Last Night in Soho – Box Office: Der größte Flop von Edgar Wright?

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Der Wechsel von der jetzt nostalgischen Videothek zu Streaming-Plattformen wie Netflix, Amazon Prime Video oder Disney+ und die Pandemie haben die Gewohnheiten von Film- und Serienliebhabern ziemlich verändert. Als man noch vor zehn oder fünfzehn Jahren in einer Blockbuster-Videothek stand, musste man oft entsetzt feststellen, dass ausgerechnet der Film, für den man sich am meisten interessiert, bereits verliehen wurde.

Manchmal musste man tagelang warten, bis man ihn endlich selbst mal in die Finger bekam. Die Freude war in einem solchen Fall aber umso größer, schließlich wurde man vor diesem Glücksmoment ganz schön ins Schwitzen gebracht und war enttäuscht darüber, dass es einfach nicht klappen wollte, das Werk mit nach Hause zu nehmen.

Ganz unabhängig von der Qualität des Streifens, überwiegte damals das Gefühl etwas Besonderes in Händen zu halten, dem man am Abend in jedem Fall seine volle Aufmerksamkeit schenken wollte, bevor die DVD dann wieder aus dem Player entfernt und am nächsten Tag in die örtliche Videothek zurückgebracht wurde – man hat ja auch etwas dafür bezahlt. Heutzutage gibt es fast nur noch Online-Mediatheken, wo viele Abonnenten das Angebot aber nicht immer zu schätzen wissen.

Ab sofort im Kino: Last Night in Soho. ©Universal

Wie Streaming-Portale und die Pandemie die Industrie verändert haben

Man hat zu jeder Zeit Zugriff auf absolut alle Filme und Serien, auf die man Lust hat. Auch wenn man bei seiner Wahl in den glorreichen Zeiten der Videothek auch mal ins Klo griff und etwas Mieserables auslieh, so zog man es dennoch bis zum Ende durch.

Mittlerweile wird auf Netflix und Co. in vieles nur kurz hineingeblickt, bevor man Produktionen auch schon als langweilig oder uninteressant einstuft und in gefühlt hundert andere Werke schaut, bis man sich endlich mal für eine Sache entschieden hat, die man dann jedoch eher nebenher verfolgt – immerhin wollen auf dem Smartphone noch ein paar Dinge erledigt werden. Die Wertschätzung für die Arbeit von Filme- und Serienmachern ist bei heranwachsenden Generationen eine völlig andere.

Doch auch die Kinobesuche leiden darunter. Seit Streaming-Plattformen die Filmindustrie im Sturm erobert und Kunden ein immer attraktiveres Angebot unterbreitet haben, wird es zunehmend schwieriger, den Menschen einen Grund zu geben, das Haus zu verlassen und sich in einen Kinosaal zu setzen, wenn es sich bei der jeweiligen Auswahl nicht um ein Event handelt, das man unter gar keinen Umständen auf der Leinwand verpassen sollte.

Anya Taylor-Joy in ihrer Rolle als mysteriöse Sandie. ©Universal

Wenn ins Kino, dann nur noch für Eventfilme?

Dazu gehören selbstverständlich Comicverfilmungen wie Eternals oder auch Horrorfilme, solange sie im Mainstream-Bereich angesiedelt sind (siehe A Quiet Place oder Conjuring – Die Heimsuchung) – Dramen und Komödien, die von Hollywood fürs Kino auf die Beine gestellt werden, sind beinahe gänzlich verschwunden.

Dass es sich für kleinere Genre-Kollegen wie Antlers oder Last Night in Soho als eher kompliziert gestaltet, die Säle gefüllt zu kriegen, belegen die vergangenen zwei Wochenenden.

