Für viele ist es der Albtraum schlechthin: Eingesperrt in einem dunklen Behältnis und nach Luft ringend aufzuwachen, ohne zu wissen, warum man sich in dieser Situation befindet. Und genau so beginnt Alexandre Ajas neuer Film Oxygen, der zwischen zwei Pandemie-Wellen in Frankreich abgedreht wurde und schon von der ersten Minute an klarzumachen scheint:
Das hier wird nichts für schwache Nerven! Besonders Klaustrophobiker dürften es unmittelbar mit der Angst zu tun kriegen, spielt sich der gesamte Film doch innerhalb einer winzigen medizinischen Untersuchungskapsel ab, die hermetisch abgeriegelt ist und Hauptdarstellerin Mélanie Laurent (Inglourious Basterds) weder viel Platz zum Bewegen noch Luft zum Atmen lässt. Wie sie in das schalldichte Gefängnis gelangt ist, weiß sie nicht. Ebenso wenig erinnert sie sich daran, wer sie ist. Doch genau dieser unmittelbare Schlag in die Magengrube dürfte den Reiz von Oxygen ausmachen.
Terror-Experte Aja, der sich wie kein Zweiter auf schweißtreibende Horror-Szenarien versteht, wie er 2019 erst wieder mit seinem atemlosen Krokdodil-Schocker Crawl unter Beweis stellte, war sofort in seinem Element. Dabei wollte er den Film ursprünglich gar nicht selbst in Szene setzen, sondern nur produzieren.
Durch die Pandemie saß der Franzose vergangenen Sommer aber in seiner Heimat fest – und was lag da näher, als sich selbst hinter die Kamera zu klemmen? Schnell war mit Netflix ein begeisterter Abnehmer gefunden, der seinem Plan von einem Schocker auf engstem Raum grünes Licht erteilte.
Kurzerhand wurden die ursprünglich für die Hauptrolle vorgesehenen internationalen Stars Anne Hathaway (Hexen hexen) oder Noomi Rapace (Prometheus, Verblendung) durch das lokale Talent Mélanie Laurent (Die Unfassbaren – Now You See Me, Inglourious Basterds) ausgetauscht, die im Grunde den kompletten Film im Alleingang bestreitet und auf ihren Schultern trägt.
Dass wir in Oxygen aber nicht nur sie, sondern eben auch Kollegen wie Mathieu Amalric (Grand Budapest Hotel), Malik Zidi und Marc Saez zu sehen kriegen, deutet schon auf den versprochenen Twist hin, den Alexandre Aja mit Danny Boyles Zombiehit 28 Days Later gleichsetzt.
Denn Christie LeBlancs Skipt, das einige Zeit auf der begehrten Blacklist, Hollywoods Liste mit den besten unverfilmten Drehbüchern, zu finden war, vereine die „besten Elemente aus Buried mit einem überraschenden Twist, der 28 Days Later würdig ist. Die Story ist wie ein Labyrinth aufgebaut, aus dem man zu entkommen versucht.“
Oxygen ist Ajas erstes französischsprachiges Regieprojekt seit High Tension aus dem Jahr 2003 und ein weiterer Beleg für die enorme Wandlungsfähigkeit, die der Filmemacher seither an den Tag legt.
Wen die Aussicht auf 90 Minuten Sauerstoff-Knappheit nicht schreckt, sollte sich den 12. Mai 2021 vormerken. Denn dann startet Oxygen auf Netflix.