Die Besessenen – Zum Heimkino-Start: Mackenzie Davis im Interview

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Wenn sich der Sommer allmählich dem Ende zuneigt und die Tage kürzer werden, kommt schaurige Filmkost gerade recht. Genau solche liefert Steven Spielbergs Die Besessenen, eine moderne Neuerzählung basierend auf Henry James‘ Klassiker Das Durchdrehen der Schraube (The Turn of the Screw), die seit Donnerstag auch bei uns für bange Stunden vor dem heimischen Fernsehgerät sorgt. Im Horror-Thriller Die Besessenen (The Turning) schlüpft Mackenzie Davis (Terminator: Dark Fate) in die Rolle von Nanny Kate, die auf zwei Kinder aufpassen soll und zu begreifen beginnt, dass ein übersinnliches Übel im Haus der Familie lauert. Anlässlich vom deutschen Heimkinostart haben wir uns ausführlich mit Hauptdarstellerin Mackenzie Davis unterhalten und bei dieser Gelegenheit unter anderem erfahren, was ihre Adaption des Henry James Romans von anderen Verfilmungen unterscheidet, weshalb sie ihre Rollen sehr behutsam auswählt und was Stranger Things-Star Finn Wolfhard zu einem ausgezeichneten Schauspielpartner macht. All das und noch mehr erfahrt Ihr im angehängten Interview. Wir wünschen viel Spaß und gruselige Unterhaltung mit Die Besessenen.

Mackenzie, der thematische Sprung von „Tully“ zu „Terminator: Dark Fate“ und nun „Die Besessenen“ ist ziemlich groß. Ist das reiner Zufall oder steckt ein System dahinter?

Beides trifft zu, würde ich sagen. Als Schauspieler will man immer etwas Neues ausprobieren. Oder anders formuliert; ich will immer etwas Neues ausprobieren – und das tut man am besten, indem man verschiedene Genres erkundet. Unsere Regisseurin Floria Sigismondi entführt uns mit „Die Besessenen“ in ihre malerische, schöne und ekstatische Gedankenwelt des echten Horrors. In ihren Händen mutiert das Genre zur hohen Kunst. Im Wesentlichen zieht es mich aber immer zu dem Projekt, von dem ich mich auf irgendeine Weise angezogen fühle. Wenn ich zum Beispiel einen Sci/Fi-Film abdrehe, verliere ich vorübergehend das Interesse daran, noch einen zu machen – einfach aus dem Grund, weil ich eben erst in einem mitgespielt habe. Daher suche ich stets nach etwas Neuem, das mich zufriedenstellen kann.

Henry James’ Roman gehört zu den großen Literaturklassikern und wurde auch schon mehrfach adaptiert. Was macht diese Version für dich besonders?

Was mir am ursprünglichen Roman gefällt, ist die Art und Weise, wie er seine Leser einbezieht. Vieles handelt von Sexualmoral und anderen Dingen, die damals nicht laut ausgesprochen werden konnten. Unsere Version entführt uns dagegen ins Reich der Protagonistin. Der Fokus liegt auf Kates Reise, während der sie lernt, auf ihre eigene Intuition zu vertrauen und persönliche Wahrnehmung der Welt zu verstehen – und das völlig selbstbewusst und ohne dabei ihre Beobachtungen von außenstehenden Quellen bestätigt zu bekommen. Sie erlebt etwas und weiß, dass es echt ist. Sie bekommt den Schrecken am eigenen Leib zu spüren und muss es sich selbst eingestehen – auch wenn andere ihre Erzählungen nicht anerkennen wollen. So sieht unsere Herangehensweise an diese Geschichte aus.

Schnell merkt Kate (Mackenzie Davis): Hier geht es nicht mit rechten Dingen zu. ©Universal

Der Roman wurde in eurem Fall von Chad und Carey W. Hayes adaptiert, die schon mit den „The Conjuring“-Filmen immense Erfolge feierten. War ihre Beteiligung mitverantwortlich für dein Interesse am Projekt?

