Wenn Hollywood die Ideen ausgehen, werden alte Filme einfach für das heutige Publikum aufgefrischt. Und wenn selbst die vermeidlichen Klassiker aufgebraucht sind, muss eben der asiatische Filmmarkt herhalten. Wie viele Filme die Traumfabrik mittlerweile schon neu aufgelegt und oftmals auch verhunzt hat, ist schon gar nicht mehr zählbar. Ein weiterer gesellt sich jetzt in die Asia Remake-Reihe. Alexandre Aja, der im Jahre 2006 mit der modernen Variante vom Wes Craven-Film „The Hills Have Eyes“ für Stimmung sorgte, bediente sich nun beim koreanischen „Into the Mirror“, ließ die ersten beiden Wörter vom Original-Titel weg, packte stattdessen noch ein „s“ hinten dran und schickt MIRRORS zum Fantasy Filmfest 2008. Ajas englischsprachige Version entpuppt sich dabei als gar nicht schlecht – aber auch nicht gut.
Ben Carson (Kiefer Sutherland) arbeitet neuerdings als Wachmann die Nachtschicht in einem alten und abgebrannten Kaufhausgebäude, das kurz vor dem Abriss steht. Der riesige Spiegel des einst prunkvollen Eingangsfoyers zieht ihn unmittelbar in seinen Bann. Doch schon die erste Berührung zeigt, dass hier etwas sehr, sehr Teuflisches am Werk ist – und es will töten. Zeit, nach einer rationalen Erklärung für den Spuk zu suchen, bleibt dem Ex-Cop nicht. Schon hat sich die mysteriöse, blutdürstige Kreatur, die bisher noch jeden Security Guard kleingekriegt hat und sich mittels reflektierender Oberflächen erschreckend schnell durch Zeit und Raum arbeiten kann, an Bens Familie herangepirscht. Das erste Opfer: seine Schwester, auf grausamste Weise niedergemetzelt. Damit sind die Fronten geklärt, für den verzweifelten Carson steht fest: Auch wenn ihn alle für verrückt halten, ganz gleich, ob ihm jemand dabei hilft oder nicht – er wird das wütende Wesen notfalls im Alleingang stoppen, bevor es Ehefrau Amy und seinem Sohn Michael an den Kragen geht…
Das Möbelstück, welches fast schon zu einem nervtötenden und wirklich gar nicht mehr Angst einflößenden Utensil in Horrorfilmen geworden ist, übernimmt in Ajas Werk neben Sutherland also die Hauptrolle. Der Einstieg ist hart und blutig. Hier wird nicht lange gezögert, Aja macht klar, woran die Zuschauer in MIRRORS sind. Denkt man zu Beginn zumindest. Bis auf den Tod der Schwester (gespielt von Amy Smart) und den anfänglichen Suizid scheint der französische Filmemacher in Sachen Gore einen Gang zurückgeschaltet zu haben. Es geht in dem Spiegelkabinett wesentlich blutärmer zu als noch in „Haute Tension“ oder gar „The Hills Have Eyes“, aber auch wenn hier weniger rote Farbe fließt: Schmerzhaft wird es dennoch. Das muss sich auch gar nicht negativ auf einen Aja-Film auswirken, doch seine neue Version von „Into the Mirror“ bietet leider zu wenig, um einem guten Remake gerecht zu werden.
Das fängt schon bei der Hauptfigur. Gemeint sind nicht die Spiegel, die ihre Aufgabe ohne jeden Zweifel gut machen, auch wenn die CGI-Effekte an manchen Stellen etwas überladen und fehl am Platze wirken. Kiefer Sutherland, bekannt als Jack Bauer aus der Echtzeit-Serie „24“, kann den Film durch seine Präsenz alleine einfach nicht tragen. Dafür ist sein Spiel zu oberflächlich und aufgesetzt, es fehlt an nötiger Ernsthaftigkeit. Wenn Sutherland da im ehemaligen Familienhause sitzt und die Unheil bringenden Spiegel nicht gleich zerschlägt und aus dem Weg räumt, sondern mit der Farbe der Hoffnung anstreicht (und Farben kann man abwischen…), dann kommt das mitunter eher unfreiwillig komisch als glaubhaft herüber. Akzeptabel spielt Paula Patton als seine Ex-Frau, Amy Smart hingegen als Carsons Schwester wird nach viel zu kurzer Zeit bereits unschuldig bestraft.
MIRRORS ist in seinen besseren Momenten wirklich nicht schlecht. Einige Schockmomente können überzeugen und sorgen im Kinosaal für Kreischer und Zusammenzucker. Auch der Soundtrack donnert an einigen Stellen so doll, dass der Kinosessel zum Vibrator wird und passend zum Gezeigten den Zuschauer richtig durchschüttelt. Positiv zu vermerken ist außerdem die Absicht Ajas, in nahezu jeder Szene eine reflektierende Fläche mit einzubeziehen. Darauf sollte man beim Betrachten des Films achten. Sei es die Uhrzeit des Weckers, die sich im Glastisch spiegelt oder die Anfangssequenz. Die Spiegel sind allgegenwärtig und verpassen dem Werk einen passenden Ton, der unterbewusst wahrgenommen wird.
Doch je näher Ben Carson dem Geheimnis des tötenden Spiegels auf die Spur kommt, desto abstruser wird das Ganze auch. Da wird auch nicht vor einer Actionszene in einem Kloster halt gemacht. Auf der Suche nach einem bestimmten Namen verstrickt sich das Szenario samt Hauptdarsteller Sutherland ein wenig in der Geschichte. Im finalen Akt packt dann der Rechner nochmal ordentliche Effekte aus, bombastischer und knallender Sound prallt einem um die Ohren. Wer während der Laufzeit nicht vollständig auf der Strecke geblieben ist, für den dürfte das wenn auch überraschende und stimmige Ende etwas vorhersehbar sein. Und so endet MIRRORS dann, wie er eigentlich begonnen hat.
Spieglein, Spieglein an der Wand, welcher Film braucht noch ein neues Gewand? Schlussendlich kann man festhalten, dass Aja mit seinem Remake einen durchschnittlichen Horrorthriller kreiert hat, der Freunden von Ajas bisherigen Werken eher nicht zusagen wird. Wer das Original kennt, braucht – wie das öfters der Fall ist – die Neuauflage sicherlich nicht. Alle anderen schauen nach dem Film für die nächsten Stunden nicht mehr in den Spiegel.
>> verfasst von Janosch Leuffen