The Descent avancierte 2005 zu einer der großen Genre-Überraschungen. Kamerafahrten der bestialischen Art und Weise in die Tiefen der unerforschten Höhlen der Appalachen haben furchterregenden Eindruck geschunden und lösten in jedem noch so gesunden Menschen klaustrophobische Gefühle aus. 2009 kommt nun die Fortsetzung, deren Geschichte nahtlos an das Ende des Vorgängers anknüpft. In diesem Fall hat Jon Harris auf dem Regiestuhl Platz genommen. Seine erste Regiearbeit überhaupt. Auch die Autoren haben gewechselt: James McCarthy, J Blakeson und James Watkins, der zuletzt mit Eden Lake (2008) auf sich aufmerksam machen konnte. Noch ist unklar, wann The Descent: Part 2 in Deutschland veröffentlicht wird und ob er es hierzulande überhaupt in die Kinos schafft.

Sarah (Shauna Macdonald) ist es gelungen, aus den tödlichen Höhlen zu flüchten und ist die vermeintlich einzig Überlebende der sechs Freundinnen. Unter Schock kann sie sich im Verhör mit dem örtlichen Sheriff an nichts erinnern, was sich in den engen Felsgrotten abgespielt hat. Aufgrund der Blutspuren an ihrem ganzen Körper steht sie schon bald unter Mordverdacht und wird schließlich vom Sheriff dazu gezwungen, ihn und einen professionellen Trupp bei der Bergungsaktion ihrer vermissten Freundinnen zu begleiten. Erneut geht es zu sechst über eine alte Dorfkapelle in den Wäldern hinunter in die tiefen Abgründe. Kaum wird die erste Leiche entdeckt, gerät Sarah immer mehr ins Fadenkreuz des Sheriffs. Doch die Begegnung mit den blinden, menschenähnlichen Raubkreaturen, den sogenannten Crawlern, lässt nicht lange auf sich warten. Und so beginnt der Höllentrip wie im Vorgänger damit, dass die Mannschaft durch einen fehlgeschlagenen Schuss mit Steintrümmern verschüttet wird und in der Unterwelt gefangen ist. Zurück am Schauplatz der Tragödie, kommt auch Sarahs Erinnerung zurück und sie mausert sich zur gekonnten Überlebenskämpferin.

Und so ist es wie mit Sarah, dass man das Gefühl hat, die alte Geschichte Revue passieren zu lassen. Nach und nach hat jeder seine ganz persönliche Begegnung mit den Crawlern und wird in seinen kämpferischen Fähigkeiten auf die Probe gestellt - mal mehr und mal weniger originell. Berechenbare Schreckmomente, die aber eben trotzdem aufzucken lassen. Zu erwähnen sei der Abstecher in der Kloake der Crawler, der für Lacher und Schauer zugleich sorgt. In seiner Inszenierung steht The Descent: Part 2 seinem Vorgänger in nichts nach. Wieder glänzt der Film mit seiner beklemmenden, dunklen Atmosphäre und seinen fein ausgearbeiteten, angsteinflößenden Kreaturen, denen diesmal wesentlich mehr Platz eingeräumt wurde. Dank des höheren Budgets besticht der Film im Vergleich außerdem durch aufwändigere Gore-Effekte. Harris geht gnadenlos mit seinen Figuren um, und die Kamera hält stets schonungslos drauf. Der Brite folgt dem bewährten Rezept und muss sich bei seinem Regiedebüt nicht im Schatten des Neil Marshall verstecken. Shauna Macdonald legt in der Rolle der Sarah, die nichts mehr zu verlieren hat und nur noch von ihren Instinkten getrieben wird, wieder eine gute Leistung hin. Auch ihre Kollegen beherrschen ihr Handwerk.

Das Skript möchte hingegen einfach keine frischen Ideen hergeben. Rasch werden Sarahs Gegenspieler, allen voran Sheriff Dan, eines Besseren belehrt und mit den gleichen traumatischen Erfahrungen konfrontiert, die sie mit nüchternem Kopf bereits zum zweiten Mal durchlebt. Interessant zu werden scheint das Aufeinandertreffen mit Juno, die im ersten Teil hinterrücks zurückgelassen wurde. Doch schnell verpufft der Konflikt, der für die ein oder andere interessante Wendung hätte sorgen können, indem sie sich verbünden und zu den Anführerinnen der Überlebenden im Kampf gegen das Böse werden. Viel mehr scheint es, als wollte man einfach noch mehr aus der Kulisse rausholen und die im Original ohnehin schon ausgefeilten Actionszenen auf die Spitze treiben. Dies gelingt auch in vielen Abschnitten und dürfte vor allem bei Anhängern blutiger Kost auf Begeisterung stoßen. Leider bleibt das Kernstück eine Adaption mit unwesentlichen Unterschieden, wodurch das Endergebnis an Pluspunkten einbüßt. Erst im Finale wird The Descent 2 eine unerwartete Pointe verpasst, die mutmaßen lässt, aus wessen Feder das Gezeigte stammt, da Erinnerungen an Eden Lake wach werden.

An seinem fast unerreichbar guten Vorgänger gemessen, ist The Descent 2 eine passable sowie gänzlich unterhaltsame Fortsetzung, die durch das höhere Budget visuell aufgewertet wird, jedoch mangels neuer Akzente ins obere Mittelmaß absinkt. Fans kommen auf ihre Kosten, sind jedoch besser beraten, es beim Erstling zu belassen, das dieser eine wahre Perle des Genres darstellt.

>> verfasst von Andrej Galic