Moviebase Severance - Ein blutiger Betriebsausflug
Das Reisen nach Osteuropa oft tödlich enden können, weiß der Genrefan schon seit dem polarisierenden Hostel von Eli Roth. Christopher Smith schickt im Falle von Severance gleich eine ganze Verkaufsabteilung des britischen Rüstungskonzerns Palisade Defence, zwecks Stärkung des Teamgeists, in den Ostblock. Doch schon bei der Anreise tun sich der Gruppe Probleme von unerhofften Ausmaßen auf. So entwickelt sich die gebuchte Lodge, entgegen der Beschreibung, als alles andere als luxuriös, dafür aber als Bruchbude, die einsam und verlassen im Wald steht, und dann huschen des Nachts in dem menschleeren Wald auch noch finstere Schatten umher. Eine Gruppe bewaffneter Soldaten hat sich ausgerechnet die Verkaufsabteilung als Opfer gewählt – die Schreibtischtäter sind nun dazu gezwungen ihre Haut zu retten.
Willkommen in der Welt von Severance, in der eine Gruppe von leitenden Angestellten auf eine bis zu den Zähnen bewaffnete Armee stößt. Severance ist eine tiefschwarze Horrorkomödie, die sich einem bunten Gemisch diverser Horrorversatzstücke bedient und diese ohne Rücksicht auf Verluste in das Filmgeschehen integriert ohne sich dabei allzu ernst zu nehmen oder diese der Lächerlichkeit preiszugeben. Im Gegenteil, den Genrefan erwartet ein wilder Mix aus Slasher- wie auch Backwoodhorror, gewürzt mit einer ordentlichen Portion britischem Humor, so dass die gezeigten grafischen Exzesse zu einer reinen Augenweide avancieren.
So findet sich eine Vielzahl skurriler Charaktere in der siebenköpfigen Gruppe, die unterschiedlicher nicht sein können und dennoch harmonieren. Da wäre Richard, seines Zeichens Leiter der Verkaufsabteilung, der vor Inkompetenz nur so strotzt und seine Gruppe nur schwer unter Kontrolle zu bekommen scheint. Steve hat sich hingegen mit dem Zwangsurlaub abgefunden und sich für das anstehende Wochenende mit zahlreichen bewusstseinserweiternden Drogen eingedeckt. Oder Maggie, die im Verlauf des Films eine wahre Transformation durchmacht. Das Charakterdesign des Films ist wirklich grandios – auch wenn es sich hierbei um zahlreiche bekannte Stereotypen handelt, so findet sich für jeden etwas. Man könnte fast schon sagen, dass die Charaktere trotz der gewollten Überzogenheit, viel realer wirken, als so mancher ernst angelegter Charakter in anderen Produktionen.
Das Storygerüst an sich ist hinlänglich aus anderen Genrebeiträgen bekannt: Eine Gruppe liebenswerter Charaktere trifft in einer menschenleeren Einöde auf debile Hinterwäldler, die ihr ans Leder wollen. Eine finale Konfrontation scheint unausweichlich. Anders als in ähnlich gelagerten Werken wie Wes Cravens Hügel der Blutigen Augen (The Hills Have Eyes, 1977) oder John Boormans Beim Sterben ist jeder der Erste (Deliverance, 1972) handelt es sich bei Severance um keinen herkömmlichen Terrorfilm, sondern vielmehr um einen Terrorfilm mit Comedy. Auch wenn die Fronten das eine oder andere Mal überschritten werden, dann wenn der Comedyaspekt in den Hintergrund tritt, will Smiths Film vor allem eins und das ist „unterhalten“.
Smith versteht es gekonnt, sein Publikum in seinen Bann zu ziehen - ohne Rücksicht auf Verluste. Denn der eine oder andere sympathische Angestellte verliert auf jede nur erdenkliche Art sein Leben. So gesellen sich neben harten Folterszenen auch slapstickartige Goreeffekte, wie man sie in diesem Stil nur aus Filmen wie Peter Jacksons Braindead (Braindead, 1992) oder Schrei Lauter (Decampitated, 1998) aus der Tromaschmiede kennt. Hier wird deutlich, wie schmerzlich beispielsweise eine Bärenfalle sein kann und Tretminen immer noch zu den abartigsten Erfindungen der Spezies Mensch zählen. Oder das ein Jagdmesser nichts im Geniatalbereich zu suchen hat. Egal ob Automatikgewehr, Jagdmesser oder gar Raketenwerfer - hier findet sich für jeden die sogenannte „Weapon Of Choice“. Eindrucksvolle Special Effects werden gekonnt mit bissigem Zynismus abgerundet. Für die Gorehounds sollte allerdings erwähnt werden, dass es sich bei Severance um keinen direkten Fun-Splatter im Stile eines Braindead handelt, dafür sind es einfach zu wenige Szenen. Severance ist keine Blutorgie, wie oftmals angekündigt, dennoch ist der Splatteranteil recht hoch.
Vor allem wie Smith, der sich auch für das Co-Drehbuch verantwortlich zeigt, die einzelnen Subgenres miteinander in harmonischen Zusammenhang bringt und sich frei miteinander transformieren lässt, ist eine Sichtung wert. Was nach anfänglicher Komödie zu einem Slasher im Stile von Freitag der 13. (Friday The 13th, 1980) anmutet, verwandelt sich schon bald in einen Terrorfilm um letztendlich in einem Revengefilm zu enden.
Die erste Filmhälfte dient dabei dem Character-Development, lässt dabei aber dennoch keinerlei Längen aufkommen. Anders als in vielen amerikanischen Genrefilmen wie dem rezitierenden Scream (Scream, 1996) sind es hier keine Teens, die auf der Speisekarte des Killers stehen, sondern Erwachsene Bürokräfte, die teilweise so realistisch gezeichnet sind, dass sich der eine oder andere in diesen wiederfinden wird.
Severance weist starke Parallelen zum Überraschungshit Shaun Of The Dead (Shaun Of The Dead, 2004) auf. Abgesehen vom Comedyaspekt in dem vor allem das Zombiegenre auf komödiantische Weise rezitiert wurde war Shaun schließlich, wie auch die Charaktere in Severance ein „Jedermann”, der sich plötzlich einer komplett veränderten Umgebung anpassen musste um letztendlich zu überleben. Severance steht dabei mehr in der Tradition des Terrorfilms, der hier eine würdige Reminiszenz erfährt.
Mit seinem zweiten abendfüllenden Spielfilm nach Creep (Creep, 2004) versteht es Smith wie kein zweiter sein Publikum vor allem zu unterhalten. Severance will das Genre nicht neu erfinden, aber eine würdige Bereicherung ist er allemal. Wer sich also für gelungene Horrorkost im Comedygewand begeistern kann, dem sei Severance ans Herz zu legen. Zwar handelt es sich hierbei nicht um einen reinen Splatterfilm, wie überall angekündigt, aber die makabren Einfälle und die zahlreichen Gags machen das fehlende Blut wieder wett. Ein klarer Geheimtipp – ein Film der das Zeug dazu hat, einen ähnlichen Status zu erwerben, wie es schon im Jahre 2004 Shaun Of The Dead gelang!
>> verfasst von Daniel Wangler