Moviebase Stepfather
Über den Sinn und Unsinn, die Qualität und die Motivation von Remakes wird unter Filmfans immer wieder gerne diskutiert. Kann eine Neuverfilmung prinzipiell nie die Qualität des ″Originals″ erreichen und verbirgt sich hinter einer solchen immer nur pure Ideenlosigkeit und Geldgier der Produzenten? Oder sind ″Modernisierungen″ älterer Stoffe generell zu begrüßen? Die Wahrheit liegt, wie so oft, wahrscheinlich auch in diesem Fall irgendwo dazwischen. Besonders das Genre des phantastischen Films wurde in den letzten Jahren mit den meisten Remakes ″beehrt″, was vermutlich auch erklärt, warum hier die Diskussionen am am erbittertsten geführt werden. Mit Nelson McCormicks ″The Stepfahter″ erscheint dieser Tage eine weitere Aktualisierung eines Horror-Klassikers - und gießt Wasser auf die Mühlen aller Remake-Hasser.
Filme wie ″The Hills Have Eyes″ oder ″Last House On The Left″ haben zuletzt bewiesen, dass es unter den zahllosen Horror-Remakes aus Hollywood auch durchaus interessante, eigenständige Werke zu entdecken gibt; kritisiert werden diese vor allem von einem Grüppchen Puristen, die keine größere Abweichung vom Originalstoff zulassen. Doch auch wenn man den neuen ″The Stepfather″ nicht im Vergleich zu seinem Ursprung betrachtet, kann man nur von einem filmischen Totalausfall sprechen. Gemeint ist: Der Film funktioniert auf keiner erdenklichen Ebene. Weder huldigt er seinem Original, noch setzt er diesem neue, frische Ideen entgegen. Er ängstigt nicht, er ist nicht spannend, er belustigt noch nicht einmal - kurz gesagt: Er ist langweilig.
Regisseur McCormicks Tagesgeschäft sind eigentlich TV-Serien. Von ″Nip/Tuck″ über ″Emergency Room″ bis hin zu ″Prison Break″ gibt es kaum eine erfolgreiche amerikanische Fernsehserie der letzten Jahre, bei denen der gelernte Kameramann und Werbefilmer nicht schon Regie geführt hat. Sein Spielfilmdebüt gab er 2007 ebenfalls mit einer Neuverfilmung, der Horror-Gurke ″Prom Night″. So verwundert es wenig, dass auch ″The Stepfather″ wie eine überlange Folge einer typisch amerikanischen Prime-Time-Serie wirkt, etwa ″CSI″ trifft ″OC California″ und ″Desperate Housewives″. Die Dialoge sind platt und ohne jeglichen Esprit, über den Bildern liegt eine tonnenschwere Make-Up-Schicht aus Weichzeichnern und Farbfiltern.
Ein psychopathischer Serienkiller erschleicht sich das Vertrauen von arglosen Müttern und deren Kindern, nur um diese nach einiger Zeit, kurz vor der Hochzeit, grausam ins Jenseits zu befördern. Seine nächsten Opfer sollen die Mitglieder der Familie Harding sein, doch Sohn Michael Harding wird schon bald misstrauisch... So weit die zwar sicher nicht überaus clevere, aber durchaus abgründige und spannende Geschichte. Dass es McCormick ″gelingt″, dieses düstere, makabere Thema derart belanglos und platt zu verfilmen, ist wirklich erstaunlich. Dabei wäre zur Intensivierung der Handlung noch nicht einmal ein höherer Gewaltpegel von Nöten gewesen (der Film hat in den USA eine Freigabe ab 13 erhalten), sondern einfach nur eine glaubwürdigere Inszenierung, die dem Zuschauer das Monströse vor Augen führt. So aber steht man dem Geschehen äußerst distanziert gegenüber; Mitfiebern? Fehlanzeige.
Den Schauspielern ist die Unbehaglichkeit in ihren holzschnittartigen Rollen förmlich anzusehen. Besonders schlimm hat es dabei Amber Heard getroffen, die etwa zur Hälfte nichts anderes tun darf, als in Unterwäsche oder Bikini gut auszusehen und einen von drei verschiedenen Gesichtsausdrücken aufzulegen. Dass sie zu durchaus mehr im Stande ist, weiß man spätestens seit ″All The Boys Love Mandy Lane″. Halbwegs positiv fällt lediglich Hauptdarsteller Dylan Walsh auf, der aus der an sich interessanten Figur des Stiefvaters das Beste herausholt; vor allem angesichts der Tatsache, dass sich das Drehbuch keinen Deut für die wahren psychologischen Motive dieser ambivalenten Figur interessiert. Ebenso wenig für eine intelligente Storyentwicklung: Wie sich das Geschehen entwickelt und wer dem mordenden Stiefpapa zum Opfer fallen wird, ist bereits nach wenigen Minuten eindeutig und voraussehbar.
″The Stepfather″ ist eine Enttäuschung auf ganzer Linie. McCormick hätte sich die vernichtenden Kritiken seines Erstlings zu Herzen nehmen sollen und zumindest den Versuch unternehmen können, seinen Figuren ein wenig mehr Leben einzuhauchen und eine Geschichte zu erzählen, die nicht nach den ersten zehn Minuten langweilt. Einziger Lichtblick ist das gute Schauspiel Walshs und die immerhin größtenteils gelungenen Hochglanz-Bilder des Kameramanns Patrick Cady. Der Rest ist konfektionierte Thriller-Kost, die den Zuschauer trotz spannender Grundidee komplett kalt lässt. Stellt sich zum Schluss die Frage, welche Zielgruppe die Macher mit dieser Schlaftablette von einem Film ansprechen wollten: Für jüngere Semester ist ″The Stepfather″ schlichtweg zu lahm, Freunde klassischer Thriller wird die moderne, dem TV-entliehene Machart sauer aufstoßen. Und Kenner des Originals werden sich ohnehin mit Grausen abwenden.
>> verfasst von Tim Lindemann