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Aufmerksame Verfolger dürften recht verblüfft aus der Wäsche gucken, wenn sie sehen, was aus dem ambitionierten „Altered“ letztendlich geworden ist. Im Frühjahr 2005 startete die Produktion des 8 Millionen Dollar Nachfolgewerks von „The Blair Witch Project“ Regisseur Eduardo Sanchez, der sich sechs Jahre Zeit ließ, um ein neues Projekt in Angriff zu nehmen. Mit dem Drehbuch „Probed“ von Newcomer Jamie Nash, war dann endlich der passende Stoff gefunden. Universal und Rogue Pictures sprangen als Produktionsstudios in die Bresche, um „Probed“, dessen Name sich auf Wunsch von Rogue im Laufe der Zeit noch in „Altered“ ändern sollte, ins Kino zu bringen. Die Produktion war beendet, Haxan Films war mit dem Ergebnis zufrieden, doch unter einem guten Stern standen die Dreharbeiten wohl doch nicht. Einige Screenings, die der Verleih vor Kinostart anberaumt hatte, liefen schlecht. Sogar so schlecht, dass eine Auswertung im Kino gestrichen werden sollte.
Gestrichen? Nach all der harten Arbeit? Ein großer Schlag für das Haxan Team, wie Regisseur Eduardo Sanchez in seinem Blog offen bestätigt. Doch woran lag es? Der Filmverleih bezeichnete „Altered“ als „Tweener“. Nicht gruselig genug, zu wenig Dramatik, zu wenig Action, um den Film in eine bestimmte Kategorie stecken zu können. Vielleicht einer der Gründe, warum sich das typische „Hostel“ oder „Saw“ Publikum nicht sofort begeistert von dem Gezeigten zeichnete. Um es bereits im Vorfeld gesagt zu haben: „Altered“ lebt von der abwechslungsreichen Machart und wäre mit einem normalen Raster nur halb so unterhaltsam. Eigenheiten sind bei den Bossen in Hollywood nicht gern gesehen, was sich mit „Donnie Darko“ vor einigen Jahren eindrucksvoll feststellen ließ. Immerhin erlangte der Spielfilm von Richard Kelly durch seine große Fanbase auf DVD Kultstatus, den er auch heute noch genießt.
Vor 15 Jahren verschwanden fünf junge Menschen von der Erde. Entführt von Außerirdischen, kamen sie nach Tagen der Untersuchung zurück auf heimischen Boden. Einer blieb verschwunden. Heute, nach Jahren der Suche, haben sie die Möglichkeit, einen ihrer Peiniger gefangen zu nehmen und bitterliche Rache zu üben. Trotz großer Wut, die noch heute in den Körpern von Wyatt, Cody, Otis und Duke brodelt, müssen sie bedacht handeln. Sollte das entführte Alien Schaden nehmen, könnte eine ganze Invasion über die Erde hereinbrechen und die Menschheit für immer auslöschen. Nicht nur Cody, der mehr über das Verschwinden ihres Freundes Timmy zu wissen scheint als er zugeben möchte, muss gut überlegen, was er sich und seiner Frau Hope zumuten möchte.
Wie im kultigen „The Blair Witch Project“ beginnt auch hier unsere Reise in den tiefen Wäldern, irgendwo in Amerika. Cody, Wyatt und Otis machen sich auf die bereits 7 Jahre andauernde Suche nach dem Feind. Endlich: Geraschel im Unterholz. Nach einem kurzen Kampf ist es dann soweit, ein Alien sitzt in der Falle und wartet nur auf seine Entführer. Doch mit der Gefangenschaft gehen die Probleme erst richtig los. Die lang ersehnte Rache wird ihnen zum Verhängnis. Oder doch nicht? Schnell, spannend und witzig, so muss ein Film beginnen. Einige Nörgler möchten noch immer anzweifeln, dass Sanchez vom Filme machen wirklich Ahnung hat, doch bereits zu Beginn ist klar: Der Mann versteht sein Handwerk. Heather Donahue und Michael Williams, der in „Altered“ die Rolle des Otis bekleidet, fanden 1999 in den Wäldern von Maryland den Tod. Hier feiert Haxan Films die erhoffte Auferstehung, denn unsere drei Freunden haben nicht das Problem, den Wald vor lauter Bäumen zu übersehen.
