Moviebase Erpresser, Die
So sieht Einsamkeit und jugendliche Langeweile aus. Ein menschenleerer Vorort irgendwo in Australien; Erwachsene laufen fast nie durchs Bild (die einzigen, die etwas länger zu sehen sind, sind wahrlich zum Fürchten), da sind nur Straßen ohne Autos, ein Horizont in ewig weiter Ferne. Und hinter den Häusern beginnt irgendwann der Wald, durch den sich eine schnurgerade Straße eine einsame Schneise schlägt.
Im Wald sind dann Wasser, viel Unterholz und seltsame Geräusche, ein klarer Gegensatz zur aufgeräumten Leere der Vorstadt, in der James, Mark und Chasely (Joshua Payne, Sebastian Gregory und Hanna Mangan Lawrence) leben. Die drei Jugendlichen verbringen ihre Nachmittage nach der Schule weitgehend ohne bestimmtes Ziel; Chasely verschwindet gerne unter ihren Kopfhörern und vergisst die Außenwelt. Von den Jungs ist Mark der eher zurückhaltende, James zupackend und fordernd; natürlich ist Chasely nicht Marks Freundin, sondern seine.
Seit kurzem wird eine junge Frau vermisst, die die drei aus ihrer Schule kannten. Als Mark dann zufällig im Wald einen Mann dabei beobachtet, wie er anscheinend eine Leiche vergräbt, ist die Suche nach dem Mörder eine willkommene Abwechslung für ihren Alltag. Statt dann aber die Polizei zu rufen, beschließen sie, ihn zu erpressen. Denn seit kurzem ist der Parker (Michael Dorman) wieder aus dem Gefängnis entlassen, der James und Mark alles andere als freundlich gesinnt ist – und ein Mord mehr oder weniger sollte dem Killer (Joel Edgerton) ja wohl nicht allzu schwer auf dem Gewissen liegen, oder?
Natürlich entfaltet sich der Rest der Handlung zunächst mit einer gewissen Zwangsläufigkeit; es ist selten eine gute Idee, jemanden zu erpressen, der vor Mord nicht zurückschreckt. „Acolytes“ hat dann aber doch noch den einen oder anderen Dreh zu bieten und mausert sich zum veritablen Thriller ohne vorhersagbares Ende. Die Spannung entwickelt sich dabei keineswegs nur aus der Konfrontation der drei Schüler mit Parker und dem Mörder, sondern auch aus der Dynamik, die die Beziehung zwischen dem Dreiergespann selbst entwickelt. Denn Marks offensichtliches Interesse an Chasely wird von ihr immer wieder in Andeutungen erwidert, als hielte sie sich ihn wie eine kleine Fingerpuppe zum Spiel.
Der kühle Stil des Films unterstreicht nur, wie wenig echte Gefühle hier im Spiel sind. Gerne blickt der Film aus großer Distanz mit weitem Blickwinkel auf die Natur und die Vorstadt. Die Figuren dieses Films stehen häufig alleine im eh schon entleert wirkenden Bild herum. Ihre Entfremdung voneinander wird so spürbar; „Acolytes“ ist tief von sozialer und emotionaler Kälte durchdrungen, und es gibt wenig Hoffnung, dass es besser wird in dieser Welt. Leider führt das auch dazu, dass dem Zuschauer die Figuren eher entfremdet werden; man blickt wie von außen auf eine Versuchsanordnung, aber echte Sympathie will sich nicht einstellen.
Das ist für den Film vor allem in seinem zweiten Drittel ein Problem, bevor der Showdown eine breite, blutige Spur mit einigen Überraschungen zieht. Da sind die Figuren eingeführt und auf dem Schachbrett der Story verteilt, und bewegen sich dann eine ganze Weile lang darauf hin und her - bei James, Mark und Chasely mit der besonderen Fähigkeit, stets das Falschestmögliche zu tun -, ohne dass wir uns um sie wirklich sorgen. Bei aller handwerklichen Präzision, die „Acolytes“ mitbringt, hätte das Drehbuch etwas mehr Emotion, vielleicht besser aber noch: ein paar Straffungen vertragen können.
>> verfasst von Rochus Wolff