Jeder fängt mal klein an – selbst ein ikonischer Unhold wie Freddy Krueger! Als im Jahr 1984 A Nightmare on Elm Street in die Kinos kam, war der narbengesichtige Traumkiller noch ein völlig Fremder – ein neuer, mysteriöser und unheimlicher Filmbösewicht, von dem eine immense Bedrohung ausging. Anfänglich war es vor allem der Reiz des Unbekannten, der eine große Anziehungskraft auf die damaligen Kinobesucher ausübte.
Doch mit dem Ausbau zum vollumfänglichen Franchise änderte sich alles: Das Unvorhersehbare war plötzlich nicht mehr neu und aufregend, sondern nur noch vorhersehbar, weil man Freddy Krueger und seine Albtraumwelt nach mittlerweile drei Ablegern einfach kannte. Aus diesem Grund war es Renny Harlin, der für New Line Cinema 1988 A Nightmare on Elm Street 4: The Dream Master inszenierte, ein großes Anliegen, neue Wege zu gehen und wieder richtig zu überraschen:
„Ich habe dem Studio damals gesagt, dass es sich um den vierten Teil einer Reihe handelt und wir unmöglich so tun können, als hätte das Publikum keine Ahnung davon, was es erwartet.“
„Elm Street war bereits fest in der Popkultur verankert und deshalb war es absolut unabdingbar, dass wir für frischen Wind sorgen. Also habe ich vorgeschlagen, Freddy Krueger in den James Bond des Horror-Genres zu verwandeln. Er musste größer sein als das Leben selbst – ein Held, auch wenn er eigentlich das Böse darstellt. Er musste Charme und einen gewissen Humor besitzen, dem Publikum regelrecht zuzwinkern“, erinnert sich Renny Harlin, der letztlich ganz schön kämpfen und heftig argumentieren musste, um New Line Cinema von seiner Vision zu überzeugen.
Denn außer ihm selbst wollte anfänglich niemand so recht an die Idee glauben, das Konzept der Reihe auf den Kopf zu stellen. Selbst während der Dreharbeiten, als Harlin vom Studio längst grünes Licht hatte, ließ die Skepsis nicht nach:
„Damals war Nightmare on Elm Street das große Franchise von New Line Cinema. Firmengründer Bob Shaye sprach während der gesamten Produktion kein einziges Wort mit mir. Er war zwar oft am Set anzutreffen, stand dann aber immer im Hintergrund und wirkte ziemlich wütend und frustriert. Das machte mich ganz schön nervös. Ich gab eher vor, als wüsste ich ganz genau, was ich mache. Aber in Wirklichkeit hatte ich Angst, dass sie hinter verschlossenen Türen über mich reden und sagen könnten: ‚Was weiß dieses Kind aus Finnland schon vom Filmemachen?'“, so Harlin weiter.
Am Ende zahlte sich die Risikobereitschaft aber aus, denn mit Einnahmen von 49 Millionen US-Dollar wurde A Nightmare on Elm Street 4: The Dream Master zum damals erfolgreichsten Teil der gesamten Serie. Diesen Titel sollte Teil 4 noch bis 2003 und zum Kinostart von Freddy vs. Jason verteidigen. Mit seinen einfallsreichen Traumsequenzen und gut gealterten praktischen Effekten zählt der Film heute außerdem zu den besten Ablegern der Reihe.
Harlin hatte die Zeichen der Zeit richtig gedeutet: Um aktuell zu bleiben, muss man sich manchmal selbst neu erfinden. Denn einem Franchise, das sich ausschließlich auf der eigenen Reputation ausruht, geht zwangsläufig die Puste aus. Und was die Zukunft von A Nightmare on Elm Street betrifft: Das letzte Mal sah man Freddy Krueger vor elf Jahren im Kino, damals mit dem Remake von Platinum Dunes und Jackie Earle Haley als Freddy.
Trotz seiner stolzen 74 Jahre hätte Ur-Freddy Krueger Robert Englund aber durchaus Lust, seine Paraderolle noch ein letztes Mal aufleben zu lassen. Ob er die Gelegenheit dazu bekommt, bleibt aber fraglich. Wie Freitag, der 13. steckte Nightmare on Elm Street lange Zeit in einem Rechtsstreit fest, was weitere Sequel unmöglich machte. Seit 2019 liegen die Rechte an der Reihe wieder bei Serienvater Wes Craven bzw. dessen Nachlass und es wird aktiv an einem neuen Film gearbeitet.