Moviebase Fluch der Betsy Bell, Der
Und da wären wir wieder einmal in der Kategorie "Basierend auf wahren Ereignissen". Diesen Zusatz fand man in der letzten Zeit insbesondere im Horrorgenre wieder. Meistens, so scheint es, soll diese Zeile wohl über ein mäßiges bis schlechtes Machwerk hinwegtrösten. Dennoch gibt es einige wenige Ausnahmen, bei denen man auch eventuell nachvollziehen kann, dass diese Geschichte wahr sein könnte. Zu diesen Ausnahmen gehört "An American Haunting" leider nicht. Der Film passt aber auch nicht in die Kategorie "missraten". Irgendwo zwischen Gut und Böse müsste man ihn wohl ansiedeln.
Tennesse, im Jahre 1818. Nach einem erbitterten Streit mit einer als Hexe verschrienen Bäuerin liegt plötzlich ein Fluch auf der Familie des Farmers John Bell (geistig abwesend: Donald Sutherland) und seiner Frau Lucy (Sissy Spacek). Eine unsichtbare und unbarmherzige Macht dringt in das Leben der braven Sippe ein, malträtiert besonders Familienoberhaupt John und die halbwüchsige Tochter Betsy (Rachel Hurd-Wood). Mit der Zeit wird der Geist immer mächtiger und aggressiver, die Qualen der Bells steigern sich ins Unerträgliche. Ein gespenstischer, blutrünstiger Wolf streift um das Haus, ominöse Stimmen ertönen - und irgendwann kündigt der paranormale Eindringling an, dass er John Bell töten werde. Während Betsys Verehrer Richard (James D'Arcy) verzweifelt nach einer wissenschaftlichen Erklärung für die Attacken forscht, suchen die Bells ihr Heil in Exorzismen und schließlich einem dramatischen Fluchtversuch. Doch vor ihrem dämonischen Peiniger scheint es kein Entkommen zu geben. Bis eines Tages das Rätsel des Fluchs gelüftet wird: Die Bells erfahren, welch unfassbare Umstände tatsächlich den Fluch über ihr Haus gebracht haben. Und welch schreckliches Opfer sie bringen müssen, damit er endlich von ihnen genommen wird...
Wer bei der Story schon so eine leise Vorahnung hat, dass ihm diese bekannt vorkommt, der könnte Recht haben. Schließlich ist dies eine Geistergeschichte, von denen es unzählbar viele gibt. Doch was man aus solch einer Geschichte letztendlich macht, kommt ganz auf Cast und Crew an. Ich möchte zu Beginn den Film als solchen besprechen. "An American Haunting" startet in einem Tempo, wie es eigentlich den gesamten Streifen über vorzufinden ist: Schnell und rasant. Bei dieser Geschwindigkeit muss das Team rund um Regisseur Courtney Solomon ("Dungeons & Dragons) irgendwo die Story verloren haben - oder aber die Romanvorlage "The Bell Bitch - An American Haunting" von Bret Monahan gab einfach nicht mehr her. Letzteres bezweifele ich allerdings. So geschieht es, dass das Gezeigte visuell vor Effekten strotzt, auch die Musik knallt dem Zuschauer um die Ohren, als wäre er auf einem Konzert der Militärkapelle. Teilweise kommt sie sogar viel zu laut daher, kann aber in entscheidenden Momenten mit Akzenten punkten. Dafür kommt die Geschichte dann aber kaum in die Gänge. Immer wieder werden die Albträume der kleinen Betsy Bell gezeigt, immer wieder reagiert die Familie darauf. Ja, ich hatte sogar manchmal das Gefühl, ich sitze in der Neuauflage von "Der Exorzist", kombiniert mit Elementen aus "The Grudge - Der Fluch". Auch die Kameraführung war oft recht verwirrend und schnell. Dazu kommen die Sequenzen, die aus Sicht des Geistes gezeigt werden. Im ersten Moment dachte ich: OK, er sieht alles in schwarz/weiß. Doch dann war ich mir nicht mehr sicher, denn zwischendurch kam plötzlich wieder Farbe ins Spiel. Verwirrung pur.
Nun zum Ensemble selber. Wer Donald Sutherland mag, wird sich nach diesem Film denken: Wo war Donald? Sutherland spielt zwar eine der Hauptrollen, doch richtig Lust scheint er darauf nicht gehabt zu haben. Für mich eine Fehlbesetzung. Sissy Spacek kommt aus ihrer einstigen Rolle als "Carrie" in der gleichnamigen Stephen King-Verfilmung auch nicht mehr raus: Grimmiges Gesicht, fürsorglich und im Endeffekt doch so böse. Dennoch zeigt sie eine passable Leistung. Betsy Bell wird gespielt von Rachel Hurd-Wood, aktuell im Mega-Erfolg "Das Parfum" im Kino vertreten. Auch sie macht ihre Sache ordentlich, mehr aber auch nicht. Das Drehbuch sprach ich oben bereits an: Die Story hätte einfach abwechslungsreicher und tiefgründiger sein müssen. Das darf man bei einem Streifen mit dem Zusatz "Basierend auf wahren Ereignissen" doch erwarten. Regisseur Courtney Solomon schrieb dieses nämlich gleich mit. Trotzdem wirkt sein Film viel zu überladen mit Effekten und Musik sowie mit wirren Kameraeinstellungen. Zuschauer, die Blut lieben, müssen etwas Anderes schauen. Bis auf zwei harmlose Szenen mit der roten Flüssigkeit herrscht die 90 Minuten über Blut-Flaute.
So unfreundlich sich das oben Beschriebene auch anhört, schlecht ist "An American Haunting" nicht. Nur nicht wirklich gut. Eher mittleres Mittelfeld. Denn so viele Effekte es auch geben mag, Schockmomente gibt es auch ausreichend. Die einen mehr, die anderen weniger vorhersehbar. Auch das Ambiente, die Atmosphäre und Kostüme – angelegt ist die ganze Geschichte im Jahre 1818 – sind recht stimmungsvoll. Doch das reicht nicht, um aus Mittelklasse in die 1. Liga aufzusteigen. Schade eigentlich.
Dennoch: Wer sich kurz vor dem Fest der Liebe noch ein wenig gruseln möchte und im Weihnachtsstress noch 90 Minuten über hat, der kann einen Blick riskieren. Angst und Albträume über die Feiertage werden diejenigen sicherlich nicht bekommen.
>> verfasst von Janosch Leuffen