Moviebase The World's End
Was vor fast zehn Jahren mit dem Überraschungserfolg „Shaun of the Dead“ begann, soll mit „The World’s End“ nun nach dem Wunsch von Simon Pegg und Kompagnon Ed Wright zu einem würdigen Abschluss gebracht werden. Als „Blut- und Eiskrem-Trilogie“ bezeichnen die Macher selbst ihre kleine Kultreihe, in der sie ihre Liebe zum Genrefilm auf eine überaus charmante Weise ausleben konnten. Zwischen beiden Filmen lag noch die nicht minder originelle Polizei-Komödie „Hot Fuzz – Zwei abgewichste Profis“, die das alte „Shaun of the Dead“-Team aus Pegg, Wright und Co-Star Nick Frost in die britische Provinz aufbrechen ließ. Genau dorthin kehren sie nun zurück. Und auch wenn der Ort ein anderer ist, so entpuppt sich die anfängliche Idylle im Städtchen Newton Haven doch als genauso trügerisch.
Eigentlich plant der spätpubertäre Gary (Pegg) nur eine Sauftour mit alten Schulfreunden. Das Bezwingen der „Goldenen Meile“, einem Kneipenmarathon entlang eines Dutzend Pubs, ist für den Neuvierziger eine fast schon epische Mission, vor der er einst, das Ziel bereits vor Augen, kapitulieren musste. Solch eine Schmach soll sich nicht wiederholen und so hat Gary in den letzten Jahren eifrig „trainiert“. Es gibt da nur ein Problem: Vor allem sein einst bester Kumpel Andy (Frost) scheint von Garys Vorhaben wenig angetan. Familie, Karriere und ein Leben ohne Vollrausch sind ihm und den anderen Jugendfreunden inzwischen wichtiger, zumal eine Rückkehr in ihren langweiligen Heimatort nicht gerade Spannung verspricht. Irgendwie gelingt es Gary, die anderen Vier schließlich doch zu überreden. Damit kann die Zechtour der selbsternannten „fünf Musketiere“ endlich beginnen.
An deren Ende wartet im legendären „The World’s End“ das letzte frisch gezapfte Bier auf die Jungs – so zumindest will es Garys Plan. Dumm nur, dass dieser schon bald von unerwarteter Seite durchkreuzt wird. Bereits bei ihrer Ankunft in Newton Haven fühlen sich die Schulfreunde in ihrer alten Heimat seltsam fremd. Ohne zuviel zu verraten, lässt sich sagen, dass Pegg und Wright keinen englischen „Superbad“ oder reinen Partyfilm im Sinn hatten. Hinter der Idee zum Pub-Marathon auf der „Goldenen Meile“ steckt vielmehr eine wunderbar verdrehte, sehr britische „Körperfresser“-Neuinterpretation, die gleichzeitig auf der langen Tradition britischer Science Fiction-Beiträge aufbaut. Der überraschende Twist wirbelt nach einer guten halben Stunde sämtliche Koordinaten der zunächst so vertrauten Story kräftig durcheinander. Plötzlich mutiert „The World’s End“ von einem kleinen Jungsfilm zu einem wirklich großen.
Dieses mitzuerleben macht dank Wrights Regie und dem Einfallsreichtum des zusammen mit Simon Pegg verfassten Skripts unglaublich viel Spaß. Seien es die Querverweise zu den thematisch nur eingeschränkt vergleichbaren Vorgängern „Shaun of the Dead“ und „Hot Fuzz“, die sich bis in kleinste Reminiszenzen wie einem unscheinbaren Cornetto-Eis bemerkbar machen, oder die Sprachgewalt der Figuren, hier waren zwei wirklich abgewichste Profis am Werk. Die Schlagfertigkeit der Dialoge ist mindestens so beeindruckend wie die in die britische Provinz verlagerten und dadurch herrlich unverbrauchten Actionsets. Ein Showdown muss nicht zwangsläufig zwischen Wolkenkratzern oder in den Weiten des Weltalls stattfinden, man kann ihn auch in einen urgemütlichen Pub verlagern. Nur setzt dieses ungleich mehr Fantasie und Ideenreichtum voraus. Von beidem besitzt „The World’s End“ glücklicherweise reichlich und noch dazu einen fast unschlagbaren Cast.
Neben den „Shaun of the Dead“-Veteranen Simon Pegg und Nick Frost sind Martin Freeman („Per Anhalter durch die Galaxis“, „Der Hobbit“), Eddie Marsan und Paddy Considine Teil des trinkfesten Quintetts, das von der schlagkräftigen Rosamund Pike und gleich mehreren Gaststars auf seiner zunehmend hochprozentigen Mission begleitet wird. Als Abschluss einer trotz wachsenden Budgets bis zum Ende sehr persönlichen Trilogie setzt „The World’s End“ ein verdammt großes Ausrufezeichen. Sowohl SciFi-Kenner als auch Neulinge dürften hier dann auch mit einem breiten Grinsen das Kino verlassen. Pegg und Wright verstanden es erneut, Klischees über ihre Heimat in liebevolle Weise zu verpacken und durchaus bedeutsame Fragen nach verpassten Chancen, falscher Nostalgie und der unausweichlichen Midlife-Crisis in eine temporeiche Genre-Handlung zu überführen. Vielleicht wird aus ihrem filmischen Trio doch irgendwann noch ein Quartett. An Ideen sollte es den beiden leidenschaftlichen Filmnerds jedenfalls nicht mangeln.
>> verfasst von Marcus Wessel