Absolut. Wobei man als Schauspieler zuerst das Drehbuch liest und sich erst hinterher mit all den Menschen beschäftigt, die involviert sind. Als ich das Drehbuch las, dachte ich zu keiner Sekunde so was wie „Von den Machern von „The Conjuring“ kommt jetzt „Die Besessenen!““ Aber ich habe die Fähigkeiten und das Talent, die sie bei „The Conjuring“ angewandt haben, hinterher erkannt. Ich liebe die Filme selbst, es sind einfach großartige Werke.

Du hast vor allem mit Brooklynn Prince und Finn Wolfhard zusammengearbeitet. Macht es einen Unterschied für dich, ob deine Schauspielkollegen Erwachsene oder Kinder sind?

Nicht wirklich. Man etabliert gemeinsam eine Welt, an die man glaubt und in der man die Wahrheit erzählen möchte. Kinder haben eine große Vorstellungskraft und fahren in diesem Bereich sogar besser als wir Erwachsene. Sie können in eine völlig neue Welt eintauchen, und das ohne erst eine Million Fragen a la „Aber wie und wieso?“ zu beantworten. (lacht) Sie hinterfragen das erfundene Universum nicht, sondern glauben einfach daran. Darum habe ich überhaupt keine größere Herausforderung wahrgenommen. Ich hatte auch nicht das Gefühl, als müsste ich sie anders behandeln als meine anderen Schauspielpartner. Beide sind smarte und richtig gute Schauspieler. Finn mag zwar erst 15 sein, aber er spielt jetzt schon wie ein 35-Jähriger, der die Schule längst hinter sich gelassen hat. Er ist sehr intelligent und gebildet. Mir war die Zusammenarbeit mit ihm eine große Freude. Zu keinem Zeitpunkt hatte ich das Gefühl, mit einem Kind zu arbeiten, sondern mit einem Profi.

Im Film geht es vor allem um Verantwortung. Spürst du ebenfalls eine gewisse Verantwortung gegenüber deinem Publikum, wann auch immer du für eine Rolle zusagst?

Oh ja. Eine gewisse Verantwortung spürt man immer, egal ob es sich um einen Independent-Film oder einen Blockbuster handelt. Wenn man jeden Tag arbeitet, weil man eine Hauptrolle verkörpert, entwickelt man schnell mal ein Gefühl dafür, in welche Richtung sich etwas entwickelt. Das sieht anders aus, wenn man nur einmal die Woche am Set erscheint und nicht weiß, was passiert, wenn man sich gerade nicht vor Ort befindet. Als Schauspieler will man möglichst authentisch und überzeugend sein. Man muss an das, was man tut, genauso glauben wie andere an deine Arbeit glauben sollen.

Davis neben Co-Star Finn Wolfhard, bekannt aus Stranger Things. ©Universal

Ihr schneidet inhaltlich auch politische Themen wie die #metoo-Bewegung an, stellt sie aber nicht in den Fokus. In anderen gegenwärtigen Filmen scheinen Handlung und Charaktere jedoch von der Politik in die Enge gezwungen zu werden, wodurch sich eine Geschichte nicht mehr natürlich anfühlt.

Da stimme ich dir absolut zu. Man sollte keine Agenda in den Vordergrund rücken und das Drehbuch nach dieser Vorlage schreiben, sondern die Welt, die man etabliert, mit Dingen ausschmücken, an die man glaubt. Wenn mich ein Film interessiert oder ich gar für eine Rolle zusage, dann suche ich das Drehbuch keineswegs explizit nach einer politischen Botschaft ab. Ich denke nie so was wie: „Der Film MUSS sich um das und jenes drehen!“ Mir geht es vielmehr um die Frage, welche Frauen ich in dieser Welt integriert haben will oder an was für einer Geschichte ich interessiert bin. Und ja, dann existiert eventuell eine Art Unterströmung, Ideologie oder Meinung, die sich durch die Geschichte zieht. Aber ich bin auch der Ansicht, dass die Handlung an erster Stelle steht. Als Schauspieler kann man nur versuchen, sich Rollen auszusuchen, an die man auch wirklich glaubt, weil man es für wichtig hält, solche Frauenfiguren mit der Welt zu teilen. Das erachte ich als wesentlich mächtiger als überpolitisch zu werden oder eine Agenda aufzuzwingen. Das fühlt sich dann nämlich eher wie Hausaufgaben an und nicht wie eine Geschichte über Figuren, von denen man fasziniert ist.

