Moviebase Skyline
Es gibt eine Szene in ″Skyline″, in der die Kamera die Wand eines luxuriösen Penthouses entlangfährt und extrem kurz auf einem eingerahmten Filmposter für einen der zahllosen Trash-Science-Fiction-Filme der 50er Jahre verharrt. Die Einstellung dauert nur wenige Sekunden und ist scheinbar belanglos, und dennoch offenbart sie einiges über das Selbstverständnis des Films und des Regiedoubles Colin und Greg Strause im Allgemeinen. Die gelernten Special-Effects-Entwickler, die ihr Regie-Debüt mit dem Heuler ″Alien Vs. Predator: Requiem″ feierten, versuchen augenscheinlich ihre post-modernen Sci-Fi-Kracher als legitime Nachfolger dieser mittlerweile als ″kultig″ akzeptierten B-Movies zu präsentieren – immerhin entstand auch ″Skyline″ für ein Hollywoodverhältnisse geradezu ärmliches Budget von etwa zehn Millionen Dollar. Warum also die Klassiker des schlechten Geschmacks feiern, wenn sich doch auch aktuelle Varianten der Alien-Invasion anbieten?
Die Antwort fällt in diesem Fall denkbar leicht: Selbst Trash-Papst Ed Wood persönlich hätte es vermutlich nicht zu Stande gebracht, einen derart herz- und hirnlosen Film wie ″Skyline″ auf die Leinwand zu bringen. Der Film legt nicht nur eine geradezu schockierende Talentlosigkeit aller kreativ Involvierten offen sondern beleidigt mit seiner dünnen, dümmlichen Story den Intellekt eines jeden Zuschauers. Die Grundidee – Außerirdische attackieren die Erde, entführen einen Großteil der Bevölkerung und ernähren sich von menschlichen Hirnen – mag weder neu noch sonderlich tiefgründig sein, hat sich aber dennoch schon oft in diversen Varianten als verlässliche Basis für spannende No-Brainer à la ″Independence Day″ erwiesen. Die Faustregel mag in diesem Fall lauten, wenn ein Film schon keine innovative Story zu bieten hat, sollte er diesen Mangel auf andere Art und Weise ausgleichen: Durch glaubwürdige Charaktere, beeindruckende Bilder, große Gefühle oder immerhin gepflegte Action. Bezeichnenderweise punkten die Strauses nicht in einer einzigen dieser Kategorien.
Man kann nicht bestreiten, dass die Regisseure rein technisch gesehen aus ihrem kleinen Budget eine Menge herausgeholt haben. Die herumschwirrenden Raumschiffe und gigantischen Alien-Monster wirken keineswegs billig und können durchaus in der Blockbuster-Liga mitspielen. Wo man das fehlende Kleingeld aber immerhin auf den Geiz der Studiobosse schieben könnte, ist der Mangel an Kreativität, der sich im Design der Kreaturen bemerkbar macht, einzig und allein den Strauses anzulasten. Denn die mit langen Tentakeln besetzten Sonden, die der effektiven Gehirnabsaugung dienen sollen, sind mehr als offensichtlich ein schlecht zusammengefügtes Konglomerat aus verschiedensten Monstertypen der jüngeren Sci-Fi-Geschichte. Ähnliche Auswüchse der Recycle-Mentalität der Regisseure lassen sich nicht nur in den weiteren auftretenden außerirdischen Kreaturen und Fortbewegungsmitteln erkennen, sondern auch in den holzschnittartigen Charakteren und formelhaften Storyversatzstücken. Besser gut geklaut, als schlecht selbst ausgedacht, mögen sich die Strauses aufs Drehbuch geschrieben haben. Zu dumm nur, dass die Betonung dieser Phrase auf dem Wörtchen ″gut″ liegt.
Könnte man sich inmitten all dieses Übels zumindest mit einer oder zwei der Figuren identifizieren oder gar mit ihnen mitfiebern. Nicht einmal diese Gnade gewährt einem ″Skyline″. Stattdessen ist die Filmwelt bevölkert von angeberischen, homophoben, weinerlichen oder schlichtweg dummen Protagonisten, für die man selbst am Vorabend der Alien-Invasion kein Mitleid oder Interesse aufbringen könnte. Dargestellt werden sie (abgesehen vom sympathischen David Zayas (″Dexter″)) ausschließlich von untalentierten Jungdarstellern, deren Präsenz möglicherweise in Musikvideos und Werbespots nicht weiter stören würde, die in einem abendfüllendem Film allerdings nichts zu suchen haben. Unbeholfen stolpern sie durch die zerstörte Stadt und versuchen ängstlich oder bei Bedarf entschlossen und heldenhaft auszusehen. Letztlich sind aber auch die Schauspieler nur Opfer des im wahrsten Wortsinn katastrophalen Drehbuchs, das ihnen bis auf eine hektische Fluchtszene noch nicht einmal eine gehörige Action-Sequenz gönnt: Fast alle Attacken der Aliens bzw. die Gegenangriffe des Militärs beobachten die Protagonisten durch ein großes Fernrohr. Möglichkeiten der Interaktion gibt es für sie kaum, sehr zur Frustration des Zuschauers.
Wer tatsächlich bis zum Ende des Films durchhält, wird schließlich mit einem unbeschreiblich schwachsinnigen Finale ″belohnt″, dem man nicht mehr als ein ungläubiges Lachen entgegensetzen kann. Interessant dürfte sich diese Schluss-Szene höchstens für Hobby-Psychologen gestalten, die versuchen können, die eindeutige Ähnlichkeit der Alien-Wesen mit weiblichen Geschlechtsorganen zu interpretieren. Immerhin offenbart sich darin, neben der Tatsache, dass die Menschheit dieses Mal tatsächlich reichlich chancenlos dasteht, einer der wenigen eigenen, nicht ″entliehenen″ Motive des Films. Aber auch diese rar gesäten Momente der teilweise unfreiwilligen Erheiterung retten den Film nicht einmal ins Mittelmaß. Wenn der Abspann endlich über die Leinwand rollt, erscheint das Schicksal der Gehirnabsaugung plötzlich gar nicht mehr so schrecklich.
>> verfasst von Tim Lindemann