Die meisten Filme beginnen ruhig, bei „Reeker“ ist die Regel genau umgekehrt. Mit einem Knall vergleichbar, startet der neue Film von Dave Payne sehr vielversprechend. „Die neue Horror-Hoffnung“, so lautet der Leitspruch vieler Reviewer und natürlich auch geübter PR-Männer. In Wahrheit ist dieser Film jedoch meilenweit von einem Meisterwerk entfernt. Payne schrieb das Drehbuch und übernahm außerdem noch die Regie. Bisher schlug er sich mehr schlecht als recht durch das Filmgeschäft. Viele kleine, unbekannte Produktionen markieren den Aufstieg, um endlich ein größeres Projekt in Angriff nehmen zu können, welches mit „Reeker“ nun seine Weltpremiere auf einer deutschen DVD feiert.
Nach dem gelungenen Anfang fährt man dann doch lieber die sichere Schiene und wählt den Weg, den alle Teenie-Horrorfilme gehen: Eine Gruppe von jungen Leuten will feiern. Sex, Drogen und viele hübsche Mädchen verspricht ein Festival mitten in der Wüste. Natürlich sind die Koffer bereits reisefertig. Dummerweise geht ihnen mitten in der Fahrt das Benzin aus, weshalb sie bei einem menschenleeren Dinner halten müssen. Natürlich fehlt auch jegliche Funkverbindung und Autos sind weit und breit nicht in Sicht. Was macht man in einer solchen Situation? Man macht einfach das Beste daraus. Bereits nach kurzer Zeit treten merkwürdige Gestalten auf, die den Kurztrip zu einem echten Horrorausflug werden lassen.
So innovationlos wie die Geschichte klingt, ist sie leider auch in Wirklichkeit. Jeder Akteur nimmt dabei eine vorgefertigte Rolle nach Schema F ein, die perfekt in das sinnfreie Gebilde passen. Cookie ist das typische Jessica Alba look alike – leicht zu haben und immer willig; Gretchen mimt die toughe Kämpfernatur, die jedes Problem zu meistern scheint; Trip den durchgeknallten Drogenjunkie, der jeder Party auf den Fersen ist. Mit Nelson und Jack komplimentiert sich das Ensemble mit weiteren ersetzbaren Figuren. Alle Rollen werden von leicht durchschaubaren Schauspielern verkörpert. Insgesamt bietet sich ein Bild aus Darstellern Marke „Schon einmal gesehen und dennoch unbekannt“. Höchstleistungen gibt es nicht, was nicht zuletzt am löchrigen Drehbuch gelegen haben mag.
Die Effekte sind für einen FSK 16 Film sehr üppig ausgefallen. Mal abgesehen vom hohen Bluteinsatz, ist die Gorepalette auch sonst recht ansehnlich. Gedärme, geöffnete Schädel und halb verwesende Leichen gibt es an jeder Ecke. Unterstützt wird ihr Auftauchen von einem typischen Score, wie man ihn bereits in hunderten von Produktionen zu hören bekommen hat. Der Ton klingt in seiner schlechtesten Form. Die meisten Synchronstimmen wollen nicht so recht zu ihrem Charakter passen. Zudem hören sich die Effekte zu jeder Zeit gleich an. Auch wenn ein Schauspieler seinen Text von weiter Entfernung aufsagt, tönt es so, als würde die Person direkt neben einem stehen. Der Atmosphäre ist dieser Fehler natürlich nicht sehr zuträglich.
Die Akteure rennen vor sehr netten Schauplätzen durch die Story, die desöfteren Hänger aufweist. Manche Szenen wirken derart abgehackt, als wären sie stark geschnitten worden. Auf dumm getrimmte Dialoge und Verhaltensmuster sind leider nur die Spitze des Eisberges. „Reeker“ unterhält durchaus, auch wenn man neue Ideen mit der Lupe suchen muss. Geklaut wird nämlich bei etlichen Genrekollegen. So stammen viele Einzelteile aus Filmen wie „Wrong Turn“, „The Texas Chainsaw Massacre“ und selbst ein Anflug von „28 Days Later“ ist zu erkennen. Wären die Rollen nicht so stupide und erfrischender gestaltet, könnte man wesentlich mehr Pluspunkte entdecken. Mitten in der Handlung taucht dann auch noch ein Killer auf, der seine Opfer am liebsten mit allerlei Werkzeugen (Toolbox Murders) tötet. Im Finale gibt es dann die große Erklärung (Plottwist, wenn man ihn denn so nennen will), der das unlogische Auftauchen der Personen wenigstens etwas näher beleuchtet, aber keine wirkliche Befriedigung bietet und außerdem sehr aufgesetzt daherkommt.
„Reeker“ ist einfach nur pure Unterhaltung, bei der man den Verstand ausschalten kann. Wer sich an großen Logiklöchern, teilweise schlechten Schauspielern, und dem ein oder anderen Klischee nicht stört, wird sicherlich kurzweilig unterhalten. Ansonsten gibt es wesentlich bessere Alternativen, die man sich neben „Reeker“ ins Regal stellen kann. Anzumerken bleibt, dass sich der Film selbst nicht zu ernst nimmt und wenigstens ein paar Anspielungen für geübte Filmfans bereithält. Im Großen und Ganzen also ein nettes Abenteuer, das Horror-Vielgucker leicht langweilen dürfte. Da kann auch ein unmotivierter Plottwist am Ende nicht mehr viel reißen.