Aus Angst vor dem Unbekannten lässt Kate nachts das Licht an. Da Horrorfilme die Zuschauer auch noch lange nach der Sichtung in ihrem Handeln beeinflussen können; Kommt es hin und wieder auch bei dir vor, dass du das Licht brennen lässt?

Ab und an tue ich das tatsächlich. (lacht) Horrorfilme sind wie ein Virus, das sich in deinem Gehirn einnistet und den du dann mit dir herumträgst. Manchmal mache ich die Lichter aus und renne sofort die Treppe hoch. Aber genau das liebe ich so am Horror, er begleitet dich auch lange nach dem Kino. Andere Filme bleiben dort, wo man sie gesehen hat. Das muss weder was Gutes noch was Schlechtes bedeuten. Aber es macht Spaß, dass dich Horrorfilme derart verfolgen können.

Der Film spielt in den 90er Jahren. Gibt es irgendwas aus dieser Zeit, das du vermisst?

Meine ganze Kindheit hat sich in den 90er Jahren abgespielt, daher gibt es jede Menge, das ich von damals vermisse. Zum Beispiel einige Computerspiele oder die ersten Erfahrungen mit dem Internet. Wir haben damals einen Computerraum eingerichtet und mit der ganzen Familie Zeit darin verbracht. (lacht) Rückwirkend mag sich das zwar schräg anhören, aber meine Generation erlebte quasi die Einführung von Heimcomputern. Damals war man noch weit von den Alleskönnern entfernt, die wir heute haben. Vor allem aber waren sie etwas, das die Familie zusammenbrachte.

Etwas Gespenstisches geht in dem Anwesen um. ©Universal

Und inwiefern hat sich seit deiner Kindheit deine persönliche Beziehung zum Genrefilm verändert? Immerhin bist du mit Klassikern wie „The Beetlejuice“ aufgewachsen, der zu deinen Lieblingsfilmen zählt.

Daran hat sich nicht wirklich etwas geändert. Aber je älter man wird, desto bewusster wählt man die Filme aus, die man in seiner Freizeit sieht. Früher habe ich mir Filme gegeben, in denen Frauen mies behandelt und erniedrigt wurden. So was schaue ich mir heute nicht mehr an. Seit ich erwachsen bin, liegt mein Interesse vor allem bei psychologischen Horrorfilmen und weniger beim Grotesken. Die sind jetzt einfach spannender für mich als irgendwelche Slasher. Wobei mit „Black Christmas“ kürzlich ein Film von meiner Freundin Sophia Takal herausgekommen ist, der wirklich großartig war, gerade wegen der neuen Herangehensweise.

Abschließend würde uns interessieren, ob du in „The Beetlejuice 2“ mitmachen würdest, sollte dir Tim Burton eine Rolle darin anbieten?

Das ist schwierig zu beantworten, da ich bereits in Fortsetzungen zu Filmen mitgemacht habe, mit denen ich aufgewachsen bin und die ich liebte. Und ich mag auch meine Fortsetzungen. (lacht) Aber ich bin mir nicht sicher, ob man „The Beetlejuice“ fortsetzen sollte. Vielleicht schon. Wenn Tim Burton und Michael Keaton zurückkehren, werde ich sicherlich die erste sein, die vor dem Kino Schlange steht.

Geschrieben am 04.09.2020 von Carmine Carpenito
Kategorie(n): Die Besessenen, News



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