Lionsgate muss Ils (englischer Titel: Them) wohl gut gefallen haben, denn die Regisseure Xavier Palud und David Moreau sitzen bereits auf dem Regiestuhl, um für den Riesen das Remake The Eye zu drehen. Französische Regisseure scheinen aktuell ohnehin Mode zu sein, wenn man sich mit Alexandre Aja, der nach dem Sprung über den großen Teich bereits Karriere macht, das Musterbeispiel ansieht. Grob gesehen verfolgen die beiden Filmemacher einen ähnlichen Weg wie einst Aja. Ruhige, stimmige, aber dennoch interessante und vor allem preiswert produzierte Horrorfilme, die auch international groß punkten können, ohne einen Makel durch das Ursprungsland im Rücken zu haben. Haute Tension, in Deutschland wohl eher unter dem Namen High Tension bekannt, hat es vorgemacht.
Das junge französische Pärchen Clémentine (Olivia Bonamy) und Lucas (Michaël Cohen) besitzt ein altes Anwesen irgendwo in der Nähe von Bukarest. Als Französischlehrerin sorgt sie für das regelmäßige Einkommen, während er lieber Videogames zockt, statt seiner Tätigkeit als Schriftsteller nachzugehen. Es hätte ein ganz gewöhnlich-gemütlicher Abend werden sollen: was Feines essen, vor der Glotze kuscheln und sich lieben, doch die Idylle wird bald durch kuriose Geräusche und einen Stromausfall getrübt. Das Paar wird von einer Gruppe unheimlicher Eindringlinge heimgesucht, und ein Kampf ums nackte Überleben beginnt.
Them spielt im Hinterland von Rumänien, wo Stromkabel, fließendes Wasser und Technologie noch die Seltenheit sind - so zumindest der Eindruck, wenn man sich aktuelle Reißer wie Eli Roths Hostel zu Gemüte führt. In einer dunklen Nacht fahren Mutter und Tochter zu Beginn von Them über einen verlassenen Straßenzug, der dank einiger Laternen auch ein wenig Beleuchtung findet. Prompt setzt die Fahrerin das Auto gegen einen Lichtspender, verschwindet hinter der Motorhaube und wurde seither nie wieder gesehen. Vom Verschwinden ihrer Mutter entsetzt, steigt auch die unwissende Tochter aus dem Auto und fällt "Ihnen" nach einer kurzen Hetzjagd auch zum Opfer. Außer dem Auto, das in der Nacht neben dem Pfahl liegen blieb, findet Clémentine, von Beruf Lehrerin, auf dem Heimweg nicht mehr viel von der nächtlichen Schreckenstat vor.
Wie hoch der Grad des Minimalismus ist, der in Them steckt, beweist allein die Reduzierung auf die beiden Hauptcharaktere Clémentine und Lucas, die abgelegen in einer herrschaftlichen Residenz im Wald hausen. Das Liebesspiel des Paares unterstreicht die gelassene Einführung in die Thematik, die mit dem Schlafengehen jäh endet. Als großes Fragezeichen schwebt die Tatsache über dem Film, dass zu keinem Zeitpunkt offenbart wird, mit wem es die Darsteller und der Zuschauer zu tun haben. Ein kleiner Anreiz, der nach der Bekanntgabe schnell verfliegt und das Versteckspiel nicht weiter trägt. Geräusche reißen Clémentine aus dem Schlaf. Warum bellt der Hund erneut? Welches Auto parkt dort vor der Tür? Alles Fragen, die Lucas zur Suchaktion zwingen. Die Verursacher bleiben nicht lange unerkannt.
Im Haus beginnt ein Versteckspiel. Versatzstücke vieler Klassiker sind in diesen unruhigen Momenten zu erkennen, was dem Spannungsbogen aber keinen Knick verpasst, die Angst wird nur weiter geschürt. Auch hier wird Frauenpower an den Tag gelegt, denn Lucas liegt verletzt und blutend im Bad, während sich Clémentine durch das Dachgeschoss schlängelt, das unbekannte Etwas immer im Rücken. Olivia Bonamy und Michael Cohan können ihre Stärken geschickt ausspielen. Leitfigur und Hauptleidtragende bleibt jedoch Bonamy, die jede Szene mit Präsenz und Glaubwürdigkeit aufwertet.
Ein Wehrmutstropfen fällt bei der Ausarbeitung des Drehbuchs. Während die Hausbegehung völlig glaubhaft endet, driftet Them in der Zwischenzeit in unlogische Schlussfolgerungen. Egoistisches Denken ist auch in einem Horrorfilm fehl am Platz und kaum zu verschmerzen. Nach einem kurzen Schwenker spielen Palud und Morau dann wieder geschickt mit Klaustrophobie, Angst und Einsamkeit. Die Furcht vor dem Ungewissen wird trotz einer knackig angezogenen Budgetbremse stilsicher in Szene gesetzt, spielt mit der Dunkelheit und lässt das Talent des Duos aufblitzen. Hartes Terrorkino, das zwar schlicht, im Verlauf aber dennoch rasant erscheint, macht aus Them einen beeindruckenden Vertreter der dieser Gattung, der nicht auf literweise Blut, sondern Subtilität und Aussagekraft setzt.
Da dem Film eine wahre Begebenheit zu Grunde liegt, muss man sich, auch wenn man es nicht möchte, mit der Realität konfrontieren. Gewalt in dieser Form scheint kein Ammenmärchen, sondern längst Realität. Diese Tatsache macht das Debüt der beiden Franzosen in der Einfachheit beklemmend, nichts weiter. So einfach das Konzept, so eindringlich die Wirkung. Viel mehr kann man von einem Horrorfilm in der heutigen Zeit nicht erwarten. Erfrischende Kost, hinter der keine Zahl, kein Vorgänger oder ein bekannter Darsteller / Regisseur steht, ist bei uns schließlich immer willkommen und wird mit offenen Armen in den wohligen Schoss der Horror-Geschichte aufgenommen.