Trotz hervorragender Kritiken, Regisseur Edgar Wrights kreativer Vergangenheit (immerhin das Genie hinter Perlen wie Shaun of the Dead, Hot Fuzz und Baby Driver, die 2004, 2007 und 2017 ordentlich Geld in die Kassen schwemmen konnten) und einem bemerkenswerten Cast (Anya Taylor-Joy feierte mit der Hitserie Das Damengambit ihren bislang größten Erfolg), scheiterte das Projekt aus dem Hause Universal daran, Kinotickets zu verkaufen.

Auch Matt Smith aus Doctor Who stattet Soho einen Besuch ab. ©Universal

Der Horror-Thriller LAST NIGHT IN SOHO floppt

Mittlerweile wissen wir sogar, dass die Schauermär, die großzügig in über 3.000 US-amerikanischen Lichtspielhäusern ausgewertet wurde, als die Schöpfung Wrights in die Geschichte eingehen wird, die die wenigsten Dollarscheinchen zurück ins Portmonee der Geldgeber beförderte.

Man kann auch der Pandemie eine Teilschuld in die Schuhe schieben, dass die Gewohnheiten von potenziellen Kinogängern seit dem Ausbruch von Covid-19 noch einmal auf den Kopf gestellt wurden. Als weltweit Kinos für mehrere Monate dazu gezwungen waren, ihre Pforten komplett zu schließen (auch bei uns in Deutschland) und einige Produktionshäuser wie Disney, Warner Bros. oder Universal ihre großen Filme auf ihrem hauseigenen Streaming-Portal veröffentlicht haben, gab es nach der Wiedereröffnung für viele fast keine Motivation mehr, eines aufzusuchen.

Einerseits, weil einige ehemalige Kinogänger nach wie vor vorsichtig sind, was große Menschenansammlungen betrifft, und andererseits, weil non-Kinowerke längst nicht mehr den Ruf haben, eine Art preiswertes, ja sogar billiges Auffangbecken für Schauspieler zu sein, die sich im Kino nicht durchsetzen konnten. Serien werden von Jahr zu Jahr aufwendiger umgesetzt, kosten Netflix und Co. inzwischen gerne mal bis zu über 150 Millionen US Dollar – vor einem Jahrzehnt galt so was noch als undenkbar.

Die Welt von Thomasin McKenzie wird auf den Kopf gestellt. ©Universal

Was das Box Office-Verhalten der letzten Monate zeigt

Das Box Office-Verhalten der letzten Monate hat eindeutig gezeigt, dass derzeit nur die Filme eine Chance auf ausverkaufte Vorstellungen haben, die bombastische Actionszenen oder schaurige Kost versprechen – beispielsweise Godzilla vs. Kong, Space Spam: A New Legacy oder Halloween Kills. Doch alle mittelgroßen Produktionen des Jahres 2021 sind fast ausnahmslos gefloppt. Blicken wir also tatsächlich in eine Zukunft, in der nur noch Event-Filme einen Saal voll kriegen?

Im Fall von Last Night in Soho, der seit dem heutigen Tage auch hierzulande im Kino läuft, dürften einige Faktoren mehr eine zusätzliche Rolle gespielt haben, die den Horror-Thriller zu einem kommerziellen Flop machen. Neben den erwähnten Punkten wird sicherlich auch die im Trailer für viele nur schwer erkennbare Handlung einen Grund zum Fernbleiben geliefert haben, da sie für das doch eher einfach gestrickte Mainstream-Publikum bereits als zu kompliziert bewertet werden könnte.

In den USA konnte der Film bis jetzt jedenfalls keine zehn Millionen US Dollar einspielen – ein absolutes Tief für Edgar Wright, der mit Baby Driver noch auf über 100 Millionen US Dollar kam. Drücken wir ihm und seinem Team also die Daumen, dass seine Kunst in ein paar Monaten wenigstens als Stream entdeckt wird – es wäre nämlich jammerschade, etwas zu verpassen, das mit derart viel Liebe und Leidenschaft gestemmt wurde.

©Universal

Geschrieben am 11.11.2021 von Carmine Carpenito
Kategorie(n): Last Night in Soho, News



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