Spielfilme über wilde Invasionen von Aliens, Entführungen und sonstige Entdeckung gibt es wahrlich wie Sand am Meer. Nur wenige erreichen dabei wahre Klasse. Steven Spielberg widmete sich dem Thema sogar mit einer kompletten Serie, die unter dem Namen „Taken“ auch nach Deutschland kam. Und es herrscht sogar eine Gemeinsamkeit, denn sowohl Film als auch Serie hatten Adam Kaufmann an ihrer Seite. Und wenn wir bei einem weiteren Blick über die Darstellerliste von No Names sprechen, ist dieser Begriff nicht mit Unerfahrenheit gleichzusetzen. Die gezeigten Leistungen sind beachtlich, was nicht zuletzt an der feinen Charakterzeichnung liegt. So haben wir mit Otis einen schüchternen Versager in der Gruppe, mit Cody einen brachialen Draufgänger und Duke als dummen, aber liebenswerten Freund. Den Charakter des Wyatt verkörpert Kaufmann, der seine Erfahrungen aus „Taken“ auch hier einzusetzen scheint und für eine bedachte Herangehensweise plädiert.
Ist der Mann aus dem All dann erst in der Garage von Wyatt gelandet, die Otis, Duke und Cody nach ihrem nächtlichen Raubzug sofort anzielen, verwandelt sich die Nacht in ein albtraumhaftes Szenario. Ein Szenario, dass durch die vielen feinen Details, die Jamie Nash als Drehbuchautor einbrachte, erst zum Leben erwacht. Klickende GPS-Sender, die jeder von ihnen, bis auf Wyatts Frau Hope, in sich trägt, laden zum Staunen ein. Ähnlich detailverliebt zeigte sich auch Tony Cora beim Gestalten der musikalischen Untermalung. Bis ins Mark dringende Effekte, die schon zu Beginn den Puls in die Höhe treiben, unterstreichen die raue und wilde Seele, die verborgen unter fester, grüner Haut schlägt. Wie ich bereits in der Einleitung schrieb, will sich „Altered“ tatsächlich keinem Genre zuordnen und sticht deshalb stark aus der Norm hervor. Faszinierend schreckhafte Sekunden gleiten in ruhige Gespräche, dramatische Momente oder actionreiche Verfolgungsjagden.
Wenn Wyatt im Eifer des Gefechts dann verzweifelt nach Hope, gespielt von einer überzeugenden Catherine Magan, ruft, kommt dies einem Hilfeschrei nahe. Dem Schrei nach Hoffnung, in dieser ausweglosen Situation, die bis zum bitteren Ende mit ihrer rasanten und fesselnden Atmosphäre begeistert. Glanzlichter für das ermüdete Auge des Genrefans, der in vielen Jahren wirklich schon alles gesehen zu haben scheint, zeigen sich hier versteckt, aber dennoch sichtbar an jeder Ecke. Erfreulicherweise ist das bösartige Alien nicht etwa dem Computer entsprungen, sondern in Handarbeit bei den Könnern von Spectral Motion entstanden, die mit ihren Effekten und Kreaturen bereits in Filmen wie „Hellboy“ oder „Blade“ überzeugten. Und selbst für das blutlüsterne Herz gibt es einige Szenen zu bestaunen, die man jedoch selbst erlebt haben sollte.
Für mich ist „Altered“ ein eindeutiges Zeichen dafür, wie Kreativität und Einzigartigkeit mittlerweile im Keim erstickt werden. Diesen Film direkt auf DVD zu veröffentlichen, ohne ihm wenigstens einen limitierten Start in Amerika oder jegliches Marketing zu gönnen, ist ein trauriger Höhepunkt. Erschütternd, wenn man sieht, dass Rogue Pictures im letzten Jahr sogar das x-te Chucky Sequel aus der Taufe hob und letztendlich sogar in die Kinos brachte. Dennoch muss ich sagen, dass wir uns trotz aller Schwierigkeiten glücklich schätzen können, denn "Altered" ist zum Glück nicht der zehnte "Saw" Ableger. Wer im nächsten Jahr beim hoffentlich in Deutschland erfolgenden DVD-Release nicht zugreift, verpasst den wohl eindringlichsten und spannendsten Horrorfilm des Jahres. Eine klare Empfehlung!
>> verfasst von Torsten Schrader