgestaltung seiner Protagonisten. Hier und da gibt es einen kleinen Informationshappen – etwa den Hinweis, dass sich Alex von seiner Familie distanziert und erst vor kurzem wieder zu ihr zurückgefunden hat. Die meisten Figuren wirken allerdings betont karikaturenhaft, was angesichts der absurden Prämisse nur konsequent ist. „Ready or Not – Auf die Plätze, fertig, tot“ umarmt seine bizarre Grundidee von Anfang an und verliert keine Zeit, um die zwischen Nervenkitzel und böser Komik pendelnde Hatz ins Rollen zu bringen.
Die gedämpften Farben der Bilder und das schummrig ausgeleichtete, labyrinthisch-feudale Setting lassen schnell eine gespenstisch-bedrückende Atmosphäre entstehen, die trotz regelmäßiger sarkastischer Einschübe nicht in sich zusammenfällt. Dass man den Überlebenskampf gebannt verfolgt, ist vor allem Samara Weaving zu verdanken. Beherzt reißt die Australierin das Geschehen an sich und wirft sich mit vollem Körpereinsatz in ihre Rolle, die ganz gezielt das Klischee des hilflosen, dummen Blondchens unterläuft. Graces Entwicklung von der verwirrten, überforderten Braut hin zur pragmatischen, wehrhaften Gegnerin fühlt sich halbwegs glaubwürdig an, weshalb man ihr umso bereitwilliger die Daumen drückt.
In ihrer schnörkellosen Inszenierung halten die Regisseure das Tempo hoch und sorgen immer wieder für kleine Spannungspointen. Zum Beispiel dann, wenn Grace auf den Butler Stevens (John Ralston, „The Calling – Ruf des Bösen“) trifft und sich mit diesem ein nervenaufreibendes Katz-und-Maus-Spiel rund um die Kücheninsel liefert. Ironisch gebrochen wird die mit einigen blutig-makabren Zwischenfällen und Missgeschicken gespickte Menschenjagd nicht nur durch markante Musikeinlagen. Die Macher nehmen auch die Tollpatschigkeit einiger Le-Domas-Mitglieder und das generell exzentrische Verhalten der reichen Schnösel genüsslich aufs Korn. Handfeste satirische Kraft entfaltet der Horrorspaß sicher nicht. Dafür arbeitet er dann doch zu sehr mit dem Holzhammer.
Ein Schmunzeln oder Lachen kann man sich allerdings stellenweise nicht verkneifen. Seinen Höhepunkt erreicht der augenzwinkernde Wahnsinn, wenn die früh andeuteten übernatürlichen Elemente am Ende ihren Tribut fordern. Manch einer mag das schlichtweg platt und lächerlich finden. Irgendwie ist es aber auch der passende Abschluss für einen anspruchslosen, jedoch knackig-unterhaltsamen Survival-Thriller mit Hang zu grotesken Zuspitzungen.
>> von Christopher Diekhaus