Moviebase Going to Pieces
In der heutigen Zeit leben sie wieder auf, die blutigen und zumeist stupiden Grundideen der siebziger und achtziger Jahre. Was vor Jahrzehnten noch große Protestmärsche auf den Plan rief und besorgte Eltern im Galopp um die heimische Couch laufen ließ, unterhält in der heutigen Zeit junge Menschen, die Gewalt, Blut und Menschenverachtung als Coolnessfaktor empfinden. Ein trauriges Bild? Um dem eigentlichen Ursprung zu gedenken, hat Starz Entertainment eine kleine aber feine Sammlung zusammengestellt, die als Going to Pieces – The Rise and Fall of the Slasher Film auf wissbegieriges Publikum wartet.
Die Klassiker machten den heutigen Horrorfilm natürlich zu dem, was er heute ist. Wären Filmemacher vom Schlage eines John Carpenters nicht gewesen, würde Eli Roth noch heute unerkannt an einem Fleisch fressenden Virus leiden, ohne dem lechzenden Zuschauer auch nur davon erzählt zu haben. Grenzen der Belastbarkeit wurden ausgetestet, und natürlich auch die Stupidität des Publikums. Wie weit kann ein Regisseur gehen? Viele dieser Fragen werden leider nur sehr oberflächlich behandelt. Gemetzel aus 1000 und einer Nacht stehen dafür auf dem Hauptprogramm.
Wie sich bereits erahnen lässt, wird Halloween als Positivbeispiel angeführt. Wes Craven, Carpenter, Savini oder Debra Hill, sie alle kommen zu Wort. Weit mehr im Hintergrund als uns lieb ist, steht dabei die Auswirkung der genannten Filmgattung. Wer schon immer wissen wollte, wie und vor allem weshalb Slasherfilme damals wie heute finanziell funktionieren, der ist bei Going to Pieces gut aufgehoben. Hintergründiges gibt es leider weniger zu bestaunen, was dieser Dokumentation einen erheblichen Reiz nimmt. Schmerzlich vermissen lässt sich eine unabhängige Meinung. So blutig, unterhaltsam und gewinnbringend Titel wie Halloween oder Happy Birthday auch sein mögen, überwiegt in den Augen eines Mitwirkenden noch immer der Genialitätsfaktor.
Ist ein Thema zum Erfolg geführt, macht sich eine ganze Heerschar von Regisseuren daran, eben jenes Thema bis auf den letzten Funken auszureißen. Es war schon immer so. Natürlich blieb auch der Slasherfilm nicht von der gefährlichen Meute verschont, was zur Folge hatte, dass Horrorfilme, die im blutigen Metier angesiedelt sind, für lange Zeit von der Bildfläche verschwinden sollten. Was als Mahnmal lange Zeit über den Köpfen der Produzenten, Regisseure und Studiobosse schwebte, wurde in diesem Zusammenhang noch nicht als schlechten Omen wahrgenommen. Stattdessen wurde fleißig weiter gewerkelt, um letztendlich vielleicht doch noch ein paar Millionen Dollar mit dem hundersten Aufguss des Halloween, Jason oder Prom Night Themas zu verdienen.
Ist Going to Pieces die einzig wahre Antwort, nach deren Lösung sich Fans bereits seit vielen Jahrzehnten verzehren? Nicht ganz. Interessant ist das Gebotene ohne Frage, doch viel zu unparteiisch, einseitig und aufgesetzt wirkt die vom Blut vieler Genrevertreter bespritzte Dokumentation. Ein weiteres Problem stellt zudem der zu offene Umgang mit dem Bildmaterial dar. Wer die speziellen Sonderstücke des Slasherfilms noch nicht sein Eigen nennt, wird von der Masse überschwänglich dargestellter Folterungen überrascht sein. Funkelnde „Aha“ Momente beim Ansehen genannter Werke fallen in Folge dessen natürlich auch komplett flach. Ob man diese Hürde meistern möchte, liegt im Auge des Betrachters, doch sehenswert bleibt „Going to Pieces“ auch so, trotz verständlicher Mängel.
>> verfasst von Torsten Schrader