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Moviebase Lost River

Lost River
Lost River

Bewertung: 85%

Userbewertung: 80%
bei 105 Stimmen

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Originaltitel: Lost River
Kinostart: 28.05.2015
DVD/Blu-Ray Verkauf: 01.10.2015
DVD/Blu-Ray Verleih: 01.10.2015
Freigabe: FSK 16
Lauflänge: 91 Minuten
Studio: Bold Films, Marc Platt Productions, Phantasma
Produktionsjahr: 2014
Regie: Ryan Gosling
Drehbuch: Ryan Gosling
Darsteller: Christina Hendricks, Saoirse Ronan, Eva Mendes, Matt Smith, Ben Mendelsohn, Iain De Caestecker

Ryan Gosling mag stilvollen Kitsch. Das wusste man bisher vor allem aufgrund seiner zielsicheren Rollenwahl in Filmen wie dem Style-Over-Substance-Thriller "Drive", der epischen Romanze "The Place Beyond The Pines" mit Eva Mendes oder dem neonbunten Boxerdrama "Only God Forgives". Jetzt nimmt der Herzensbrecher Gosling zum ersten Mal auf dem Regiestuhl Platz und heraus kommt: stilvoller Kitsch. Das mag abwertend klingen, ist aber genau gegenteilig gemeint: Sein Regie-Debüt "Lost River" ist ein düster-buntes, überbordendes Stück Psychedelic Cinema, das mit großer Freude am Zitat einen einzigartigen, verschrobenen Mikrokosmos erschafft.

Der Film spielt im titelgebenden Kaff Lost River, Michigan, das schon lange dem Verfall ausgesetzt ist: Die noch stehenden Häuser bröckeln vor sich hin, ein großer Teil des Städtchens wurde bereits vor Jahrzehnten beim Bau eines Staudamms geflutet. Hier wohnt der junge Bones (Iain de Caestecker) mit seiner Mutter Billy (Christina Hendricks) am Rande des Existenzminimums – er verkauft Kupferdrähte, die er aus den Wänden der verfallenen Kinos und Schulen reißt, sie sucht händeringend nach einem Job. Mutter und Sohn werden in ihrer Not mit verschiedenen Versuchungen konfrontiert: Bones legt sich mit dem Kupferdraht-König Bully an, einem sadistischen, jugendlichen Gangsterboss; Billy nimmt ein Jobangebot des schmierigen Dave (Mendelsohn) an, der sie als Performance-Künstlerin für sein Grand-Guignol-Theater engagiert.

Mit einer absolut grandiosen Mischung aus stimmungsvollen Locations im Niemandsland von Michigan und liebevoll konstruierten Sets erzeugt "Lost River" eine unverzüglich einnehmende Atmosphäre. Gosling, der auch das Drehbuch verfasst hat, orientiert sich an der amerikanischen Tradition der Southern Gothic (trotz des geographisch nördlich gelegenen Settings) und inszeniert diese in der Bildsprache der neueren Meister des psychedelischen Kinos: Lynch, Noe und Argento. Letzterem huldigt er zudem auch akustisch: Johnny Jewel (mit Gosling seit "Drive" bekannt) komponiert einen Soundtrack, der Motive aus dem berühmten Goblin-Score zu "Suspiria" aufgreift.

Mit diesem Horrorklassiker hat "Lost River" vor allem auch die Farbpalette gemein: Kräftige Neon-Farben, besonders Lila, vor dunklen Hintergründen. Man hat dem Film in Cannes mit viel Spott vorgeworfen, dass er über seine mit Liebe zum Detail konstruierte Optik den Plot vernachlässige. Das stimmt auch durchaus: Abgesehen von Bones Treffen mit dem Nachbarin Rat (Saoirse Ronan, "Byzantium") und ihrer Oma (Horrorikone Barbara Steele!) sowie Billys Eintauchen in die morbide Welt des Nachtclubs wird die Story nicht durch Wendungen oder Countdowns vorangetrieben sondern plätschert, wie der titelgebende Fluss, gemächlich aber stetig dahin. Gosling ist es aber vorzüglich gelungen, eine Filmwelt zu erzeugen, die man als Zuschauer einfach nur weiter "bewohnen" möchte und auf ständige Handlungskapriolen daher auch gar nicht mehr wartet.

Gegen Ende kommt dann aber doch noch einmal echte Spannung auf: Bones taucht in die düsteren Tiefen des Reservoirs um einen vermeintlichen Fluch zu brechen; Billy gerät in den Katakomben des Nachtclubs in große Gefahr. Goslings Film wirkt mehr und mehr wie ein grimmiges, kontemporäres Märchen, in dem böse Zauberer, verwunschene Prinzessinnen und brutale Trolle in prosaischer Menschengestalt daherkommen.

Der junge Regisseur hat mit seinem Debüt etwas gewagt, sich angreifbar gemacht: Den liebevollen magischen Realismus, der "Lost River" ausmacht, kann man leicht als Naivität abtun. Er hätte es sich mit einem kühlen Gangsterfilm à la "Drive" sicherlich leichter machen können – zum Glück hat er Mut bewiesen. Denn wer in der Lage ist, sich auf den von Gosling und seinem Ausstattungs- und Kostümteam und nicht zuletzt den durchweg großartigen Schauspielern erzeugten Kosmos einzulassen, wird mit einem filmischen Erlebnis belohnt, das seine kitschigen Elemente letztlich transzendiert und zum abgründigen Kino-Märchen wird.

>> von Tim Lindemann

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