Moviebase Plague Town
Ein im Horrorfilm immer wieder gern bedientes Motiv sind bösartige, im schlimmsten Fall sogar mordende Kinder. Vermutlich weil wir mit Kindheit auch immer Unschuld und Schutzbedürfnis assoziieren, jagen uns die finsteren Absichten der Grusel-Kinder in den Filmen häufig besonders starke Schauer über den Rücken. Wenn die unheimlichen Sprösslinge nicht nur abgrundtief böse sind, sondern auch noch bizarre Masken vor den hassverzerrten Augen tragen, wie sie es in David Gregorys Spielfilmdebüt „Plague Town“ tun, so verstärkt dies den Horror-Faktor noch einmal immens.
Ein Patchwork-Familienausflug: Jerry versucht auf dem Trip in seine alte Heimat Irland nicht nur seine beiden Töchter miteinander zu versöhnen, sondern bemüht sich gleichzeitig auch noch seine neue zukünftige Ehefrau Annette in die Familie einzuführen. Doch alles geht schief: Die Töchter Molly und Jessica streiten ununterbrochen und mit Annette will zumindest Jessica gar nichts zu tun haben. Bei all diesem Chaos verpasst die Familie den letzten Bus in Richtung Zivilisation und sitzt daraufhin in einem abgelegenen Landstrich im Nirgendwo fest, während langsam die Dunkelheit hereinbricht. Was folgt ist zunächst einmal recht uninspiriert und vorhersehbar: Die Familie teilt sich auf; Jessica und ihr Freund suchen nach Hilfe aus der misslichen Lage in den düsteren Wäldern. Dass diese Mission zum Scheitern verurteilt ist, braucht man dem geneigten Horrorfilmfan kaum zu erläutern. Schon bald fällt die Familie den bereits erwähnten Killer-Kindern in die Hände, doch die sind noch nicht das Schlimmste, was in "Plague Town″ wartet...
Trotz der recht formelhaften Handlung, böse Zungen mögen sie auch ″dümmlich″ nennen, vermag Gregorys Film zunächst durchaus zu unterhalten. Dank einiger - trotz kleinem Budget - professionell agierender Schauspieler und einem angemessen düsteren Setting kommt tatsächlich unheimliche Atmosphäre auf. Dieser Umstand hebt ″Plague Town″ auch positiv von solchen Backwood-Rohrkrepierern wie den kürzlich erschienenen ″Albino Farm″ oder ″Small Town Folk″ ab. Auch die Charaktere wurden hier liebevoller und sorgfältiger entwickelt, rennen nicht sofort jeder Gefahr entgegen und verhalten sich im Allgemeinen durchaus nachvollziehbar. Die sparsam, aber effektiv eingestreuten Gewaltspitzen verleihen dem Film zudem eine angenehme Ernsthaftigkeit, die man ihm in der ersten Viertelstunde dank einiger reichlich übertriebener Dialoge nicht unbedingt zugetraut hätte.
Man sieht "Plague Town" sein niedriges Budget zwar deutlich an, dennoch wirkt das Gezeigte nie "billig″ oder unprofessionell. Im Gegenteil: Der etwas raue, ungeschliffene Look verleiht den Bildern sogar mehr Realitätsnähe und trägt seinen Teil zur dichten Atmosphäre des Films bei. Und auch wenn das Motiv der bösartigen Kinder mit Masken nicht gerade neu ist: Die stets wie aus dem Nichts auftauchenden teuflischen Blagen sind wahrlich beängstigend und veranlassen zum Glück nie zum unfreiwilligen Schmunzeln. Unterstrichen wird dies vor allem durch die geniale Soundkulisse: Ständig ist von irgendwo unheilvolles Kinderlachen oder -weinen zu vernehmen.
Sowohl die visuelle Umsetzung als auch die Besetzung sind größtenteils stimmig. Das Endergebnis krankt vor allem an der bereits eingangs erwähnten plumpen Handlung, die trotz einiger Plot-Twists stets viel zu vorhersehbar bleibt. Auch wenn das Finale in seiner zynischen Unerbittlichkeit noch einmal punkten kann, ärgert man sich als Zuschauer über die hier verschenkten Möglichkeiten. Entstellte Hinterwäldler auf der Suche nach Frischfleisch durch den Wald laufen zu lassen, hat mittlerweile immerhin einen ganz schön langen Bart. Mit ein wenig mehr Innovation hätte man aus ″Plague Town″ möglicherweise wirklich einen Geniestreich formen können, so aber bleibt der Film deutlich unter den hohen Erwartungen.
>> verfasst von Tim Lindemann