Auch siebzehn Jahre nach dem Kino-Debüt in SAW gilt: Jigsaw ist und bleibt eine Horror-Ikone, mit der man rechnen muss! Nachdem der jüngste Franchise-Spross bereits 2019 angekündigt, dann aber mehrfach verschoben wurde, zuletzt um ein ganzes Jahr, war es in den USA nun endlich so weit: Spiral: From the Book of SAW (oder SAW: Spiral, wie der Film bei uns heißt) ist da und schlägt ein ganz neues Kapitel auf, das sich durch mehr Witz, mehr Thrill und (bei einem Franchise wie diesem eher ungewöhnlich) weniger Gore und Gewalt von den Vorgängern abgrenzen will.
Zumindest wurde es den Fans so vermittelt. Denn Lionsgate Films wollte diesen Film eher als Suspense Thriller und Neuanfang im Stile anderer Thriller-Klassiker wie Training Day oder Sieben verstanden wissen. Ein SAW ohne Folter, fiese Fallen, bei denen sich uns der Magen umdreht oder man angewidert wegsieht, und den gewohnten Anteil an Blut und Gedärm? Für einige undenkbar!
Wer darauf bei einem SAW-Film nicht verzichten kann oder will, für den haben wir gute Neuigkeiten. Denn den bisherigen Kritiken aus Übersee nach zu urteilen liefert Darren Lynn Bousman all das!
Genau dieser eher halbherzig umgesetzte Versuch eines Franchise-Neustarts und der Spagat, alte wie neue Fans glücklich zu machen, wird SAW: Spiral von vielen aber auch angekreidet. Spiral gehe nämlich einfach nicht weit genug, sei immer noch ein recht simpel gestricktes Blutbad für Gorehounds und in seiner Gesamtheit nicht raffiniert und spannend genug – so der allgemeine Konsens der amerikanischen Presse.
Die vielleicht größte Neuerung kommt durch Comedian und Ideengeber Chris Rock ins „Spiel“, den man bislang gar nicht als ernstzunehmenden Charakterdarsteller auf dem Schirm hatte, dessen Polizist Zeke Banks aber augenscheinlich auch recht blass bleibt.
Abseits davon soll Spiral nur standardmäßige SAW-Kost abliefern. Das heißt: Es wird wieder reichlich geflucht und gefoltert, gegen die stetig tickende Zeit angespielt und gerätselt, wer sich denn hinter dem Täter mit Schweinskopf-Maske verbergen könnte. Das mag alteingesessenen SAW-Kennern gefallen, kommt bei der Masse der amerikanischen Kritiker aber schlecht bis mäßig an.
Besonders oft bemängelt werden die immer wieder auftretenden Steilvorlagen zur politischen Lage, aus denen SAW: Spiral offenbar erstaunlich wenig macht, der nur bedingt überraschende, recht vorhersehbare Verlauf und schließlich Kriminal-Ermittlerarbeit „auf CSI-Niveau.“
Das Ergebnis: Ein ernüchternder RottenTomatoes-Score von 39% nach 153 Pressestimmen. Die überwiegende Mehrheit der Stimmen fällt somit negativ aus. Besser kommt SAW: Spiral schon bei den Zuschauern weg. Sie bewerten Jigsaws neueste Folterspiele mit ordentlichen 76%, was einer Durchschnittswertung von 4 von 5 Sternen entspricht.
Auch bei der IMDb pendelt sich der Film mit einer Wertung von 6,2 bei bislang 2.200 Votes leicht über dem letzten Teil der Reihe ein, dem 2017 veröffentlichten JIGSAW (5,8 bei 70.000 Stimmen). Für abschließende Vergleiche ist es bekanntlich noch zu früh.
Denn auch wenn nun alle auf SAW: Spiral einhauen: Ein Kritikerliebling war das Franchise nie. Selbst der heute so verehrte, 2004 noch von Franchise-Vater James Wan (Aquaman, Insidious, The Conjuring) in Szene gesetzte Ur-SAW kam bei Reviewern zum Kinostart eher mäßig weg und beweist eindrucksvoll, wie stark Kritiker- und Zuschauer-Meinungen auseinanderdriften und konträr zueinander verlaufen können.
Besonders spannend war in diesem Zusammenhang auch die Frage, wie sich dieser neue SAW nach langer Franchise-Funkstille an den amerikanischen Kinokassen schlagen würde. Ist Spiral: From the Book of SAW der vom Studio erhoffte Kickstart geworden? Ja und nein.
Zwar legte SAW: Spiral als sechster Film der Reihe einen Nummer-eins-Start hin, allerdings waren dafür laut Deadline auch nur magere 8,7 Millionen US-Dollar notwendig. Zum Vergleich: Jigsaw eröffnete 2017 mit knapp 17 Mio. US-Dollar, der zehn Jahre alte SAW 3D mit 22 Millionen US-Dollar.
Deutscher Trailer zu SAW: Spiral:
Wir können lediglich erahnen, wie das Startergebnis ausgehen hätte, wenn Darren Lynn Bousman vierter Serienbeitrag unter Normalbedingungen angelaufen wäre. Nach den hervorragenden Starts von Godzilla vs. Kong und Mortal Kombat herrschte in den USA aber die Hoffnung vor, dass es nun wieder aufwärtsgehen könnte. Die verhaltenen SAW-Zahlen dämpfen diesen positiven Ausblick wieder etwas und sind nichts, womit man andernorts hausieren gehen würde.
Das dürfte die Lionsgate-Chefetage vor allem auch deshalb ärgern, weil Spiral der mit Abstand teuerste SAW-Film aller Zeiten ist und auf reine Produktionskosten von stattlichen 40 Millionen US-Dollar (bislang: zwischen 10 und 15) kommt! Was das für die Zukunft bedeutet und ob sich die Reihe davon noch einmal erholen kann, lässt sich unmöglich vorhersagen. Die Zeiten von Jigsaw als Box Office-Zugpferd scheinen aber vorerst vorbei zu sein.