Moviebase Doomsday - Tag der Rache
Dass gute Filme nicht unbedingt aus der Traumfabrik kommen müssen, sondern auch von der Insel namens Großbritannien kommen können, bewiesen schon Exemplare wie „28 Days Later“ oder „The Descent“. Dem Regisseur des letzteren gelang mit seinem Höhlentrip einer Gruppe von Frauen ein ausgezeichneter Genrevertreter. Klar, dass man dann weiter machen muss und der Druck von dem nächsten Erfolg auf einem lastet. Neil Marshall nahm sich mit DOOMSDAY einer Geschichte an, die es so wohl schon unzählige Male gab. Doch Marshall schien zu wissen, dass es mit Ernsthaftigkeit nicht funktionieren würde, und verpackte seine Vision einer untergehenden Welt in eine reine Trash-Packung.
Glasgow, Schottland. April 2008. Ein Virus rafft alle Lebensformen dahin und löst in der Stadt die absolute Panik aus. Das Militär versucht, die Infizierten mit einer zehn Meter hohen und um das ganze Land gezogenen Mauer in Schacht zu halten. Einer Frau gelingt es jedoch, einige Soldaten zur Mitnahme ihrer kleinen Tochter zu überreden. Schottland im Jahre 2035. Das ganze Land ist durch die Mauer über die Jahre von der virusfreien Außenwelt abgeschnitten worden. Doch einige Menschen haben die Jahre der Isolation überlebt. Nur wie? Ein Team wird zusammengetrommelt, um den möglichen Impfstoff gegen das so genannte „Reaper“-Virus ausfindig zu machen. Angeführt von der taffen Eden Sinclair (Rhona Mitra), jenem Mädchen, welchem vor 27 Jahren geholfen wurde, macht sich die Gruppe auf die Suche nach dem Heilstoff. Kaum sind die Tore zum verseuchten Land geöffnet, beginnt eine Hatz mit hungrigen und zu Kannibalen verkommenen Überlebenden, die alles daran tun, damit das Team den Doktor des Gegenmittels niemals erreichen wird…
Dass hier an allen Ecken und Kanten von anderen Filmen geklaut wurde, ist wohl kein Geheimnis. Und zu Beginn macht das Ganze auch durchaus Spaß. Radha Mitra wirkt ein wenig wie Kate Beckinsale in „Underworld“, macht ihren Job verdammt cool und ist nebenbei auch noch nett anzusehen. Der Gag mit ihrem Auge, welches sie entnehmen und damit herum spionieren kann, erinnert ein wenig an das mit einem Maschinengewehr ausgestatte Mädchen aus Robert Rodriguez Kulthit „Planet Terror“. Die diversen anderen Anleihen an zum Beispiel „Mad Max“ dürften ebenfalls jedem Betrachter sofort ins Auge springen. Marshall hat sich bedient, wo es nur eben ging (selbst „Herr der Ringe“ wurde nicht außen vor gelassen)– und auch wenn DOOMSAY vielleicht „zusammengeklaut“ wurde, geht das ganze Spektakel bis eine halbe Stunde vor Filmende ordentlich ab.
Die Atmosphäre besticht durch ihre Kälte und der harten Gewalt- und Splatterszenen. Neil Marshall ist Fan von Blut, wie einige Szenen, die zur Handlung recht wenig beitragen, deutlich machen. Um die Automatik der Geschütze der Mauer zu demonstrieren, huscht just im richtigen Moment ein Kaninchen in die Schusslinie und wird in alle erdenklichen Einzelteile verlegt. Selbst eine Kuh wird Opfer eines Panzers. Warum? Weil eine Kuh unter einem Panzer zermatscht anscheinend gut aussieht. Ernst nehmen kann man das alles nicht und man sollte es auch nicht, da ansonsten auch das letzte Quentchen Spaß wohl flöten gehen würde. Sehr lustig wird es kurioser Weise gerade dann, wenn es eigentlich gar nichts zu lachen gibt. Ein Eindringling wird den nicht Infizierten geopfert, dazu rockt der Punk-Chef zum 80er Hit „Good Thing“ ab. Und wo wir schon beim Soundtrack sind: Tyler Bates, seines Zeichen verantwortlich für den Sound beim Halloween-Remake, fügt dem ganzen Spaß mit seiner Musik nochmal eine Schippe Humor zu. Die industriellen Klänge, die teilweise wie ein schlecht ausgesteuerter Synthesizer aus den 80ern klingen, untermauern die Stimmung von DOOMSDAY äußerst passend.
Doch leider bietet der Streifen auch einige Mankos. Wird man über weite Strecken mehr oder weniger gut unterhalten, wird es gen Ende immer hanebüchener. Da stehen unter der Erde in einem Tunnel Handy und nagelneuer Wagen parat, damit die nächste Verfolgungsjagd auch gebührend zelebriert werden kann. Und hier übertreibt es Marshall mit dem bis dahin nett anzusehenen Trash. Die schier endlose Hatz auf den Highways Schottlands sorgt für einige Ungereimtheiten. Eden Sinclair scheint die Logik beim Einsteigen ins Auto auf dem Dach liegen gelassen zu haben. Schnelle Schnitte und furiose Fahrten täuschen nicht über den mangelnden Storyabschnitt zum Finale hinweg. Für das Auge mitunter ansehnlich, für den Kopf – selbst wenn er ausgeschaltet wurde – trotz des hohen Tempos ein wenig langatmig. Die resultierende Entscheidung Sinclaires, die hier nicht aufgeführt werden soll, lässt ein ziemlich großes Fragezeichen zurück.
Währen die Kostüme der Hinterbliebenen (Punks, quietschbunt) nicht neu, aber angebracht sind, macht vor allem Radha Mitra ihre Sache gut. Ein wenig blass dagegen bleiben Bob Hoskins („Unleashed“) und Malcolm McDowell („Halloween), der zwar der Entdecker des Gegenmittels ist, im Film aber leider selten auftritt. Etwas nervig fiel die deutsche Synchronisation gerade beim Premiereminister aus. Da spricht uns doch allen Ernstes die Stimme des Dr. Evil aus den „Austin Powers“-Filmen entgegen…
DOOMSDAY zeigt, dass Marshall sein Ding konsequent und kompromisslos durchzieht und bei der Inszenierung seiner Zukunftsvision vor nichts zurückschreckt – wenn auch hierzulande mal wieder nur in geschnittener Form. Fans von Hochglanzmüll, rollenden Köpfen, die schon abfallen, obwohl „nur“ ein Pfeil durch die Schläfe geschossen wurde, jeder Menge Blut und humorvoller Horror-Action werden an DOOMSDAY garantiert ihren Gefallen finden. Wer sich darauf nicht einlassen kann und mit einem Genremix aus Endzeit, Horror, Action, Mittelalter, Fantasy und Komödie nichts anzufangen weiß, wird sich furchtbar angeödet fühlen.
>> verfasst von Janosch Leuffen