Moviebase Resident Evil: Retribution
Zombies sind aktuell wieder groß in Mode. Dabei sind die Untoten so vielseitig wie noch nie. Die einen kommen bei ihrer Jagd auf Omas und Opas im Altenheim kaum vom Fleck, die anderen rennen so schnell, dass eine Flucht nahezu zwecklos erscheint. Die Infizierten aus der „Resident Evil“-Franchise dagegen haben ihre Fähigkeiten von Film zu Film ausgebaut. Kontinuierlich entwickelten sich die fiesen Kreaturen zu einer für Titelheldin Alice kaum noch einzudämmenden Gefahr. Der neueste Teil geht nun erneut einen Schritt weiter und verpasst den sabbernden Killern einen Intelligenz- und Kraftschub. Im Science-Fiction-Horrorgenre ist halt quasi alles möglich. Und der Erfolg mag der Filmreihe auch Recht geben. Allerdings ist „Resident Evil: Retribution“ ein qualitativ sehr bescheidenes Stück geworden.
Wer das Franchise bislang verfolgt hat, wird auch um den neuen Teil nur schwer herumkommen. Das liegt natürlich vor allem daran, dass „Afterlife“ mit einem typischen Cliffhanger endete und so viel Spielraum für die nächste Fortsetzung bot. Dennoch werden auch Neueinsteiger nicht auf der Strecke bleiben. Dafür sorgt der Prolog von Alice, der einen guten Überblick über das bisherige Geschehen vermittelt. Warum gibt es so viele Zombies? Wo kommt der Virus her? Warum ist Alice immun? Und wer ist eigentlich die Red Queen? Die Basisinformationen werden vermittelt – und dann kann es auch schon losgehen. In einer rückwärts und in Zeitlupe laufenden Einstiegssequenz setzt Regisseur, Drehbuchautor und Produzent Paul W.S. Anderson da an, wo „Afterlife“ aufhörte: auf dem Schiff Arcadia, das von einer Kriegsflotte der Umbrella Corperation beschossen wird.
Die letzte und einzige Hoffnung der Menschheit heißt Alice (Milla Jovovich). Ohne einen sicheren Rückzugsort jagt die unerschrockene Heldin diejenigen, die für den Ausbruch der Seuche verantwortlich sind und sucht in der streng geheimen Umbrella-Schaltzentrale nach einer Lösung. Doch je tiefer Alice in das Gebäude und seine Geheimnisse eindringt, desto mehr offenbart sich ihr ihre eigene mysteriöse Vergangenheit. Ihre Jagd führt sie von Tokio über New York und Washington D.C. bis nach Moskau und gipfelt schließlich in einer erschreckenden Enthüllung, die sie zwingt, all das, was sie bisher als die Wahrheit angesehen hat, neu zu überdenken. Mit der Hilfe ihrer Freunde und neuen Verbündeten muss Alice ums nackte Überleben kämpfen. Die Welt steht am Abgrund und die Zeit läuft langsam ab…
Weltweit startete der neueste „Resident Evil“-Ableger überaus erfolgreich in den Kinos und setzte sich auf den ersten Platz der Charts. Die Reihe hat eine treue Fangemeinde, die den Filmemachern scheinbar vieles verzeiht. Sicherlich wird Alices „letzter Kampf“ (laut Poster) auch hierzulande sein Publikum finden – trotz des unglaublich lahmen Drehbuchs und Dialogen, die hölzerner und dämlicher kaum sein können. Hier reiht sich One-Liner an One-Liner, die allesamt zwanghaft cool klingen wollen, letztlich aber einfach peinlich sind. Da fährt ein Waffenarsenal aus dem Untergrund hervor und Alice freut sich darüber mit einem emotionslosen „Geil“. Nur die Spitze eines tief nach unten ragenden Eisbergs an Absurditäten.
Bleiben wir zunächst bei den auditiven Eindrücken. Die unfreiwillig komischen Gespräche der Protagonisten gehen ganz klar auf die Kappe von Drehbuchautor Anderson. Für die deutsche Synchronisation dagegen trifft den Amerikaner keinerlei Schuld. Dass für einen Actionblockbuster dieses Ausmaßes offensichtlich aus deutscher Sicht kein Wert auf ordentliche Sprecher gelegt wurde, ist kaum nachvollziehbar. Jovovichs Synchronstimme ist sicherlich seit jeher Geschmackssache, jedoch hat man sich mit der Zeit an sie gewöhnt. Was die anderen Charaktere angeht, wurde großzügig danebengegriffen. Diese Tatsache verpasst dem Ganzen einen ordentlichen Dämpfer, da das Gesprochene aller Beteiligten kaum noch erträglich ist.
Das optische Spiel hingegen fällt wiederum zurück auf die Darstellerriege. Aber mehr kann und darf man von einem Horroractioner wie diesem auch nicht erwarten. Böse dreinschauende Fieslinge, die lieber Waffen statt Mimik sprechen lassen. Jovovich erhält zwar eine emotionalere Ebene, die dem Auftreten ihrer tauben Tochter zu verdanken ist, einen wirklichen Mehrwert liefert diese jedoch auch nicht. Einen besonderen Kniff glaubte man sich mit der Rückkehr bereits verstorbener Figuren einfallen haben zu lassen. „Klonen“ heißt das Zauberwort und so gibt es ein Wiedersehen mit Michelle Rodriguez als Rain, Colin Salomon als One und Oded Fehr als Carlos. Die simple Erklärung für die Wiedereinführung gibt Darsteller Fehr selbst: „Wenn man einhundert Alices haben kann, warum nicht auch mehrere Carlosse, Ones oder Rains?“. Stimmt. Wieso eigentlich nicht? So kämpft und schießt sich die gefundene Clique schließlich durch verschiedene Kulissen, die mitunter einige gelungene Schauwerte bieten, durch die hauchdünne Geschichte mit riesigen Monstern und den obligatorischen Untoten aber total blass bleiben.
Apropos Kulissen: Anderson lässt die Helden durch Tokio, Moskau oder auch Alaska rennen, obwohl sich alles in der riesigen unterirdischen Umbrella-Zentrale abspielt. Dort gibt es nämlich verschiedene Hallen, die mit diversen Trainingsszenarien bestückt werden können. Das erinnert stark den revolutionären „Matrix“, bietet aber nicht ansatzweise dessen Raffinesse. Schade, dass ausgerechnet die deutsche Hauptstadt Berlin, die bei Umbrella ebenfalls eine eigene Halle spendiert bekam, visuell vernachlässigt wurde. Stattdessen motzt die rote Königin immer mal wieder „Szenario laden“ in die Kamera und erfüllt somit ihr dürftiges Soll, die Zombies jagen nun auf Motorrädern und mit Maschinengewehren hinter Alice her. Unterhaltsam oder kurzweilig wird das Unterfangen dadurch leider nicht.
„Resident Evil: Retribution“ besticht durch viel Ballerei und leidet an einer zu sehr vernachlässigten Handlung. Selbst für eingefleischte Freunde der Horroreihe dürfte die vierte Fortsetzung zu einer Geduldsprobe werden. Das liegt nicht zuletzt an der komplett missratenen deutschen Synchronisation. Dennoch: Regisseur Anderson scheint fest von einem weiteren Kinoerfolg ausgegangen zu sein. Den mittlerweile unumgänglichen Cliffhanger präsentiert auch „Retribution“ und macht den Slogan des Posters somit so belanglos wie den gesamten Film.
>> verfasst von Janosch Leuffen