Moviebase Cottage, The
Wenn eine heruntergekommene Hütte die tragende Rolle in einem Horrorfilm spielt, wird wohl vielerorts bereits mit den Augen gerollt. Klar, gehören marode Häuslein im Wald schließlich zu den typischsten Klischees im Genre. Knarzende Türen, kein Licht, knirschende Dielen – all dies kennen wir nur zu gut. Auch in THE COTTAGE mag man aufgrund des Titels schon vermuten, dass wir es hier mal wieder mit einem astreinen Slasher ohne große Überraschungen oder gar Filmhandlung zu tun bekommen. Doch weit gefehlt, denn im Hüttenhorror von Paul Andrew Williams kommt vor allem die fehlende Ernsthaftigkeit und der schwarze Humor zum Ausdruck – zu Gunsten des Zuschauers.
Und so hält sich Williams auch gar nicht erst mit einer detaillierten Einführung ins Geschehen auf, sondern nimmt uns in einem verrosteten Wagen zu schneller und freudiger Musik direkt mit in ein abgelegenes Haus im Wald. Zwei Gangster, die unterschiedlicher nicht sein könnten, aber von der gleichen Mutter zur Welt gebracht wurden, machen in diesem Waldhaus Halt, um eine von ihnen verschleppte blonde und vollbusige Geisel in Schach zu halten. Dabei geht jedoch mehr schief, als sich die beiden Möchtegern-Kriminellen in ihren schlimmsten Albträumen ausmalen konnten. Dennoch gehen sie voller Ehrgeiz ihrer Forderung von 100.000 Pfund nach. Diese soll ein Clubbesitzer bezahlen, der auch gleich seinen Sohn losschickt, um den geforderten Betrag zu übergeben – natürlich nicht ohne Hintergedanken zu hegen. Die Entführung gerät immer mehr außer Kontrolle, zumal sich auch die Geisel als sehr widerspenstige Person herausstellt. Zu allem Überfluss kommt dann auch noch der Unheil bringende und grausam entstellte Nachbar aus der Nebenhütte dazu, der allen Anwesenden die Nacht erst richtig zur Hölle macht…
Williams Idee ist sicherlich nicht neu, brachte sein Kollege Christopher Smith (Creep) im Jahre 2006 mit „Severance“ bereits einen ähnlichen Vertreter in die Lichtspielhäuser. Doch das tut dem Spaß an THE COTTAGE keinen Abbruch. Das ungleiche Entführerpaar David und Peter, passend besetzt mit Andy Serkis („King Kong“, „Der Herr der Ringe“), der mal nicht in einem hautengen und mit Sensoren besetzten Anzug steckt, und seinem Pendant Reece Shearsmith, macht gleich zu Beginn durch ihre unüberlegten Aktionen und der permanenten Trotteligkeit Spaß. Während David den Anführer und Haudegen mimt, im Inneren aber durchaus Gefühle versteckt hält, ist Peter die letzte Memme: Er verträgt weder Kälte noch die Gesellschaft von Motten, ist nebenbei auch noch Vater eines kleinen Mädchens und Ehemann eines, wie sein Bruder treffend feststellt, Walrosses. Da sind Streit und Lacher vorprogrammiert. Speziell in den Szenen, wenn Peter der Geisel Tracy Manieren beibringen möchte, weil die sich so gar nicht Geisel-like verhält, wird es mitunter zwar sehr platt, aber eben auch gerade deshalb lustig. Des Weiteren gesellt sich Andrew als Handlanger Davids hinzu, der jenen Stiefbruder der drall-blonden Geisel darstellt, dabei aber auch leider dick und doof in einer Person ist. Wie das Klischee und Paul Andrew Smith es so wollen, stellt Andrew den typischen Außenseiter, dass totale Weichei dar, der rein gar nichts auf die Reihe bringt und jedwede Ironie einfach wegwischt. Selbst um sich eine Maske zu kaufen, die eine Identifizierung unmöglich macht, sieht sich Andrew nicht in der Lage. Herrlich bekloppte Charaktere in einem verrückten Szenario.
Auch wenn THE COTTAGE nicht auf ganzer Linie mit „Severance“ mithalten kann, langweilig wird es auch in der Hütte nicht. Behalten die chaotischen und teilweise auch verletzenden Aktionen in der ersten Stunde die Überhand, schlägt zu später Stund das Grauen in Form eines entstellten Farmers von nebenan zur klassischen Musik zu. Ab sofort heißt es: Dreißig Minuten Splatter mit kreativer und vor allem blutiger Todesmaschinerie. Gelungen dabei, dass sich hier kein eindeutiges Muster für die Vorgehensweise des Killers festlegen lässt. Er nimmt das, was ihm gerade vor den Pickel springt und macht auch nicht vor unserem ansonsten so cleveren Blondchen halt, nur weil sie große Brüste und eine Top-Figur hat. Ein fröhlich-munteres Splatterspektakel, bei dem halbierte Füße noch das geringste Übel sind. Bis hin zum ulkigen Ende, welches in seinem chaotischen Umstand überraschend plausibel inszeniert und natürlich mit einer guten Prise schwarzem Humor gewürzt wurde, weiß man nicht, ob man in der letzten halben Stunde vor Schmerz weinen oder vor lustigen Ideen lachen soll. Eine Mischung aus beidem wäre wohl genau das, was Williams erreichen möchte.
Abstriche muss man bei dem Werk dennoch machen. So ironisch und komisch es bis zur Einführung des Killer-Farmers einhergeht, geht im späteren Verlauf der Witz verloren. Konsequenterweise hätte Williams beim Verfassen des Drehbuchs auch dem mordenden Hüttenjungen eine mehr auf Humor angelegte Hintergrundgeschichte verpassen können. Die hier ansatzweise vorhandene Ernsthaftigkeit fügt sich nicht ganz in den auf Splatter-Komödie orientierten restlichen Plot. Ein Fest für die Lachmuskeln offenbart sich dem geneigten Zuschauer allemal. Serkis als launischer Anfänger-Gauner bietet im Einklang mit seinen Kollegen und den auftauchenden Feinden (darunter auch die Hackebeil schwingenden Chinesen) anderthalb Stunden Heiterkeit mit gelungenen Aktionen, spritzendem Blut und einem ironisch-passenden Score.
>> verfasst von Janosch Leuffen