Moviebase Stuck
Der „Re-Animator“ Stuart Gordon ist zurück und bringt direkt eine neue Ladung Filme mit. Neben „Edmond“, der ebenfalls auf dem Fantasy FilmFest 2007 lief, und „House of Re-Animator“ steht auch Stuck auf der Referenzliste des Regisseurs. Für Stuck holte sich Gordon die Schauspielerin Mena Suvari, die vielen aus „American Pie“ und „American Beauty“ bekannt sein dürfte, und Stephen Rea, der unter anderem schon im Wachowski-Kracher „V wie Vendetta“ und im Bibel-Horror „The Reaping“ agierte. Die beiden Hauptdarsteller, jung trifft älter, liefern sich ein irrwitziges Duell in Stuck.
Was macht eine nicht mehr ganz nüchterne Krankenschwester, wenn ihr auf dem Weg von der Disco ein Obdachloser vor das Auto läuft, ihm die Stoßstange ein Bein zerfetzt und er in Zeitlupe durch ihre Windschutzscheibe kracht? Genau, sie fährt nach Hause, stellt den Wagen in der Garage ab, nimmt noch mehr Drogen und hat Sex. So zumindest reagiert Brandi (Mena Suvari) im neuen Film von Stuart Re-Animator Gordon. Und wie in jenem Klassiker ist auch hier das Opfer, der Typ in der Windschutzscheibe (Stephen Rea), nicht tot zu kriegen. Ein Scheibenwischer steckt bis zum Anschlag in seinen Eingeweiden, seine Beine sind nicht mehr wirklich brauchbar, aber … er lebt noch! Und beginnt zu begreifen, dass Brandi, aus welchen Gründen auch immer, nicht bereit ist, ihn aus der misslichen Lage zu befreien. Umso länger der Arme feststeckt, desto wütender und entschlossener wird er: Nein, er wird nicht sang- und klanglos in dieser Garage abkratzen! So beginnt ein haarsträubender Kampf ums Überleben, bei dem kein Auge trocken bleibt.
So blöd und abgefahren die Story vielleicht klingen mag: Sie ist es nicht. Niemandem wird es bisher passiert sein, dass ein angefahrener Mann in der Windschutzscheibe des Wagens stecken bleibt und tatsächlich überlebt. Aber was ist, wenn so etwas tatsächlich mal geschieht? Und was, wenn es genauso so geschieht wie im Falle von Brandi? Genau das Thema behandelt Stuck. Bierernst geht es dabei aber bei Weitem nicht zu, denn Mena Suvari und Stephen Rea sind zwei so unterschiedliche Charaktere, dass es irgendwann einfach lustig werden muss – auch wenn die Aussicht des Windschutzscheibenmannes eher weniger rosig aussieht.
Zwei Handlungsstränge werden parallel verfolgt. Zum Einen Tom, der aus seiner Wohnung raus und nun auf der Straße nächtigen muss. Zum Anderen Brandi, Krankenschwester und erfolgreich. Ihr könnte der Aufstieg gelingen. Das muss natürlich gefeiert werden – am besten mit Drogen und Alkohol. Sich danach auch noch ans Steuer zu setzen ist gewagt. Brandi tut’s trotzdem und zack! knallt ihr plötzlich ein Mann in die Windschutzscheibe. Der hat sich dann auch so verkeilt, dass er gar nicht mehr raus möchte. Also fährt Brandi, mit dem ungebetenen Gast, nach Hause und parkt ihn erstmal in der Garage – mit dem Versprechen, Hilfe zu holen. Diese kommt dann mehr oder weniger in Form ihres Freundes, mit dem die hübsche Krankenschwester natürlich erstmal eine heiße Nummer schiebt. Währenddessen versucht sich Tom aus der Windschutzscheibe zu befreien.
Die Versuche, die Tom unternimmt, um Hilfe zu holen, nehmen den Zuschauer mit. Wenn der Scheibenwischer, der sich im Bauch des armen Mannes verhakt hat, bei jeder Bewegung weiter in das Fleisch schneidet, der gebrochene Knochen im Bein weiter bricht oder ein Hund kommt, der eben diesen Knochen gerochen hat und sich jetzt sein Abendessen abholt, dann schmerzt das nicht nur auf der Leinwand, sondern auch im Kinosaal. Irgendwie fiebert man mit und hofft insgeheim, dass es Tom schafft, sich aus der Misere zu befreien. Denn jede seiner Taten zieht eine neue Handlung seitens Brandi nach sich. Oft zum Brüllen komisch und zum Schreien schmerzhaft. Die Dialoge sind hingegen nicht sinnlos, sondern spiegeln die panische Angst Brandis und die Hilflosigkeit Toms wieder sowie die völlige Gleichgültigkeit ihres Freundes, der nicht wirklich ihr Freund ist. Auch die spanische Auswanderfamilie aus dem Haus gegenüber kann einem Leid tun. Der kleine Pedro möchte nur helfen, doch die Polizei kann die Familie nicht rufen, da sie sonst deportiert würde. Zumal dem Vater eh egal ist, ob da ein Kerl in der Garage verblutet oder nicht. Schließlich ist das nicht seine Sache.
Solche Dinge sind es, die zum Teil schockieren, aber wiederum einfach nur irre lustig sind. Und wer denkt, dass er weiß, wie dieser Film zuende geht, wird sicherlich eines besseren belehrt. Denn wer letztendlich als wahrer Sieger vom Platze geht und sich eins in Fäustchen lachen kann, darf nicht zu früh beurteilt werden.
Stuck zeigt derben und blutigen Humor, aber auch die Frage, was wir tun würden oder was auch eben nicht. Wenn selbst eine Krankenschwester, die eigentlich in einem Institut für Lebensrettung arbeitet, nur noch darauf aus ist, das Anhängsel in der Scheibe loszuwerden, kann es einem schmunzelnd kalt den Rücken hinunterlaufen. Stuck ist hart, schonungslos und komisch. Einfach gut.
>> verfasst von Janosch Leuffen